Grüner Abfall, düstere Prognosen

Trier/Bernkastel-Kues · Die Entsorgung von Grünabfall wird bald sehr viel aufwändiger und teurer. Bisher wurde das Material an 81 Sammelplätzen zerkleinert und landwirtschaftlich genutzt. Künftig muss es zu vier zentralen Deponien transportiert, kontrolliert und kompostiert werden.

 Eine Grünschnitt-Sammelstelle bei Bernkastel-Kues. Künftig darf das Material dort nicht mehr zerkleinert werden. TV-Foto: Katharina Hammermann

Eine Grünschnitt-Sammelstelle bei Bernkastel-Kues. Künftig darf das Material dort nicht mehr zerkleinert werden. TV-Foto: Katharina Hammermann

Trier/Bernkastel-Kues. Einem Stillleben gleich stapeln sich blühende Forsythienzweige, Tannenreisig und Efeuranken zu einem grünen Berg, der in der Frühlingssonne würzig duftet. Schwer vorstellbar, dass Plätze wie dieser derzeit überall in der Region Trier zum Gegenstand heftiger Debatten werden. Denn schon bald wird sich einiges ändern. Landwirte und Winzer sind wütend darüber. Und auch den Gebührenzahler dürften die Nebenwirkungen der neuen Bioabfallverordnung wenig freuen.

Bisher funktioniert die Grünschnittentsorgung so: Wenn der Gartenabfall nicht wie in Trier oder im Kreis Trier-Saarburg vor der Haustüre abgeholt wird, bringen die Bürger ihn zu einer der 81 Sammelstellen, die es in der Region gibt. Betrieben werden diese meist von Landwirten oder Winzern, die das Material sammeln, zerkleinern und anschließend auf ihren Flächen ausbringen. Sie profitieren davon, weil sie eine Aufwandsentschädigung bekommen und auch, weil sie den Mulch zur Bodenlockerung oder als Erosionsschutz benötigen.

"Das ist ein kostengünstiges, umweltfreundliches und bürgernahes Verfahren", sagt Volker Emmrich, einer der 22 Platzbetreiber im Kreis Bernkastel-Wittlich - und Sprecher einer kürzlich ins Leben gerufenen Interessenvertretung, zu der auch die Chefs der Bauern- und Winzerverbände Bernkastel-Wittlich und Trier-Saarburg gehören. Und dieses Verfahren werde trotz seiner hohen Akzeptanz nun durch ein unausgegorenes Konzept ersetzt, das die Bürger unnötig viel Geld koste und der Umwelt schade.

Künftig muss ein Großteil des Grünabfalls nämlich durch kontrollierte Kompostierung "hygienisiert" werden. Gras, Stauden, Laub, Gemüseabfälle, giftige Pflanzen oder solche, an denen Erde haftet, dürfen nicht mehr unbehandelt auf Feldern oder in Weinbergen landen. Die neuen Regeln sollen verhindern, dass sich Pilze, Krankheiten oder schädliche Pflanzen ausbreiten.

Der Kompost muss zudem auf Schwermetalle, Nährstoffe und Keime kontrolliert und gesiebt werden. Darüber hinaus gilt es, die Grüngutlieferungen lückenlos zu dokumentieren, Lieferscheine auszustellen und den Zugang zu den Sammelstellen zu kontrollieren. Ein Aufwand, der für die meisten Winzer und Bauern viel zu hoch sein dürfte.

Der Zweckverband Regionale Abfallwirtschaft plant daher, vier zentrale Stellen einzurichten, an denen das Material kompostiert wird: Mertesdorf (Trier-Saarburg) und Sehlem (Bernkastel-Wittlich) sind bereits gesetzt. Zwei weitere soll es in der Vulkaneifel und dem Eifelkreis Bitburg-Prüm geben. Zu diesen vier Orten muss der Grünschnitt dann aus der gesamten Region transportiert werden. Eine Tatsache, die auch Max Monzel, Leiter des Zweckverbands als "logistischen Wahnsinn" bezeichnet. Schon alleine für die vielen LKW-Fahrten rechnet der Zweckverband jährlich mit zusätzlichen Kosten in Höhe von 620 000 Euro im Jahr. Insgesamt steigen die Kosten ersten Schätzungen zufolge jährlich um 1,25 Millionen Euro. Es könnte aber auch mehr werden. Ist es doch gut möglich, dass Platzbetreiber nicht zu den bisherigen Konditionen weitermachen wollen. Die Interessenvertretung glaubt, dass so mancher ganz aufhört, sobald er das geschredderte Grüngut nicht mehr nutzen darf.
Das wiederum würde bedeuten, dass die Bürger weitere Wege auf sich nehmen müssten, um ihre Gartenabfälle loszuwerden. Eine Folge davon könnte sein, dass es wieder öfter wilde Müllkippen gibt - glauben jedenfalls die Platzbetreiber. Zeigen wird es sich spätestens in zwei Jahren. Bis dahin soll das neue System Realität sein.
Meinung

Was für ein Wahnsinn
Die Bioabfallverordnung ist mal wieder ein hübsches Beispiel für jene maßlos übertriebene Reglemtierungs- und Bürokratisierungswut, die in Europa so gerne um sich greift. Mag ja sein, dass mit geschreddertem Grüngut irgendwann, irgendwo mal Schadstoffe oder unerwünschte Pflanzenarten im Wingert gelandet sind. Die Regel ist das allerdings nicht. Deshalb die gesamte Grüngutentsorgung auf den Kopf zu stellen, ist maßlos übertrieben und ökonomischer wie ökologischer Unsinn.Alleine im Kreis Bernkastel-Wittlich werden künftig 600 LKW-Ladungen Grünzeugs pro Jahr durch die Gegend gefahren - nur, um sie woanders zu kompostieren. Wie umweltfreundlich ist das? Und wie geldsparend? Wirklich dumm, dass diese Verordnung längst verabschiedet ist. k.hammermann@volksfreund.deExtra

Der Stadtrat Trier und die Kreistage der Region müssen entscheiden, ob sie die Verantwortung für die Entsorgung des Grünschnitts und die Einführung der Biotonne auf den Zweckverband Regionale Abfallwirtschaft übertragen wollen. Wenn sie das nicht tun, müssen sie die Anforderungen der neuen Gesetze selbst erfüllen. Der Kreistag Vulkaneifel hat sich trotz eines Dutzends Gegenstimmen bereits für die Übertragung entschieden. Der Kreistag Bitburg-Prüm stimmt kommenden Montag ab. Gleichzeitig wird das Thema auch in den Kreisausschüssen Trier-Saarburg und Bernkastel-Wittlich beraten. Und am 3. April kommt das Thema auf die Tagesordnung des Trierer Stadtrats. kah

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