Heftiges Tauziehen um die Sicherungskosten

Trier · Der Streit über die Sicherung europäischer Krisenbanken ist beendet. Rund 55 Millionen Euro sollen Finanzinstitute in einen Sicherungsfonds einzahlen. Doch nun geht es darum, wer den Topf mit wie vielen Millionen füllt. Die Volks- und Raiffeisenbanken sowie die Sparkassen in der Region befürchten, dass sie die Großbanken subventionieren müssen.

 Gunther Wölfges, Sparkasse Mittelmosel – Eifel Mosel Hunsrück.Foto: privat

Gunther Wölfges, Sparkasse Mittelmosel – Eifel Mosel Hunsrück.Foto: privat

Trier. Im Streit um die Krisensicherung des europäischen Bankensystems sitzen die Volksbanken und Sparkassen in der Region Trier in einem Boot. Nach jahrelangen Diskussionen hat sich die Europäische Union grundsätzlich auf gemeinsame Regeln zum Sanieren und Schließen von Geldinstituten verständigt (siehe Extra). Über acht Jahre hin soll ein Sicherungsfonds aufgebaut werden, in dem dann 55 Milliarden Euro zur Sicherung maroder Banken liegen.
Doch die wichtigste Frage ist für viele kleine Institute nicht geklärt: Wer muss am Ende wie viel in den Abwicklungsfonds einzahlen?
"Wenn systemrelevante Großbanken abgewickelt werden, dürfen die solide aufgestellten Volksbanken und Raiffeisenbanken dafür nicht in Haftung genommen werden." Das betonen Norbert Friedrich, Vorstand der Volksbank Trier und Sprecher der Genossenschaftsbanken in der Region gemeinsam mit seinen Präsidiumskollegen Michael Hoeck von der Vereinigten Volksbank Raiffeisenbank Wittlich und Reiner Berlingen von der Volksbank Eifel Mitte aus Prüm. Kleinere Regionalbanken müssten von den Einzahlungen in den einheitlichen europäischen Abwicklungsfonds ausgenommen werden, fordern sie.
Damit stehen die genossenschaftlichen Banken nicht allein. Auch die Sparkassen befürchten Nachteile für ihre Institute. Remigius Kühnen, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Trier: "Der Aufbau eines Abwicklungsfonds für große Banken ist sicherlich eine sinnvolle Maßnahme. Es ist jedoch nicht akzeptabel, dass Sparkassen und Genossenschaftsbanken für Risiken von systemrelevanten Banken mithaften sollen. Denn: Sparkassen verfügen über ein umfangreiches System zur Institutssicherung, mit dem bereits heute die Kundeneinlagen in unbegrenzter Höhe gesichert sind. Dies wäre eine Doppelbelastung für stabile dezentrale Institute und eine Wettbewerbsverzerrung, die durch nichts zu rechtfertigen ist.""Kleine subventionieren Große"


Norbert Friedrich, Vorstand der Volksbank Trier, formuliert die Ablehnung noch schärfer: "Wir haben kein Verständnis dafür, dass beispielsweise die Mitglieder von Genossenschaftsbanken die Abwicklung nicht überlebensfähiger Banken in Europa finanzieren, die mit unsoliden Geschäftsmodellen unterwegs sind."
Experten sehen die Ausgangslage ähnlich: "Wenn jetzt alle einzahlen sollen, wäre das ein großer Erfolg für die großen Banken. Das Signal wäre, die Kleinen subventionieren die Großen", sagt Professor Hans-Peter Burghof von der Uni Hontheim.
Eine größere Sicherheit aber biete dieses neue System den kleinen Instituten und ihren Kunden nicht. "Für die Genossenschaftsbanken entsteht kein Mehr an Stabilität", kritisiert Michael Hoeck. "Wir waren vor der Krise stabil und werden es auch weiterhin sein."
Ingolf Bermes, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Bitburg-Prüm, sieht das für die Sparkassen ebenso: "Mit der Bankenunion werden auch auf regionale und kleinere Institute Regeln angewandt, die eigentlich nur große und international tätige Banken betreffen. Durch nicht absehbare finanzielle Belastungen und immer neue Regulierungen tangiert sie uns nun unmittelbar vor Ort." Sein Kollege Gunther Wölfges, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Mittelmosel - Eifel Mosel Hunsrück fügt an: "Warum sollen Sparkassen nun internationale Banken unterstützen, die eine vollkommen anderes Geschäftsmodell vertreten?" Die Sparkassen selbst bräuchten den Sicherungsfonds nicht.
Für den Prümer Volksbankvorstand Reiner Berlingen geht es auch um die Verteidigung des deutschen Bankensystems: "Seit 80 Jahren verfügen Genossenschaftsbanken über eine Institutssicherung, die jährlich durch Beiträge der Banken finanziert wird. Zudem tragen wir für unser Engagement in der Region mit starker Filialpräsenz höhere Kosten. Selbstverantwortung wird bei uns ganz groß geschrieben. Und genau dieses Prinzip wünschen wir uns auch als Maxime für Entscheidungen auf EU-Ebene", betont er.
Höherer Freibetrag?


Die Hoffnung der Volksbanken und Sparkassen ist, dass sie nicht in den Fonds einzahlen müssen oder es für kleinere Institute einen höheren Freibetrag gibt. Bisher liegt der bei einer Bilanzsumme von 300 Millionen Euro (siehe Extra). Es gibt aber Überlegungen, ihn auf 500 Millionen Euro anzuheben. Der Bundesverband deutscher Banken pocht indes darauf, dass es keinerlei Ausnahmen gibt. Damit müssten Großbanken wie Deutsche Bank oder Commerzbank weniger in den Fonds einzahlen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble weiß indes, was auf ihn zukommt: "Das wird noch ein heftiges Tauziehen", stellte er vor Tagen schon fest.Extra

 Reiner Berlingen, Volksbank Eifel Mitte.TV-Foto: H. Gassen

Reiner Berlingen, Volksbank Eifel Mitte.TV-Foto: H. Gassen

 Ingolf Bermes, Kreissparkasse Bitburg-Prüm.Foto: privat

Ingolf Bermes, Kreissparkasse Bitburg-Prüm.Foto: privat

 Norbert Friedrich, Volksbank Trier.TV-Foto: A. Arndt

Norbert Friedrich, Volksbank Trier.TV-Foto: A. Arndt

 Remigius Kühnen,Sparkasse Trier.TV-Foto: F. Vetter

Remigius Kühnen,Sparkasse Trier.TV-Foto: F. Vetter

 Michael Hoeck, Vereinigte Volksbank Raiffeisenbank Wittlich.Foto: privat

Michael Hoeck, Vereinigte Volksbank Raiffeisenbank Wittlich.Foto: privat

In den EU-Abwicklungsfonds werden ab 2016 insgesamt 55 Milliarden Euro eingezahlt. Deutsche Institute müssen dazu nach Schätzungen etwa 15 Milliarden Euro beisteuern. Zunächst gab es Pläne, den Topf innerhalb von zehn Jahren zu füllen. Damit müssen deutsche Finanzinstitute demnächst mehr zahlen. In den vergangenen drei Jahren haben sie rund 1,8 Milliarden an Bankenabgabe bezahlt. Davon waren allerdings kleinere Institute ausgeschlossen: Ist die Bilanzsumme abzüglich Spareinlagen, Einlagen von Nichtbanken und dem Fördergeschäft, etwa über die KfW, niedriger als 300 Millionen Euro, wurde keine Bankenabgabe fällig. hw

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