Lob am Arbeitsplatz beugt Erkrankungen vor

Trier · Gesundheitsvorsorge wird für die Wirtschaft immer wichtiger. Rund 80 Firmenvertreter sind deshalb der Einladung zum Gesundheitstag für die Wirtschaft der Region Trier gefolgt.

Trier. Der Blick in die Zukunft erfüllt Jan Glockauer, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Trier (IHK), mit Sorge: "Dem Arbeitsmarkt stehen immer weniger Personen zur Verfügung, und der Altersdurchschnitt wird weiter ansteigen", prognostiziert er. Deshalb komme aus unternehmerischer Sicht der Gesundheitsvorsorge eine besondere Rolle zu. Wie diese aussehen kann, das zeigte eine Gemeinschaftsveranstaltung der beiden Kammern in Zusammenarbeit mit dem Kreis Junger Unternehmer (KJU) im IHK-Tagungszentrum.
Wie dringlich unternehmerische Vorsorge in dieser Frage ist, veranschaulichte Glockauer mit markanten Zahlen. Erhebungen zufolge werde die Bevölkerung in Rheinland-Pfalz von 2009 bis 2030 um 4,5 Prozent zurückgehen - mehr als im Bundesdurchschnitt. Das entspreche einem Rückgang um 180 500 Menschen. Zudem werde 2030 jeder Zweite älter als 49,9 Jahre sein. Noch in 2009 habe das sogenannte Median alter bei 44,5 Jahren gelegen. Mit 18 Krankentagen im Jahr seien bereits heute die Ausfallzeiten bei der Gruppe der über 50-jährigen Erwerbstätigen doppelt so hoch wie bei den 20- bis 29-jährigen. Einer Umfrage zu gesundheitlichen Beschwerden bei abhängig Beschäftigten in Deutschland aus dem Jahr 2012 zufolge leide fast jeder zweite Arbeitnehmer bei der Arbeit häufig unter Schulter-, Nacken- oder Kreuzschmerzen. Etwa ein Drittel aller Befragten klagte über häufige Kopfschmerzen und körperliche Erschöpfung, und jeder Vierte gab an, nach anstrengender Arbeit häufig unter emotionaler Erschöpfung, Schlafstörungen und Nervosität zu leiden.
Kleines Budget reicht oft aus


Der Gesundheitsreport 2014 der Techniker Krankenkasse zeige, dass die hier am häufigsten genannten Beschwerden zugleich die Krankheiten betreffen, welche in Deutschland die meisten krankheitsbedingten Fehlzeiten verursachen. Zugenommen hätten auch langwierige psychische Erkrankungen wie Burnout oder Depression.
Wie teuer Unternehmen krankheitsbedingte Fehlzeiten kommen, auch dazu hatte der Hauptgeschäftsführer Zahlen mitgebracht: durchschnittlich 1200 Euro pro Mitarbeiter und Jahr. Noch teurer komme allerdings das Verhalten von Mitarbeitern, die trotz Krankheit am Arbeitsplatz erscheinen. Hierdurch entstünden zusätzliche Kosten von rund 2400 Euro pro Mitarbeiter und Jahr.
Im betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) sah Glockauer den Ausweg aus der Misere. Betriebswirtschaftlich betrachtet liege der "Return-on-Invest" des BGM bei einer Quote von bis zu 1:5, je nach Berechnung. Das gelte allerdings nur für ein nachhaltiges, integriertes Gesundheitsmanagement. Kurzfristig angelegte, einmalige Maßnahmen der Gesundheitsförderung wie ein Gesundheitstag, ein Fitness-Teller in der Kantine oder eine Rückenschule würden diese Wirkung nicht zeigen. Dennoch könne auch mit einem kleinen Budget eine große Wirkung erzielt werden. Manches gebe es sogar kostenlos: Beschäftigte, die von ihren Chefs gelobt werden, sind einer Studie der AOK zufolge seltener krank als jene, die diese Anerkennung nicht erfahren. Die Vorteile einer gesundheitsorientierten Unternehmensführung liegen für Glockauer auf der Hand: "Die Mitarbeitenden bleiben länger fit und leistungsfähig, das Betriebsklima verbessert sich, die Mitarbeitenden fühlen sich stärker an das Unternehmen gebunden, und Gesundheitsangebote im Unternehmen werden intern und extern positiv wahrgenommen."
Und weiter: "Langfristig sinken krankheitsbedingte Fehlzeiten und Kosten, die Produktivität steigt. Alle Seiten profitieren von mehr Gesundheit im Betrieb - im beruflichen und privaten Alltag, aber auch nach Ende des Arbeitslebens." In der Region Trier seien viele Unternehmen schon teilweise seit mehreren Jahren im Bereich Gesundheitsförderung und Gesundheitsmanagement aktiv: "70 Prozent der Betriebe bieten gesundheitsgerechte Ausstattung am Arbeitsplatz oder planen dies. 45 Prozent bieten Impfungen oder Vorsorgeuntersuchungen an oder planen dies. Sport und Bewegungsangebote sind bei 43 Prozent der Betriebe auf der Tagesordnung. Besondere Kantinenangebote oder Ernährungsberatung sind für ein Viertel der Unternehmen ein guter Weg. 45 Prozent der Betriebe setzen auf eine Sensibilisierung der Führungskräfte. Angebote zur Stressbewältigung macht immerhin ein gutes Viertel der Betriebe oder plant dies. Für das Thema "Umgang mit Sucht" gilt dies für 19 Prozent der Betriebe."Extra

Was tun Firmen für Mitarbeiter? Der Bewegungsmangel vieler Menschen am Arbeitsplatz ist ein echtes Problem, wie Jan Rößler von der AOK Rheinland-Pfalz betont. Die Folge seien vor allem Rückenerkrankungen. Eine Umfrage im Land zeigt Aktivitäten: Angeboten wird von Arbeitgebern jede Menge - von der Kicker-Betriebssportmannschaft bis zum Yoga-Kurs. In der Finanzverwaltung kann eifrig gesportelt werden. In fast allen Finanzämtern inklusive der Koblenzer Oberfinanzdirektion (OFD) gebe es örtliche Finanzsportgemeinschaften, wie OFD-Sprecherin Wiebke Girolstein sagte. Diese bestünden schon seit Jahrzehnten und böten etwa Fußball, Gymnastik, Tischtennis oder Lauftreffs an. Seit 2001 gebe es zudem ein landesweites Gesundheitsmanagement. Der Spezialglashersteller Schott in Mainz trennt nicht groß zwischen Betriebs- und Vereinssport. "Viele unserer Mitarbeiter trainieren im TSV Schott mit", sagt die Gesundheitsmanagerin des Unternehmens, Katharina Putze. Das ist der größte, für alle Bürger offene Breitensportverein in Rheinland-Pfalz. Seit 2005 biete das Unternehmen einen systematisch aufgebauten Betriebssport an, seit drei Jahren werde das Konzept weltweit im Konzern ausgebaut. Auch die Bitburger Braugruppe unterstützt Betriebssportgruppen: Dazu gehörten am Standort Bitburg etwa eine Fußball- sowie eine Volleyball-Mannschaft und eine Lauf- und Walk-ing-Gruppe, sagt der Leiter Personal und Zentrale Dienste, Theo Scholtes. Zudem habe das Unternehmen ein Gesundheitsmanagement eingeführt, bei dem Gesundheitstage, Vorsorgeuntersuchungen und Info-Veranstaltungen organisiert würden. Ziel sei es, "die Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiter aktiv zu stärken und zu erhalten", sagt Scholtes. dpa

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