Muss Nürburgring-Käufer aussteigen?

Nürburg · Der Nürburgring schlingert in die nächste heftige Krise: Der Käufer der Rennstrecke, der Düsseldorfer Unternehmer Robertino Wild, ist offenbar in finanziellen Schwierigkeiten. Seine Gesellschafteranteile am Ring sind nach Informationen der Rheinzeitung an einen Treuhänder übertragen worden.

Seine Villa und eine millionenschwere Gemäldesammlung hat Robertino Wild (TV-Foto: Archiv), einer der Käufer der Eifel-Rennstrecke am Nürburgring, offenbar doppelt beliehen. Deshalb sind seine Gesellschafteranteile am Ring einem Treuhänder übertragen worden - und er sucht nun nach neuen Geldgebern. Zugleich verhandelt sein Kauf-Partner Axel Heinemann mit Investoren, die Wild als Zwei-Drittel-Gesellschafter der Ring-Besitzgesellschaft ablösen könnten. Entsprechende Rechercheergebnisse der Rheinzeitung haben sich am Wochenende als zutreffend erwiesen. Auch die Ring-Insolvenzverwalter Jens Lieser und Thomas Schmidt bestätigten die Übertragung der Anteile des Capricorn-Chefs an den Treuhänder.

Hintergrund: Capricorn (Besitzer Wild) und das am Nürburgring ansässige Unternehmen GetSpeed (Besitzer Heinemann) haben den Ring im März für 77 Millionen Euro erwoben. Der eigentliche Käufer ist die Capricorn Nürburgring Besitzgesellschaft mbH (CNBG). Der Kaufpreis wird gestaffelt gezahlt. Bis zum 20. Dezember müssen zunächst insgesamt 15 Millionen Euro fließen - aufgeteilt in drei Raten á fünf Millionen Euro. Bei Bruch der Vereinbarung droht eine Vertragsstrafe von 25 Millionen Euro.

Die erste Rate wurde von GetSpeed/Heinemann im März dieses Jahres nach Abschluss des (noch nicht rechtsgültigen) Kaufvertrags überwiesen. Die zweite Rate hätten Capricorn/Wild am 31. Juli zahlen müssen. Dazu war der Unternehmer aber offenbar nicht in der Lage. Um einen Zahlungsaufschub bis zum 31. Oktober zu erreichen, musste Wild seine Kunstsammlung als Sicherheit einbringen. Nur hatte er diese bereits anderweitig beliehen. Derzeit ist unsicher, ob Capricorn Ende Oktober seine Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag überhaupt bedienen kann.Auffanglösung in Arbeit


Aufgrund der offensichtlich angespannten Lage der Capricorn-Gruppe wird seit Anfang dieses Monats intensiv an einer Auffanglösung gearbeitet. Das bestätigte Minderheitsgesellschafter Heinemann gegenüber der Rheinzeitung.
Will Wild, dass seine Gesellschafteranteile am Ring wieder an ihn zurückgehen, muss er die fälligen Raten zahlen. Dazu soll er mit potenziellen Geldgebern im Gespräch sein. Hat Wild dabei keinen Erfolg, ist er den Ring ganz oder in großen Teilen los. Der Ausgang dieses Prozesses ist offen. Neben dem Düsseldorfer haben jetzt auch andere Unternehmen die Chance, in den laufenden Vertrag einzusteigen. Man spricht in solchen Fällen von einem "Windhundrennen".

Nach Informationen der Rheinzeitung werden mit den im Kaufprozess unterlegenen Bietern darüber derzeit keine Gespräche geführt. Die Investmentgesellschaft H.I.G. sowie das amerikanische Technikunternehmen Nexovation erheben ihrerseits Anspruch auf den Nürburgring und haben Klagen angedroht.
Pikant ist: Wild verhielt sich offenbar bereits bei der Abfassung des Kaufvertrags im März fragwürdig. Der Unternehmer brachte sein wertvolles Villengebäude als Sicherheit ein. Später stellte sich heraus, dass dieses bereits zweimal beliehen war. Auch das bestätigten Lieser und Schmidt.Kredit nicht genutzt


Inzwischen scheint zudem festzustehen, dass der ausgehandelte Deutsche-Bank-Kredit über 45 Millionen Euro, mit dem der Ring-Kauf maßgeblich finanziert werden sollte, später doch nicht von den Erwerbern genutzt wurde. Angeblich, weil die Bereitstellungsgebühren zu hoch waren. Die 45 Millionen müssen ohnehin erst drei Monate nach Gültigkeit des Kaufvertrages fließen. Die Rechtssicherheit schien aber kurz nach Abschluss des Kontrakts angesichts des EU-Verfahrens und der angedrohten Klagen außer Sicht. Hier haben sich entsprechende Recherchen der Wirtschaftswoche augenscheinlich als zutreffend erwiesen. Robertino Wild wollte sich gestern nicht zu der aktuellen Entwicklung äußern.
Die Arbeitsplätze an der berühmten Rennstrecke dürften von dem möglichen Umbau der Gesellschafterstrukur nicht betroffen sein. Dort führt die Capricorn Nürburgring GmbH (CNG) als Betreiber das Geschäft.
Für die rot-grüne Landesregierung ist die sich zuspitzende Lage am Nürburgring äußerst unangenehm. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) wird am Dienstag eine große Regierungserklärung im Landtag abgegeben. Sie wollte vorrangig über die EU-Beihilfebeschlüsse reden - unter anderem zum Ring und zum Flughafen Hahn. Diese Agenda wird kaum mehr zu halten sein.

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