Verantwortung abgeben, einander kennenlernen

Trier · Schulen und Ausbildungsbetriebe wissen zu wenig voneinander, die Erwartungen sind teilweise völlig unterschiedlich: Um Schüler, Azubis, Lehrer und Unternehmen näher zusammenzubringen, hat der Arbeitskreis Schule Wirtschaft Trier die Broschüre "Machbar" herausgegeben.

 Sie präsentieten die Broschüre „Machbar“ vom Arbeitskreis Schule Wirtschaft Trier (von links): Kerstin Knopp (Palais e.V.), Heribert Flachs (Caritas Learn Factory), Saranda Kastrati (AOK), Monika Leinen, Jürgen Schmidt (beide BBS für Wirtschaft), Daniela Haubrichs (Hochschule Trier), Patrick Haas (Institut für Selbstökonomie). TV-Foto: Björn Pazen

Sie präsentieten die Broschüre „Machbar“ vom Arbeitskreis Schule Wirtschaft Trier (von links): Kerstin Knopp (Palais e.V.), Heribert Flachs (Caritas Learn Factory), Saranda Kastrati (AOK), Monika Leinen, Jürgen Schmidt (beide BBS für Wirtschaft), Daniela Haubrichs (Hochschule Trier), Patrick Haas (Institut für Selbstökonomie). TV-Foto: Björn Pazen

Trier. Jugendliche, die ihre Ausbildung abbrechen, weil sie sich etwas ganz anderes vorgestellt hatten. Betriebe, die über Vorkenntnisse ihrer Azubis und damit über die Schulen stöhnen. Lehrer, die zu wenig über die Abläufe in Unternehmen wissen - tägliche Praxis auch in der Region. Daher stellte sich der Arbeitskreis Schule Wirtschaft Trier die Frage: "Wie kann man die Zukunft der Schüler und Azubis besser gestalten?"
Beispiele aus der Praxis


Der Zusammenschluss von Schulen und Betrieben (siehe Extra) schritt zur Tat. Angetrieben durch die Ergebnisse der Shell-Jugendstudie 2012 beschloss man, eine Broschüre mit Tipps aus der Praxis zu produzieren, um einen reibungsloseren Übergang von Schule zu Ausbildung zu ermöglichen, um Schüler, Lehrer und Betriebe mit erfolgreichen regionalen Beispielen zu ermutigen, mehr aufeinander zuzugehen. Nun wurde die Broschüre "Machbar" präsentiert. Patrick Haas, früherer Personalchef der Sparkasse Trier und heute freiberuflicher Trainer, stellte die wichtigsten Ergebnisse vor: "Es geht darum, Jugendlichen den Sinn von Ausbildung und Schule zu vermitteln, die Praxiserfahrung und die Berufsorientierung zu stärken, ihnen mehr Verantwortung zu übertragen, aber auch die Eltern stärker einzubinden und ein funktionierendes Netzwerk zwischen Schulen und Unternehmen zu schaffen."
Auf 20 Seiten sind in "Machbar" Beispiele aus den drei Kernbereichen "Angleichung der Erwartungen", "Motivation steigern" und "bessere Vernetzung" zusammengetragen worden. Um die unterschiedlichen Erwartungen von Schulen und Betrieben anzugleichen, sollen sowohl Lehrer in Betrieben, aber auch Unternehmer in Schulen Kurzpraktika absolvieren. Schon umgesetzt wurden ein "Stammtisch" von Schulleitern und Ausbildungsverantwortlichen sowie Kooperationsmodelle von Betrieben mit Schulen. "Durch diese praxisnahen gemeinsamen Projekte werden Hemmschwellen abgebaut, und man tauscht sich kontinuierlich aus", berichtet Jürgen Schmidt, Lehrer an der BBS für Wirtschaft.
Ein zentrales Anliegen des Arbeitskreises ist, die Motivation von Schülern und Azubis zu steigern. "Bei uns tragen die Auszubildenden früh Verantwortung, sie organisieren eigene Projekte und sind in alle Abläufe eingebunden", sagt Eugen Hahn, Ausbildungsbetreuer beim IT-Haus Föhren. Durch Mentorenprojekte können ältere Jugendliche nicht nur Verantwortung übernehmen, sondern auch ihr Wissen weitergeben. Eine Motivation sind auch reale Projektaufträge von Unternehmen an Schulen: Berufsschüler haben zum Beispiel für Galeria Kaufhof und Sinn Leffers die Marktforschung übernommen, oder Bank-Azubis gestalten in Eigenregie den "Bank-Day", um Schüler über die Ausbildung zum Bankkaufmann zu informieren.
Im Notfall hilft Azubi-Coach


Zudem lautet einer der Tipps, Azubis stärker in die Information ihrer "Nachfolger" einzubinden, zum Beispiel, indem Auszubildende für Schüler-Praktikanten zuständig sind, wie es schon bei ThyssenKrupp Bilstein in Mandern oder der Sparkasse Trier praktiziert wird. Schulen und Unternehmen haben aber auch erkannt, dass die Eltern viel stärker integriert werden müssen. Zum Beispiel werden "Elternabende" angeboten, in denen die Eltern nach Abschluss des Ausbildungsvertrags hinter die Kulissen des Betriebs schauen können. Daneben sollen Schulelternbeiräte in Sachen Berufswahl besser informiert werden. "Eltern sind die ersten Entscheider zur Berufswahl ihrer Kinder", betont Reiner Schleidweiler, Sprecher des Regionalelternbeirats.
Und wenn es dennoch in der Ausbildung gar nicht läuft, hilft der "Azubi-Coach" des Palais e.V. in Trier, der seine Arbeit ebenfalls präsentierte. Oder man geht ins Kloster. Dies praktiziert das IT-Haus Föhren für jeweils eine Woche zum Start jedes Ausbildungsjahres - und hat mit diesen Kennenlerntagen beste Erfahrungen gemacht.

In Kürze ist die Broschüre "Machbar" auch als Download im Internet verfügbar unter www.trier.schulewirtschaft-rp.de
Extra

Arbeitskreise Schule Wirtschaft: In allen Kreisen der Region existieren diese Arbeitskreise, in denen Vertreter von Schulen und Bildungseinrichtungen sowie Ausbildungsbetrieben zusammenkommen. Der AK Schule Wirtschaft Trier wurde 2004 gegründet und hat seitdem zahlreiche Projekte wie Qualitätsmanagement in der Ausbildung, einen "Aktionstag Handel" oder "Finanzlotsen" umgesetzt. In zahlreichen Veranstaltungen und Fortbildungen geht es vor allem um den Informationsaustausch und das Vernetzen von Schulen und Betrieben. BP

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort