1400 Menschen und der Stadtrat

Was in Wittlich passiert, entscheidet der Stadtrat. Vor drei Monaten machten 1400 Unterzeichner einer Unterschriftenaktion deutlich, dass sie eine Öffnung der Neustraße für den Verkehr wünschen. Der TV hat bei den fünf Fraktionschefs des 32-köpfigen Rates nachgefragt, welche Konsequenz die Politik aus der Initiative zieht.

 Von oben gen Markt will die Initiative die Neustraße befahrbar machen. TV-Foto: Klaus Kimmling

Von oben gen Markt will die Initiative die Neustraße befahrbar machen. TV-Foto: Klaus Kimmling

Wittlich. Die Unterschriften-Aktion plus eine Infomationsveranstaltung für Bürger, Kaufleute, Kommunalpolitiker haben Michael Scheid und Hans Gelz mit Unterstützung von Geschäftsleuten als Vorlage für den Stadtrat geliefert. Das war vor drei Monaten. Inzwischen gab es Gespräche mit einzelnen Fraktionen.

Das Nachdenken bei den Entscheidern hat eingesetzt, und Michael Scheid sagt: "Die Erwartung an die Politik ist, dass im Rat ein entsprechender Antrag eingebracht wird und dass das Votum von 1400 Bürgern ernst genommen wird."

Doch wie steht es um die Meinung der Kommunalpolitiker zum Wunsch, die Fußgängerzone in Richtung Marktplatz als Einbahnstraße befahrbar zu machen? Für die stärkste Fraktion, die CDU, sagt Theodor Brock: "Wir haben uns vorgenommen, die Verkehrserschließung der Innenstadt im Rahmen der Beratungen über den Masterplan neu zu thematisieren."

Konkreter wird für die zweitstärkste Fraktion, SPD, Joachim Gerke, der deutlich macht, "eine derartige Willensbekundung von Bürgern fordert eine Überprüfung der eigenen Position geradezu heraus".

Seine Fraktion habe noch kein abgeschlossenes Meinungsbild aber: "Die SPD-Fraktion wird das Thema Neustraße auf die Tagesordnung des Stadtrates bringen." Und zwar in Verbindung mit der Ergebnisbewertung des laufenden Masterplan-Prozesses.

Ähnlich sehen es die Grünen, die durch ihren Antrag für ein Stadtentwicklungskonzept für die Kernstadt Ende 2006 bereits signalisiert hätten, man könne das Thema Neustraße nicht isoliert betrachten. Michael Wagner erhofft sich daraus Erkenntnisse, "welche Funktion und Bedeutung die Neustraße in Zukunft haben wird", etwa für das Wohnen: "Dass im Gefolge einer solchen Entwicklung auch die Frage der verkehrlichen Erschließung neu überdacht werden muss, steht außer Frage."

Den Masterplan abwarten will auch die FDP, bevor sie einen Antrag stellt. Jörg Hosp stellt zudem klar: "Die Unterschriftenaktion hat unsere Auffassung, die Neustraße für den Verkehr zu öffnen, nur noch bekräftigt."

Derselben Auffassung ist die FWG. Klaus Petry teilt mit: "Seit der Konstituierung des jetzigen Stadtrates war und ist die FWG die einzige Fraktion, die stets um die Öffnung der Neustraße kämpfte." Außerdem fordere man zusätzliche Maßnahmen, wie Brunnen, Skulpturenallee oder mehr Begrünung. Möglicherweise, so deutet diese Fraktion an, wolle man gemeinsam mit der FDP einen neuen Antrag stellen. Erst seien Ergebnisse in Sachen Masterplan abzuwarten.

Meinung

Heikles Terrain bald entminen

Die Debatte um die Funktionalität der Fußgängerzone im Bereich Neustraße ist historisch zu nennen, was ihre Dauer angeht. Weil sie als Herzensangelegenheit zum Teil mit heftigen Gefühlen bis hin zur Verzweiflung geführt wird, scheut sie mancher Politiker wie der sprichwörtliche Teufel das Weihwasser. Bei FDP und FWG steht das Ja zur Öffnung. SPD und Grüne haben sich mit den Initiatoren der jetzigen Initiative bereits an einen Tisch gesetzt. Der CDU war das aus terminlichen Gründen, wie zu hören ist, noch nicht möglich. Der Masterplan-Prozess steht in den Kinderschuhen. Ob es überhaupt einmal einen solchen Plan geben wird, ist nicht entschieden, doch sollte er gewünscht sein, wird er kein Hau-Ruck-Verfahren werden. Die Gespräche, die zur Öffnungsfrage geführt wurden, zeigen, dass die Bereitschaft - wieder - da ist, nochmals aufeinander zu zu gehen. Als Ergebnis müssen jedoch Taten folgen, ob pro, ob contra. Auch damit die Bürger, die unterschrieben haben, merken, dass die Politik sie ernst nimmt und die Neustraße keine historische Dauerdebatte bleiben soll. Das wäre nach der neuerlichen Initiative ein Dilemma... s.suennen@volksfreund.de

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