30 Mark für frisches Fleisch

BETTENFELD. (ger) 1963 wurde die Gefrieranlage in Bettenfeld fertiggestellt und fand regen Zulauf. Vor allem Fleisch aus Hausschlachtungen konnte hier konserviert werden. Auch Brot wurde im Gefrierhaus verkauft. Im kommenden Jahr soll sie geschlossen werden.

"Das war eine große Erleichterung" - Katharina Bracht schwärmt geradezu, als sie von den Anfängen der Gemeinschaftsgefrieranlage in Bettenfeld berichtet. Von heute auf morgen war es möglich, Fleisch aus der Hausschlachtung über Monate hinweg tiefgefroren aufzubewahren. Auch das "Klein machen", das Zerlegen geschlachteter Schweine, wurde vom eigenen Haus in die Gefrieranlage verlegt. Dort war Platz für die mitunter blutige Arbeit und die Möglichkeit zum sofortigen Einfrieren. Drei Gefrierblöcke mit insgesamt 180 Fächern waren innerhalb kurzer Zeit vermietet, als die Anlage im Jahre 1963 fertig gestellt war. "Das Gebäude wurde an der Stelle des ehemaligen kleinen Jugendhalle errichtet", erzählt Josefine Schröder. Auch sie berichtet von den Annehmlichkeiten der Anlage. Die Bewohner waren gerne bereit, 30 Mark Jahresmiete pro Fach zu zahlen. Braten, Suppenfleisch, später auch Gemüse und vieles mehr, wurde portionsweise in Plastiktüten verpackt und in das gemietete Fach gelegt. Die Anlage entwickelte sich darüber hinaus zum zeitweiligen Kommunikationsort. Besonders samstags war viel Betrieb

"Besonders samstags war viel Betrieb", erzählt Josefine Schröder. "Dann haben sich die Bettenfelder im Gefrierhaus die Klinke in die Hand gegeben und den Braten für Sonntag abgeholt." Außerdem wurde zweimal wöchentlich im Gebäude der Gefrieranlage Brot und Backwaren durch die Wittlicher Brückenmühle verkauft. Als die landwirtschaftlichen Betriebe und damit die Hausschlachtungen immer weniger wurden und zudem Gefriertruhen in den Haushalten Einzug hielten, nahm die Belegung ab. "Derzeit sind nur noch knapp 60 Fächer vermietet", so Ortsbürgermeister Reinhold Meuers. Davon etliche durch Ortsfremde, wie beispielsweise Jäger. Die Gemeinde als Betreiber der Anlage setzt jährlich 2700 Euro zu. Zudem ist ein Block nicht mehr betriebsbereit, ein zweiter in schlechtem technischem Zustand. Der Gemeinderat hat nun beschlossen, die Gefrieranlage am 31. März 2007 abzuschalten. Die Nutzer wurden informiert. Einsprüche kamen nicht. Derzeit wird über die weitere Nutzung oder den Verkauf des Gebäudes beraten. Katharina Bracht kennt Details zur Entstehungsgeschichte. Ihr Mann war damals Ortsbürgermeister. Als eine Abordnung des Bettenfelder Gemeinderates in die Orte der Umgebung fuhr, um einige Gefrieranlagen zu besichtigen, war auch ihr fünfjähriger Sohn Hans-Josef Bracht mit dabei. Der wohnt heute im Rhein-Hunsrück-Kreis in Rheinböllen und ist Landtagsabgeordneter. Gerne erinnert sich der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag an diese Fahrt. "Als wir am Abend in Großlittgen im Gasthaus Heck einkehrten, gab es für jeden ein Stück Fleischwurst. Und die hat super geschmeckt." Der junge Bracht hat die Diskussionen der Gemeindeväter beim anschließenden Resümee intensiv verfolgt. Heute meint er schon mal spaßeshalber und mit einem Schmunzeln auf den Lippen, die Diskussion um die Errichtung der Bettenfelder Gefrieranlage sei der Einstieg in seine politische Karriere gewesen.

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