Auf den Spuren der ersten Wittlicher Juden

"700 Jahre Juden in Wittlich". Aufgrund des großen Interesses gab es nun eine Wiederholung der Auftaktveranstaltung dieser Veranstaltungsreihe des Emil-Frank-Instituts. Sie beschäftigte sich mit den ersten bis 1418 in Wittlich ansässigen Juden.

 Abschrift des Testaments des Pastors Richard von Großlittgen mit der ersten Erwähnung des Juden Mo(y)set de Wyit(h)lich vom 4. April 1309 (Rot unterlegter Text: „dem Juden, genannt Moses von Wittlich, sex Schilling Trierer Währung“). Foto: Emil-Frank-Institut

Abschrift des Testaments des Pastors Richard von Großlittgen mit der ersten Erwähnung des Juden Mo(y)set de Wyit(h)lich vom 4. April 1309 (Rot unterlegter Text: „dem Juden, genannt Moses von Wittlich, sex Schilling Trierer Währung“). Foto: Emil-Frank-Institut

Wittlich. (gsa) Der erste Wittlicher Jude hieß Moses und ist in einem Testament des Pfarrers Richard aus Großlittgen vom 4. April 1309 erwähnt worden. Anlässlich dieser 700 Jahre seit diesem Ereignis bietet das Emil-Frank-Institut über das ganze Jahr verteilt mehrere Veranstaltungen an. Aufgrund des großen Interesses wiederholte das Emil-Frank-Institut die Auftaktveranstaltung.

René Richtscheid, Geschäftsführer des Instituts, präsentierte im Rahmen einer Führung sowie im Emil-Frank-Institut die bisherigen Forschungsergebnisse. Wieder gab es viele Interessierte. Rund 30 Menschen fanden sich zur Führung zusammen.

Gute Bedingungen für jüdische Bankiers



Der Wittlicher Jude Moses war Bankier und hatte Pfarrer Richard aus Großlittgen Geld geliehen. Dieser hielt in seinem Testament fest, dass er Moses noch Geld schulde. Moses kam wahrscheinlich nach Wittlich, da dort gute Bedingungen für jüdische Bankiers herrschten. Denn Erzbischof Balduin brauchte die Juden, um das Erzstift Trier zu einem Flächenstaat auszubauen. Deshalb unterteilte er es in Ämter und machte in jedem Amt einen Ort zum Verwaltungssitz. Diese Orte entwickelten sich allmählich zu Städten. So auch die Stadt Wittlich. Um Stadtmauern und Befestigungen bezahlen zu können, brauchte Balduin Kapitalgeber. Das waren die Juden. Laut dem Alten Testament ist es verboten, bei Geschäften mit Einheimischen Zinsen zu erheben. Die Juden galten als Fremde und durften deshalb den Christen Geld gegen Zins verleihen.

Viele Adlige waren bei den Wittlicher Juden verschuldet. Wahrscheinlich gab es am Marktplatz sogar eine Art Bankinstitut, dass gemeinschaftlich von einem Christen und einem Juden geführt wurde. René Richtscheid geht davon aus, dass ein Christ andere Christen zum Geldverleih an seinen jüdischen Nachbarn vermittelte und ungekehrt.

Die bekannten Wittlicher Juden aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts lebten um den Marktplatz herum. Sie waren wirtschaftlich enorm einflussreich und deshalb auch wohlhabend.

Der Erzbischof entwickelte sogar einen Tilgungsplan zugunsten der Juden. Dies ging sogar so weit, dass Orte vorübergehend in jüdischen Besitz übergingen, wenn die Adligen ihre Schulden bei den Juden nicht mehr bezahlen konnten. Mehr als 20 Orte an der Mosel, in der Eifel und im Hunsrück waren zeitweilig ganz oder teilweise an Juden verpfändet.

Diese Praxis endete knapp 40 Jahre nach der ersten schriftlichen Erwähnung des Wittlicher Juden Moses: Aufgrund der Pestverfolgungen von 1348/49 kam es zu Ausschreitungen gegen die jüdischen Mitbürger. Die Niederlassung der Wittlicher Juden im Mittelalter ging schließlich 1418 mit der Ausweisung durch Erzbischof Otto von Ziegenhayn zu Ende, berichtete René Richtscheid zum Abschluss der Führung.

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