Auf der Suche nach der Männlichkeit

Bernkastel-Kues · Der Comedian Ingo Appelt kommt mit seinem neuen Programm "Besser… ist besser!" nach Bernkastel-Kues. In seinem letzten Erfolgsprogramm "Göttinnen" betete Ingo Appelt die Frauen an - doch der selbsternannte "Konkursverwalter der Männlichkeit" will nun noch eine Schippe drauflegen.

Bernkastel-Kues, Ingo Appelt (Jahrgang 1967) ist am 30. September in der Mosellandhalle in Bernkastel-Kues. Vorab hat TV-Redakteur Hans-Peter Linz (Jahrgang 1965), mit ihm gesprochen. Die beiden Generations- und Geschlechtsgenossen begaben sich auf die Suche nach dem modernen "Mannbild" und stellten fest: Männer müssen noch viel lernen.

Herr Appelt, Sie mögen es gerne etwas derber. Die Witze dürfen auch unter die Gürtellinie gehen. Das wirkt auf den ersten Blick sehr einfach. Ist es das?
Appelt: Nein, das ist natürlich gar nicht so einfach. Das ist ein männliches Problem, wann man unter die Gürtellinie geht. Wenn ein Mann "Fi...n" sagt, dann ist das fast schon eine verbale Vergewaltigung. Wenn aber eine Frau "Fi...n" sagt, dann ist das eine Form der sexuellen Befreiung.

Übrigens kam ich auf diesen Begriff bei einem Aufenthalt in Traben-Trarbach.
Das ist ja ein Zufall …
Appelt: Ja, ich habe in Traben-Trarbach Wellness-Urlaub gemacht und saß in einem Cafe. Da hörte ich Jugendliche draußen herumbrüllen. Das passte irgendwie. Aber es geht nicht nur um Unterhosenwitze.

Es geht in Ihrem Programm meistens um Probleme zwischen Mann und Frau. Ist das ein grundlegendes Thema?
Appelt: Absolut. Denn da ist was schiefgelaufen. Sie und ich gehören doch zur "Brigitte-Generation". Wir wurden so superzivilisiert mit Gleichberechtigung und allem erzogen. Aber das ist gar nicht so. Wir leben in einer Parallelwelt. Wir führen einen Kampf zwischen Burka, Frauensteinigungen und Sex and the City. Das sind alles starke Extreme. Es gibt viel Fanatismus. Viele haben Angst vor Bedrohungen. Deshalb funktioniert die Macho-Masche immer noch. Und der Ursprung ist die Wechselwirkung zwischen Mann und Frau.

Aber es gibt auch die "Überzivilisierten"
Appelt: Ja, das ist unsere Generation. Bei uns ist die Frau stärker als der Mann. Wir sind nicht die Typen, die Frauen steinigen. Und trotzdem haben wir die A-Karte. Das merken Sie schon bei Scheidungen. Da werden Frauen meistens bevorzugt. Wir sind einfach zu höflich. Und das durchbreche ich mit meinem Programm zwischen intellektuellem Klugscheißer und barbarischem Rabauken.

Müssen wir Männer uns denn neu erfinden?
Appelt: Ich empfehle immer: Selbsterkenntnis. Wir sind immer noch viel zu hormonal gesteuert. Viele Klischees stimmen ja. Wir haben als Männer viel Mist gebaut. Ständig Krieg und sobald es Ärger gibt, wird der Säbel aus dem Keller geholt. Ich persönlich will mich mehr um Leute kümmern. Männer müssen Fürsorge lernen. Daran wächst man nämlich. Das gilt auch für die Flüchtlingsproblematik. Wer sich um Menschen kümmert, der hat keine Ängste. Ich wünschte, jeder Rechte müsste sich um einen Flüchtling kümmern. Dann würden die begreifen, worum es geht.

Das betrifft ja auch die allgemeine Stimmung im Land.
Appelt: Absolut. Man merkt schon, dass der Stil sich in der Politik ändert, wenn Frauen an der Regierung sind. Da gibt es so eine Art von Null-Aggression unter Merkel. Aber ohne Streit schläft die Politik auch ein. Deshalb haben die Rechten leichtes Spiel.
Es gibt aber auch zu viel Humorlosigkeit im Land und es wird zuviel Angst gemacht.

Dagegen wollen Sie was tun.
Appelt: Ja - wir brauchen mehr Humor. Wir müssen mehr gute Laune verbreiten. Ich sage immer: "Ach stellt Euch nicht so an!" Und die Leute jubeln. Das ist auch eine Art von Fürsorge, die Leute zum Lachen zu bringen. Das funktioniert eigentlich nur auf der Bühne. So ein Live-Erlebnis kann man nicht auf den Computer herunterladen.

In Zeiten von Youtube und den sozialen Medien gibt es ja viel mehr Kanäle…
Appelt: Früher gab es eigentlich nur das Fernsehen. Heute kann jeder ein Video auf Youtube hochladen. Und wenn er eine Million Clicks hat, ist er ein Star. Das alles verändert sich enorm. Aber deshalb haben Live-Auftritte vielleicht eine noch viel größere Bedeutung. Das Miteinander ist viel extremer. Auf der Bühne kann man Witze machen, die im Fernsehen vielleicht schon nicht mehr funktionieren.

Was machen Sie, wenn Sie nicht auf der Bühne stehen? Sie haben ja mal Maschinenschlosser gelernt..
Appelt: Ich bastle immer noch gern. Auch mit meinem Sohn. Und zuhause nehme ich auch gerne mal wieder die Bohrmaschine in die Hand. Handwerk ist einfach geil! hpl
Extra

Ingo Appelt wurde 1967 in Essen geboren. Zwischen seinem elften und 26. Lebensjahr lebte er in Würzburg. Nach der Schule absolvierte er eine Ausbildung zum Maschinenschlosser. Appelt engagierte sich gewerkschaftlich und hatte 1989 seinen ersten Auftritt auf der Jugendkonferenz der IG Metall, seit 1993 ist er hauptberuflich Kabarettist. Einem breiteren Publikum wurde er als Gast bei RTL Samstag Nacht, im Quatsch Comedy Club auf ProSieben und mit einem Auftritt am Arosa Humor-Festival vertraut. wikipedia/noj

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