Ausgeschellt und Geizen geraucht

Adam Bongartz war Gemeindediener in Platten vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Viel bekannter ist er bis heute in Platten als Schweinehirt und als Original mit Ecken und Kanten. Dies ist die zweite Geschichte über den Schweins-Adam.

Platten. Bibpailen fangen, das war eine Leidenschaft von Schweins-Adam. Die gibt es nämlich nicht nur in Wittlich. Bibpailen sind auch im Plattener Wald heimisch. Die Plattener Schuljungs haben den Schweins-Adam gerne auf seinen Touren zum Bibpailen-Fangen begleitet.

Adam Bongartz war Schweinehirt in Platten und ein recht kauziger Mensch. Täglich logierte er in einem anderen Haus und erhielt Essen und Trinken. Dafür musste er neben seiner Profession als Schweinehirt den wechselnden Gastgebern zur Hand gehen. Als Gegenleistung für Speis und Trank waren einige Stunden Arbeit zu erbringen.

Kartoffelkeime pflücken und Schweinsfutter kochen



Dazu haben sich die Plattener Gedanken gemacht. "Was soll er heute arbeiten?" Meist bestand die Arbeit im Holzschneiden, Holzhacken oder in ähnlichen Tätigkeiten wie etwa Kartoffelkeime pflücken und Schweinsfutter im Kessel kochen.

Außerdem war Adam als Gemeindediener tätig. Zu seinen Aufgaben gehörte in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg auch das "Ausschellen", also das Verlesen amtlicher Bekanntmachungen.

Zweimal wöchentlich machte er eine Runde durch das Dorf, um an verschiedenen Plätzen die Bekanntmachungen zu verlesen. Mittels einer kleinen Handglocke rief er die Menschen herbei, und diese wussten: Aha, jetzt wird es amtlich, und eilten herbei. Die Schelle haben die Plattener noch. Die ist über 100 Jahre alt und wird als dörfliches Kleinod gehütet.

Schweins-Adam war dem Tabak zugetan. Da er jedoch kein Geld besaß, hat er bei den Plattener Tabakbauern die Geizen (den Rest vom Tabak) erbettelt und dann gequalmt. Hatte er einen über den Durst getrunken, dann wurde zwar eine Gaudi daraus, denn ab und zu ist er von seinen Zechkumpanen mit der Schubkarre nach Hause gefahren worden, aber sie haben ihn nicht im Stich gelassen, die Plattener. Die Arbeit des Schweinehirten war ihnen wertvoll.

Die Plattener Kinder haben ihn liebend gerne gefoppt. "Saiert, Saiert (Sauhirt, Sauhirt), komm heraus aus deinem Haus", mit derlei Sprüchen neckten sie den originellen Mann. Und der ärgerte sich jedesmal, kam heraus und lief den Kindern wütend hinterher.

Beim Bibpailen-Fangen im Wald war dann wieder alles vergessen. Die gemeinsamen Touren mit dem Schweins-Adam in den Plattener Wald hinein zum Fangen des bis heute selten gesehenen und noch nie erhaschten Vogels begeisterten besonders die Plattener Jungs.

Wenn auch Sie eine historische Anekdote kennen, schreiben Sie unter dem Stichwort "Dorfgeschichten" mit Namen, Adresse und Telefonnummer an die E-Mail-Adresse mosel@volksfreund.de. Wichtig ist, dass Ihre Geschichte höchstens 2000 Anschläge umfasst.

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