Besuchszeit im Wittlicher Gefängnis

Wittlich · Das Gefängnis in Wittlich ist eine Stadt in der Stadt. Für 370 Beschäftigte und 600 Häftlinge ist das Leben hinter den hohen Mauern Alltag – in sehr unterschiedlichen Rollen. Wie sehr sich der Strafvollzug verändert hat, zeigt ein selten möglicher Gang über das Gelände.

Wäre Jörn Patzak Hotelmanager, würde er über eine Auslastung von 99 Prozent und Gästen aus 41 Ländern jubeln. "Wir wollen allerdings nicht, dass die Leute wiederkommen", stellt der Leiter der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wittlich einen wesentlichen Unterschied zum Hotelbetrieb klar. "Deshalb machen wir einen guten Strafvollzug."

Was das bedeutet, erläutert der ehemalige Staatsanwalt bei einem 90-minütigen und 2,1 Kilometer langen Rundgang durch die moderne Anlage. Zum Familientag sind 750 Angehörige von Beschäftigten gekommen, um zu sehen, wo ihre Partner, Väter oder Mütter arbeiten. Sehr deutlich wurde dabei vor allem, dass der Strafvollzug im Vergleich zu früher deutlich mehr Personal benötigt.

Die Chancen für die Rückkehr in ein normales Leben sind für die Gefangenen allerdings deutlich gestiegen. Der stark strukturierte Strafvollzug, der stets die Menschenrechte wahrt, soll dies vom ersten Tag in Haft gewährleisten. "Wer will, kann hier von 6.30 bis 21 Uhr beschäftigt sein", sagt Patzak "Schließlich haben wir nicht nur Schwerverbrecher, sondern auch ganz normale Menschen." Als Beispiel nennt er den bislang unbescholtenen Bürger, der betrunken einen tödlichen Autounfall verursacht. Eine Bewährungsstrafe kommt dafür in der Regel nicht infrage.

Wenn dieser Mensch seine Haft in der größten Justizvollzugsanstalt des Landes antritt, wird er behandelt wie jeder andere Häftling. Er kann wählen, ob er an jedem Abend alleine oder mit einem anderen Insassen eingesperrt wird. "Gegen seinen Willen dürfen wir niemanden in einen Gemeinschaftsraum einquartieren", verdeutlicht der Anstaltsleiter. Vor drei Jahren sei auch die Arbeitspflicht abgeschafft worden.

Ein Vergnügen ist der Alltag in der JVA dennoch nicht. Schon die Körpersprache der Vollzugsbeamten verrät Strenge und Strafe bei Verstößen gegen die "Hausregeln". So sind Besuche von Angehörigen zwar nach individueller Prüfung erlaubt. Geschenke dürfen dabei aber nicht ausgetauscht werden. "Als das noch möglich war, gab es viel Unruhe hier", blickt einer der Beamten zurück. Inzwischen werde auch jeder Brief und jede Postkarte genau überprüft. Ein drogenfreies Gefängnis gebe es dennoch nicht.

Dass es unter den 600 Gefangenen trotz ihrer kriminellen Vorgeschichte überwiegend friedlich zugeht, ist auch Folge der baulichen Abkehr vom klassischen panoptischen Prinzip, wie es auf dem 80 Hektar großen JVA-Gelände noch in den seit 2010 nicht mehr genutzten Gefängnis-Altbauten zu sehen ist. Sternförmig über mehrere Etagen sind dort die Gefängnisflure um einen zentralen Überwachungsraum angeordnet. "Da haben wir zwar weniger Personal gebraucht, dafür war die Unruhe viel größer", erinnert sich Abteilungsdienstleiter Walter Herres.

In dem 70 Millionen Euro teuren Neubau, der 2010 durch ein Krankenhaus und 2015 durch ein Wirtschaftsgebäude (25 Millionen Euro) ergänzt wurde, sind die einzelnen Flure voneinander abgetrennt. Was die Häftlinge davon halten, wird auch auf diesem 2,1 Kilometer langen Rundgang nicht klar. Es gibt für die Besucher keinen Kontakt. "Die sollen sich nicht wie im Zoo fühlen", sagt Jörn Patzak. Zumindest das würde auch für ein Hotel gelten.
Extra: Das Gefängnismuseum

Museumsreif sind nicht nur die nicht mehr genutzten Altbauten auf dem Gelände der JVA Wittlich. Im Gefängnismuseum (Trierer Landstraße 20) werden interessante Einblicke in die Geschichte des Strafvollzugs gegeben.

Gezeigt werden auch sichergestellte Gegenstände wie selbst gebaute Tätowiermaschinen oder Waffenattrappen. Wer die Ausstellung sehen will, muss sich anmelden unter Telefon 06571/9961706.

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