Bürgerbus der Verbandsgemeinde Wittlich-Land hilft Senioren, mobil zu bleiben

Wittlich · „Menschen bewegen, Dörfer verbinden“ ist das Motto des Bürgerbusses für Wittlich-Land. Seit drei Monaten transportiert er Senioren und Gehbehinderte, die nicht auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen können. Unser Redaktionsmitglied Adrian Froschauer ist mitgefahren.

 Gudrun Krumbiegel nutzt den Dienst des Bürgerbusses mit dem ehrenamtlichen Helfer Arnold Meyer.

Gudrun Krumbiegel nutzt den Dienst des Bürgerbusses mit dem ehrenamtlichen Helfer Arnold Meyer.

Foto: Klaus Kimmling

Aus dem Autoradio schallen Oldies, am Fenster fliegen grüne Landschaften vorbei. "Tatsächlich mal zwei Stunden ohne Regen, das ist ja fast nicht zu glauben", sagt Robert Mürlebach, während er den Kleinbus um eine weitere Kurve lenkt. Seit März dieses Jahres ist Mürlebach ehrenamtlicher Bürgerbus-Fahrer und bringt Senioren in der Verbandsgemeinde Wittlich-Land zu Arztterminen, zum Einkaufen, zu Besuchen bei Verwandten und Bekannten.

Er plaudert gerne mit den Passagieren über das Wetter, über lokale Politik oder einfach über den Alltag. Rentnerin Johanna Thull nutzt den Bus nicht nur, um von A nach B zu kommen, sondern freut sich auch, sich mit den Fahrern und anderen Passagieren unterhalten zu können. Sie muss regelmäßig zur Physiotherapie nach Wittlich, schafft den Weg jedoch mittlerweile nicht mehr alleine. "Aber ich spende jedes Mal etwas", betont sie. "Nicht, dass die Leute noch denken, ich fahre hier nur mit, um Geld zu sparen." Die 88-Jährige aus Großlittgen gehört zu den mehr als 260 Senioren, die in der VG Wittlich-Land bisher mit dem Bürgerbus gefahren sind. Mürlebach setzt die Seniorin am Parkplatz der Schlossgalerie in Wittlich ab.

Ein kurzer Blick in den Fahrtenplan - und weiter geht es in den kleinen Ort Karl. Wir sind zu früh dran. "Fünf Minuten vor der Zeit ist die beste Pünktlichkeit", sagt Mürlebach lachend und hält am Ortseingang, "damit wir der armen Frau nicht direkt vor ihrer Tür auflauern."

Nach einigen Minuten fahren wir um die Ecke, fast im selben Moment verlässt Gabriele Philippent ihr Haus. Mürlebach springt aus dem Bus und hält der Rentnerin die Tür auf. Ihre Pläne haben sich geändert: "Ich muss doch nicht mehr in die Stadt, aber zum Einkaufen. Geht das in Ordnung?" Kein Problem für den Fahrer. Mürlebach geht auch auf spontanere Wünsche ein und berät Philippent, wo sie in Wittlich gut einkaufen kann, da sie sich nicht gut auskennt.

Sie ist erst kürzlich mit ihrer Tochter aus Nordrhein-Westfalen hergezogen. "Da gibt es auch Bürgerbusse, aber die halten nur zu festen Zeiten an festen Haltestellen", bedauert sie. Den herkömmlichen Linienbus kann sie nicht nehmen, da die nächste Bushaltestelle gut einen Kilometer von ihrem Zuhause entfernt ist, den sie nicht mehr zu Fuß gehen kann - schon gar nicht bepackt mit Einkäufen. Die Seniorin sieht nur einen Nachteil am Bürgerbus: dass er nicht häufiger fährt.

In Wittlich angekommen, hilft Mürlebach ihr wieder, aus dem Bus zu klettern. "Ich helfe Ihnen dann nachher, die Taschen zu tragen." Auch das gehört für ihn grundsätzlich zum Service dazu. In einer Stunde holt er Philippent wieder ab.

Und bis dahin? "Klar, zwischendurch muss man auch mal ein wenig Zeit totschlagen", erklärt Mürlebach. Dienstags sei meistens weniger los als donnerstags, sodass immer wieder etwas Leerlauf zwischen den Fahrten bleibe.

Seine Bilanz nach drei Monaten Bürgerbus: Man müsste das Angebot intensiver in den einzelnen Ortschaften bekannt machen. "Aber das funktioniert wohl am besten über Mund-zu-Mund-Propaganda, und die kann man schlecht erzwingen."

Tatsächlich: Johanna Thull hat den Bürgerbus bereits einigen Bekannten empfohlen, und Gabriele Philippent wurde von ihrer Vermieterin auf das Angebot aufmerksam gemacht. "Der Bus ist eine feine Sache", findet Mürlebach. "Ich kann den Leuten einen Gefallen tun und habe als Rentner ein bisschen Abwechslung und sitze auch selbst nicht nur zu Hause.

Mehr Infos zum Bürgerbus

Am 8. März trat der Bürgerbus seine Jungfernfahrt an. 20 ehrenamtliche Helfer beteiligen sich an dem Projekt, davon 13 als Fahrer, der Rest im Telefondienst. In den drei Monaten, die der Bürgerbus bisher aktiv ist, wurden 266 verschiedene Senioren und Gehbehinderte von A nach B gebracht.

Die Nachfrage steigt immer noch langsam, aber stetig. "Wir sind sehr positiv überrascht, dass das Angebot so schnell so gut angenommen wurde", erzählt Günter Weins von der Verwaltung der Verbandsgemeinde Wittlich-Land. "In manchen anderen Gemeinden hat es ein Jahr oder länger gedauert, bis der Bürgerbus so regelmäßig genutzt wurde."

Die meisten Passagiere wollen von den umliegenden Ortschaften zu Arztterminen nach Wittlich gefahren werden.

Der Bürgerbus ist jeden Dienstag und Donnerstag von 8.30 Uhr bis 17 Uhr unterwegs. Wer das Angebot in Anspruch nehmen möchte, kann jeweils am Vortag zwischen 14.30 Uhr und 16.30 Uhr unter der Telefonnummer 06571/107107 einen Termin vereinbaren. Mitfahren darf jeder, der älter ist als 65 Jahre oder aus körperlichen Gründen Hilfe braucht, um von A nach B zu kommen. Das Angebot ist kostenlos, es werden aber freiwillige Spenden angenommen.

Dienstags fährt der Bus die Orte Bettenfeld, Dierfeld, Eckfeld, Eisenschmitt, Gipperath, Greimerath, Großlittgen, Hasborn, Hupperath, Karl, Laufeld, Manderscheid, Meerfeld, Minderlittgen, Musweiler, Niederöfflingen, Niederscheidweiler, Oberöfflingen, Oberscheidweiler, Pantenburg, Plein, Schladt, Schwarzenborn und Wallscheid an. Donnerstags finden Fahrten nach Altrich, Arenrath, Bergweiler, Binsfeld, Bruch, Dierscheid, Dodenburg, Dreis, Esch, Gladbach, Heckenmünster, Heidweiler, Hetzerath, Klausen, Landscheid, Niersbach, Osann-Monzel, Platten, Rivenich, Salmtal und Sehlem statt.

Ähnliche Angebote

Gibt es ähnliche Angebote wie den Bürgerbus in der Region? In Bernkastel-Kues wird zum Ende des Jahres zwar das Seniorentaxi abgeschafft, allerdings ist ein gemeinsamer Rufbus für die Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues und die Einheitsgemeinde Morbach im Gespräch (der TV berichtete).

Ein Rufbus soll auch in Wittlich ab Juli eingesetzt werden. Der habe über sein Einsatzgebiet verteilt so viele Haltestellen, dass man maximal 200 Meter gehen müsse, hieß es in einer Sitzung des Wittlicher Stadtrats (der TV berichtete). Im Eifelkreis hat sich ein ganz anderes System bewährt, das zwar nicht ganz so zuverlässig, dafür aber vollkommen kostenlos ist und jederzeit von jedem genutzt werden kann: die Mitfahrerbank.

Wer hier Platz nimmt, kann auf einem an der Bank befestigten Schild sein Ziel anzeigen. Hilfreiche motorisierte Mitbürger können den Sitztramper dann mitnehmen.

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