Burgenfest in Manderscheid: Mit Schwert, Kettenhemd und Sonnenschirm
Manderscheid · Mittelalter und Neuzeit sind beim 32. Burgenfest am Wochenende aufeinandergetroffen. Besucher, Darsteller und Händler litten unter hohen Temperaturen. Trotzdem lockten Mittelaltermarkt, Turnier und Feuerwerk viele Gäste auf die Niederburg.
"Könnte das Volk noch drei Meter zurücktreten? Der Gestank irritiert mein Pferd!" Beliebt macht sich Raubritter Norbert zur Wilden Hüh beim Publikum nicht. Natürlich nicht, er ist ja auch "der Böse" beim Ritterturnier des Burgenfests in Manderscheid. Seine Mannen haben einen kostbaren Kelch gestohlen, den der Erzbischof dem Graf von Manderscheid schenken wollte. Nun soll ein Turnier entscheiden, wer den Kelch erhält.
Die Buhrufe und Pfiffe für die Raubritter fallen jedoch träge aus - ebenso wie der Jubel für den edlen Martin von Manderscheid. Bei Temperaturen weit über 30 Grad zieht sich das Publikum lieber in den Schatten zurück und genießt das Spektakel aus der Ferne. Doch die Kinder sitzen, entgegen den Sonnenbrand-Bedenken vieler besorgter Mütter, direkt am Rand des Turnierfelds und bestaunen mit großen Augen die vorbeipreschenden Ritter.
Jenen, die der Hitze trotzen, wird einiges geboten. Bereits auf dem Weg von der Burg hinunter in das kleine Tal mit dem Turnierplatz ist die charakteristische Klangkulisse zu hören: Dudelsäcke und Lauten, Hufgetrappel, Jubelschreie, oft buchstäblich "Jubel"-Schreie, Schellenklirren und ein Gemurmel aus verschiedenen Sprachen. Französisch, Luxemburgisch, Holländisch und ganz besonders Englisch sind überall zu hören.
Eröffnet wird das Fest von Stadtbürgermeister Günter Krämer, der in mittelalterlicher Gewandung den obersten Magistratus gibt. Nach der Eröffnung bleibt sein Mikrofon einen Moment zu lange eingeschaltet; man hört die gemurmelte Frage: "Hatten wir's schon mal so heiß?"
Wahrscheinlich nicht. "Nicht nur die Besucher leiden unter der Hitze, sondern auch die Besucherzahlen", befürchtet Rainer Schmitz. "Abends war wieder viel los, aber gerade der Samstagnachmittag hat uns die Bilanz etwas verhagelt."
Auch auf das Unterhaltungsprogramm wirkt sich die Hitze aus. Die Show der historischen Falknerei Columbarius fällt weniger dynamisch aus als gewohnt. "Die Vögel sind gut trainiert, aber bei den Temperaturen haben sie auch keine große Lust", erklärt Falkner Joachim Roesner. "In freier Wildbahn würden sie jetzt im Schatten sitzen."
Eine unbeabsichtigte Hauptattraktion ist der Wassergraben, der das Festgelände umgibt. Hier tummelt sich am Nachmittag der größte Teil der Besucher und Darsteller, um die Füße ins kalte Nass zu strecken. Fächer, Sonnenschirme und ungewöhnlich moderne Handventilatoren werden weitergereicht von Burgfräulein zu Landknecht zu Langhaarigem in Jeans und T-Shirt.
Steven Klein von der Lagergruppe Von Isenburg-Büdingen erklärt, dass seine scheinbar schwere mittelalterliche Kleidung eigentlich kühl hält. "Sie ist aus Leinen, weit und luftig, man kann die Hose sogar so abbinden, dass noch mehr Luft drunterkommt - eine mittelalterliche Klimaanlage sozusagen." Ihm gefällt das besondere Flair des Manderscheider Burgenfests. "Mit diesem abgeschlossenen Bereich zwischen zwei Burgen und keinen modernen Häusern in Sicht hat man das Gefühl, eine andere Welt zu betreten."