"Da muss man durch"

WITTLICH-WENGEROHR. "Das ist hier die reinste Rennstrecke": Seit die Ortsdurchfahrt Wengerohr wegen Straßenbauarbeiten gesperrt ist, rollt der komplette Schwerlastverkehr durch ein Wohngebiet in dem Wittlicher Stadtteil. Die Anwohner kommen wegen des hohen Verkehrsaufkommens kaum aus ihren Garageneinfahrten raus und sind den Lärm leid.

Den 18. August können viele Wengerohrer kaum erwarten. Nicht nur, weil dann Säubrenner-Kirmes ist, sondern vor allem weil zu diesem Termin endlich die Ortsdurchfahrt durch den Wittlicher Stadtteil saniert ist. So lange rollt der Verkehr durch die Eifeler Straße nach Belingen zum Industriegebiet. Lastwagen an Lastwagen. Keine drei Minuten, in denen kein LKW die Straße passiert. "Das ist noch gar nichts. Sie müssten mal nachts kommen. Ab 4 Uhr mache ich kein Auge mehr zu", sagt Ghassan Beth, Inhaber des Gasthofs "Zur Linde". Er berichtet von einem Gast, der eine Übernachtung mit Frühstück gebucht und bezahlt hatte, morgens aber nicht mehr zum Frühstück erschien. "Später haben mir Nachbarn erzählt, dass er nachts um 3 Uhr abgereist sei", sagt der Wirt. Eine holländische Familie, die eigentlich fünf Tage bleiben wollte, habe nach der ersten Nacht gefragt, ob sie wegen des Lärms von ihrer Buchung zurücktreten könne. Beth: "Klar, verstehe ich das. Unsere Kinder können wegen dem Krach ja auch nicht mehr schlafen." Eine Erfahrung, die auch andere Familien derzeit in Wengerohr machen. "Unsere acht Monate alte Tochter bekommen wir kaum zum Schlafen. Kaum ist sie eingeschlafen, wacht sie wegen dem Gerumpels auf der Straße wieder schreiend auf", sagt Umleitungs-Anwohnerin Gelina Dercik. Aus ihrer Garageneinfahrt kommt sie - ähnlich wie ihre Nachbarn - morgens kaum raus. "Manchmal sitze ich zehn Minuten im Auto und warte auf eine Lücke. Gott sei dank ist das bald alles vorbei", sagt Dercik. Auch die Kunden vom Frisörladen "Intercoiffure Alexandra Kerpen" müssen auf dem Parkplatz mächtig rangieren, bevor sie eine Chance haben, mit ihren Autos auf die Straße setzen zu können. "Als es so heiß war, und wir zum Lüften Tür und Fenster offen lassen mussten, war es kaum auszuhalten. An Entspannung war beim dem Lärm nicht zu denken", sagt Frisörin Manuela Wierse. Am schlimmsten ist es nachts

Wer zum Industriegebiet will, wer Orte an der Mosel ansteuert oder von dort Richtung Wittlich rollt - jeder poltert durch das Wengerohrer Wohngebiet. Aber nicht nur die Menge der Lastwagen macht den Anwohnern zu schaffen. Die meisten LKW sind zudem auch zu schnell unterwegs. "Ein Tag war mal die Polizei da und hat sich das angesehen. Aber das war eine einmalige Aktion", sagt Dagmar Esseln, Verkäuferin in "Petrys Backshop". Sie ist schon öfter erschrocken, wenn sie Lastwagen mit quietschenden Reifen abbremsen hörte. "Hier sind ja auch viele Kinder", sagt Esseln und verweist auf Schule und Kindergarten, die an der Umleitungsstrecke liegen. Glücklicherweise sind derzeit Ferien und nur wenige Kinder kreuzen die Straße. Ein weiteres Problem: Parkt auch nur ein einziges Fahrzeug am Straßenrand, staut sich der nachfolgende Verkehr in wenigen Minuten hunderte von Metern, weil die Straße so viel befahren ist. Doch nachts, wenn der Großteil des Schwerlastverkehrs über die Straße rollt, ist es für die Anwohner am schlimmsten. "Das rattert. Das ist einfach schrecklich. Dann ist hier die reinste Rennstrecke", sagt Margot Leroy: "Aber bis zum 18. August müssen wir das wohl hinnehmen." Ähnlich sieht es Ortsvorsteher Theodor Brock: "Da muss man durch. Für die Anwohner ist es natürlich schlimm. Aber was sollen wir machen?" Auch er weiß, dass sich einige LKW-Fahrer nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzungen halten. "Deshalb ist die Ortsumgehung so wichtig", sagt Brock. Anfang März war Baustart für die 4,7 Kilometer lange Umgehungsstrecke, die Wengerohr von den täglich 26 000 Fahrzeugen befreien soll (der TV berichtete). Die erste Brücke steht bereits, es folgt eine Unterführung unter der Bahnlinie, dann die eigentliche Umgehungsstraße. 10,6 Millionen Euro sind dafür im Landeshaushalt veranschlagt. "Ich denke, dass wir die Umgehungsstraße in dreieinhalb Jahren einweihen können", sagt Brock. Bis dahin bleibt die Aussicht auf den 18. August.

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