"Das ist der härteste Job, aber ein ehrbarer Beruf"

Wittlich · Heute hier - morgen dort: In der Nacht Schwertransporter fahren, ein 50 Meter Riesenrad aufbauen, am Fahrkartenschalter Kunden bedienen: Das Leben als Schausteller sei extrem hart, sagt der Bonner Horst Kümpel (58), der seit 27 Jahren in dieser Branche und auf der Wittlicher Säubrennerkirmes am Riesenrad Jupiter arbeitet.

Wittlich. Horst Kümpel, ein kerniger Bonner mit rheinischem Dialekt, kassiert bei der Wittlicher Säubrennerkirmes die Fahrgäste am Riesenrad Jupiter ab. So lang die Schlange vor seinem Glashäuschen auch sein mag - Kümpel kassiert mit Sorgfalt und Freundlichkeit. Zwölf Sekunden pro Kunde - in dieser Zeitspanne reißt der 58-Jährige Fahrkarten von zwei dicken Rollen und schiebt sie über die Holztheke durch eine schmale Öffnung seiner Glaskabine nach draußen. Entgegengestreckte Geldscheine lässt seine rechte Hand gekonnt in einer massiven Holzschublade vor seinem Bauch verschwinden und legt auf dem Rückweg das Wechselgeld auf den Tresen.
"Ein Ehrenkodex in unserem Beruf ist die Korrektheit gegenüber den Kunden - besonders Kindern", sagt Kümpel. Wenn ein Kind Wechselgeld liegen lasse, sei er sofort raus aus der Kabine und hinterher. "Schausteller haben sowieso Flair. In unserer Branche gibt es einen sehr starken Zusammenhalt."
"Hier können auch keine Schlafmützen und Faulpelze arbeiten", so Kümpel. Die könne man auf dem Kirmesplatz nicht brauchen. "Das ist einer der härtesten Jobs überhaupt." Weil man die unterschiedlichsten Arbeitszeiten habe und es keinen festen Rhythmus gebe. "Heute ist man hier und morgen Nacht muss man vielleicht schon in Wilhelmshaven aufbauen", erzählt er.
Das 50 Meter hohe Riesenrad Jupiter hat acht Mann Personal und ist innerhalb von zwei Tagen auf- oder abgebaut. Kümpel: "Ich bin Mädchen für alles." Er fahre mit dem Schwertransporter Teile des Riesenrads von einer Veranstaltung zur nächsten, helfe beim Aufbau, und mache die Kasse.
"Die Leute wissen nicht viel von Schaustellern, außer dass sie dicke Autos mit exklusiven Wohnwagen fahren", sagt Kümpel und fügt an. "Wer so hart arbeitet, der will in seiner Freizeit nicht in einem kleinen Wägelchen rumgurken."
Trotzdem kennt der Schausteller auch ruhigere Zeiten. "Zwischen den Rummeln bin ich viel zu Hause in Bonn und im Januar und Februar werden Fahrzeuge und Material gepflegt." Wenn er dann die Kollegen der anderen Fahrgeschäfte wieder auf der Kirmes treffe sei die Freude groß. Zudem sei er stolz, bei der Säubrennerkirmes dabei zu sein. "Das ist eine Traditionskirmes, wie es nur wenige in Deutschland gibt. Da ist man stolz, dass man einen Platz bekommen hat. Uns geht es auch nicht nur ums Geld."

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