"Das kann ja gar nicht wahr sein" - Fotoausstellung zeigt Schönheit der Vulkaneifel

Wittlich · Sven Nieder zeigt die Schönheit der Vulkaneifel als Lichtmalerei. Deshalb sind auf den grandiosen Fotos nicht nur Landschaft sondern auch Menschen drauf, die man nicht sieht. Das ist sagenhaft, und so heißt auch seine Ausstellung.

 Sehenswert: Sven Nieders Ausstellung „Sagenhafte Vulkaneifel“ im Alten Rathaus. TV-Fotos (2): Klaus Kimmling

Sehenswert: Sven Nieders Ausstellung „Sagenhafte Vulkaneifel“ im Alten Rathaus. TV-Fotos (2): Klaus Kimmling

Foto: (m_wil )

Wittlich So viel draußen, so viel leuchtender Märchenwald und trutziges Gestein unterm Nachtgewölk! Das ist Sven Nieders "Sagenhafte Vulkaneifel". So nennt sich die neue Ausstellung im Alten Rathaus, in der der gebürtige Birresborner und weltbewanderte Heimkehrer einen Ausschnitt seines fotografischen Schaffens zeigt. Alles sanft leuchtend hinter Glas, im Rechteck gebannt, in abgedunkelten Räumen, als schauten die Bilder auch den Betrachter an. Eine eigentümliche Wirkung, die insbesondere von den Arbeiten ausgeht, die Sven Nieder als Lichtmalerei geschaffen hat.
Und der Weg dahin ist neben viel Vorbereitung, Handwerk und eben auch Kunst ein großer Spaß! So sind für die Aufnahmen Menschen mit Taschenlampen nach Nieders Regie um Kapelle, Maar, Burg oder Berg gelaufen, haben zum nächtlichen Himmelslicht ihre menschliche Spur gezogen. Auch wenn sie selbst durch die lange Belichtung nicht mehr zu sehen sind haben sie zu einer Fotografie beigetragen, die ihr Motiv auf einzigartige Weise mit einer Art schlichten Magie buchstäblich erhellt. Ganz ohne Pathos, ganz klar. So geben diese Arbeiten einer kleinen erhabenen Zeitspanne Raum, wie einem Dreh, oder einem Ton, der nachhalt. Das aber alles ohne vordergründigen Effekt. Ebenso wie das schlichte Kapellchen manchem einfach ein heiliger Ort ist, ohne Brimborium, nicht mehr und nicht weniger. Sven Nieder hat quasi mit seiner Imagination nachgeholfen, sichtbar gemacht. Das fasziniert die Menschen.
Wie sonst ist das Rieseninteresse an der Vernissage zu erklären, die in die Synagoge verlagert werden muss. Das freut ihn. Einen Tag zuvor bereitet er in den abgedunkelten Räumen die Ausstellung mit seiner Galeristin Stefanie Mayer-Augarde vor. Es läuft sehr entspannt ab. Ein kluger Mensch ohne Allüre, jemand, der weiß, was er kann und sich darüber freut: "Was meinen Sie, was das für einen Spaß macht", sagt er und "Ja, und ich kann davon leben. Mancher sagt ja, ich wäre ein Spinner." Er lacht. "Ja sind Sie ein Spinner?" "Ja unbedingt! Ich bin jemand, der an unmöglichen Orten ein Netz spinnt, an dem sich Dinge verfangen, aber sich auch andere festhalten können", sagt er. Vielleicht ist er ein Sucher, der findet, könnte man auch sagen. Der wertschätzt, was ihm zunächst ohne Zutun geschenkt wurde: Heimat, Familie und damit eben die Fotografentradition, die mit dem Großvater begonnen hat. "Er war Pionier und das in dem kleinen Birresborn. Einer der ersten der Farbbilder gemacht hat", erinnert sich der erfolgreiche Enkel, der diese Passion ererbt hat. Und ihn hat die alte Heimat, nach dem Leben in der Großstadt, dem was man "Welt" nennt, wieder aufgefangen. Als die Entscheidung anstand, nach Kopenhagen zu ziehen, hat er sich doch mit seiner Frau wieder für die "Qualitätsprovinz", das Herz der Vulkaneifel entschieden, wo nicht "alles gegen alles kämpft". Eine Landschaft, die noch "Raum und Zeit" parat hat für den, der das schätzt. Und ihn offensichtlich auf richtig gute Ideen bringt. Etwa die Luftbilder seiner Heimat. "Das war genau die Zeit vor den Drohnen. Da waren wir Trendsetter."
Arbeiten aus dieser Zeit sind auch in Wittlich zu sehen. Sie zeigen die unfassbar schöne Landschaft wie im Vogelflug. "Ich wollte dabei den Geruch der Eifel vom Wald im Herbst zeigen", sagt er. Wie geduldig er seine Ideen verfolgt, zeigen vielleicht die auf den ersten Blick schlichtesten Arbeiten, die im ersten Saal hängen. Es sind überzeugend grafisch wirkende Schwarz-Weiß-Aufnahmen von knorrigen Zäunen, Wegbiegungen, verweht im Schnee, nur belebt vom laublosen Baum etwa, als suche man aus der Perspektive eines Habichts nach einer Bewegung.
Auch wenn die Arbeiten für sich allein bestehen, ist ihm wichtig, wie sie zustande gekommen sind, das "making off" ist elementarer Bestandteil seiner Projekte. In der Ausstellung werden dafür auch QR-Codes eingesetzt, die Erklärungen abrufbar machen. Man sollte sich also Zeit lassen. Er selbst erklärt kurz zu den Schneebildern: "Da muss das Wetter stimmen, frischer Schnee, man muss einen verrückten Piloten haben, der mit offenem Fenster bei minus zehn Grad fliegt. Dann hofft man beim Start auf perfektes Licht, aber der Himmel muss erst aufreißen: Und dann kommt der Moment, wo es passt und man denkt: ,Das kann ja gar nicht wahr sein.'" "Ich habe eine magische Kiste, mit der kann ich Licht einfangen. Vor mehr als wenigen hundert Jahren wäre man dafür wegen Hexerei verbrannt worden."
Was er macht, ist keine Hexerei. Sein Handwerk hat er von der Pike auf gelernt, anschließend unter anderem Film- und Fotodesign studiert und all die Zeit ist er einem elementarem Phänomen auf der Spur geblieben: dem Licht, etwas was man mit dem Verstand nicht fassen kann.
"Es ist nicht greifbar, das Schnellste, was wir kennen! Was mache ich? Ich verwandle diese Energie in etwas, das bleibt." Und das will er nicht im "Massengrab Fotografie" beerdigen, wie unlängst getitelt wurde. Er zieht einen Vergleich zur Musik: "Ich versuche mit unseren Büchern und Bildern die Vinylplatte zu machen - und eben nicht die CD."Extra: AUSSTELLUNG IST BIS ENDE JANUAR ZU SEHEN

 Großes Interesse: Viele Besucher kamen zur Vernissage.

Großes Interesse: Viele Besucher kamen zur Vernissage.

Foto: (m_wil )


Die Ausstellung "Sagenhafte Vulkaneifel in der städtischen Galerie im Alten Rathaus ist bis 31. Januar 2018 zu sehen. Sie ist Dienstag bis Samstag von 11 bis 17 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt für Erwachsene beträgt drei Euro.

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