Der Bus kommt, aber niemand steigt ein

WITTLICH. Die Zeit drängt, doch getan hat sich nicht viel: Ab Montag übernimmt der Kreis nicht länger die Kosten für die Beförderung der Kinder aus Dorf in die Kindertagesstätte Neuerburg. Die Rhein-Mosel-Verkehrsgesellschaft (RMV) bietet an, die Kinder auf Kosten der Eltern weiter zu transportieren, doch das Verkehrsunternehmen darf keine Verträge mit Privatleuten machen. Deshalb hängen die Dorfer Eltern in der Luft: Denn Kreis und Stadt werden sich nicht einig, wer zuständig ist.

Heute fährt die RMV die Kinder aus Wittlich-Dorf offiziell zum letzten Mal auf Kosten der Kreisverwaltung zur Kindertagesstätte im Nachbar-Stadtteil Neuerburg. Der Grund: Da zwischen Neuerburg und Dorf kaum noch eine Baulücke existiert, entfällt der gesetzlich verankerte Beförderungsanspruch von einem Stadtteil in den anderen (siehe Hintergrund). Ein Schicksal, dass die Dorfer mit Familien aus den Klausener Ortsteilen Pohlbach und Krames sowie den Morbacher Ortsteilen Hoxel und Morscheid-Riedenburg teilen (der TV berichtete mehrfach). Wohl ahnend, dass die Streichung der Kita-Busse die Eltern nicht gerade beglücken wird und Berufstätige sogar in arge Bedrängnis bringt, hatten sich Kreisverwaltung und RMV eine Alternative überlegt. Ergebnis: Sofern die Eltern die Kosten übernehmen, befördert das Verkehrsunternehmen die Kinder auch weiterhin. Schließlich fahren die Busse ja ohnehin durch die entsprechenden Stadt- und Ortsteile. Das Angebot: Elf Euro pro Monat à zehn Monate im Jahr, also 110 Euro pro Jahr.Jenseits der Frage, ob alle Eltern sich diesen Preis leisten können - zumal wenn sie mehrere Kinder haben - gibt es trotz des Alternativ-Angebots in Dorf noch ein ganz anderes Problem: Bisher wollen weder der Kreis noch die Stadt Wittlich als Träger der Einrichtung als Verhandlungspartner der RMV die Abrechnungs-Formalitäten übernehmen.

Doch die RMV darf keine Verträge mit Privatleuten machen, sondern nur mit Vereinen oder Kommunen. Da die Kita Neuerburg keinen Förderverein hat, fällt diese Option zumindest als kurzfristige Lösung weg. Einzelverträge mit Eltern seien rechtlich nicht möglich, so das Unternehmen, da Einzelpersonen Fahrkarten nach geltendem Tarif lösen müssen.

Während die Gemeinden Klausen und Morbach als Träger der dortigen Kindergärten nun Abrechnungspartner der RMV sind, sträubt sich die Stadt Wittlich diesen Job zu übernehmen. "Die Stadt ist für die Beförderung der Kinder nicht zuständig. Das ist rechtlich klar zugewiesene Angelegenheit des Kreises, der als zuständiger Träger keine Beförderungspflicht nach dem Kita-Gesetz mehr sieht. Diese Sichtweise würde nach der Rechtsauffassung der Stadtverwaltung natürlich auch für andere Körperschaften gelten. Die Stadt muss schon daher rechtliche Bedenken haben, selbst einen Beförderungsvertrag mit der RMV abzuschließen", sagte Simone Röhr von der Pressestelle der Stadtverwaltung. Darüber hinaus könne die Stadt sowohl aus "haushalterischen als auch aus personellen Gründen" die Fahrgelder der betroffenen Eltern nicht verwalten und verwahren. Die Kreisverwaltung wiederum argumentiert: "Weil für die Dorfer Kinder kein Beförderungsanspruch besteht, sieht sich der Kreis auch nicht in der Verantwortung, Abrechnungspartner der RMV für diese Kinder zu sein." Schließlich wolle man ja eine Gleichbehandlung im Kreisgebiet erreichen. Da sei es nicht angemessen, für die Dorfer einen Service zu bieten, den man für andere Kinder ohne Beförderungsanspruch auch nicht leistet.

Für die Dorfer Eltern ist das nur ein schwacher Trost: Sie können selbst nicht als Abrechnungspartner gegenüber der RMV auftreten, der Kreis fühlt sich nicht mehr zuständig und die Stadt Wittlich auch nicht. Hinzu kommt: Wegen der Sommerferien war es der Vorsitzenden des Elternausschusses der Kita Neuerburg, Ruth Thiesen, nicht möglich zu ermitteln, wie groß das Interesse in der Elternschaft überhaupt an einem privat zu finanzierenden Kita-Transport ist. Denn das RMV-Angebot gilt nicht nur für Kinder aus Dorf, sondern auch für Familien aus Neuerburg, die bisher ihre Kinder ja alle selbst fahren mussten. Die Elternvorsitzende befürchtet, dass demnächst manche Kinder nur noch sporadisch zur Kita kommen können - eben dann, wenn ihre berufstätigen Eltern je nach Schichtdienst Zeit haben, sie zu bringen. Dass die Stadt nicht in die Bresche springt, können die Eltern nicht verstehen: "Die ziehen doch sowieso die Kita-Beiträge ein, da wäre es doch kein Problem, auch die Bus-Gebühren abzurechnen."

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