Der Männer-Spielplatz: Der TV schaut hinter die Kulissen der Wittlicher Autoverwertung

Wittlich · Zertrümmern und ausschlachten: Die Mitarbeiter der Wittlicher Autoverwertung Becker sind nicht zimperlich, wenn es darum geht, aus den schrottreifen Wagen brauchbare Teile zu gewinnen. TV-Reporter Christian Moeris schaut den Männern vom Schrottplatz und den Kunden bei der Teilesuche über die Schulter.

Der Männer-Spielplatz: Der TV schaut hinter die Kulissen der Wittlicher Autoverwertung
Foto: Christian Moeris

Adrian Lopez schirmt sein Gesicht mit den Händen ab und presst den Kopf an die trübe Beifahrerscheibe des alten BMW 320i, der auf dem Wittlicher Schrottplatz vor sich hin rostet. Der lagunengrüne Wagen lagert - auf alte Felgen gestapelt - zwischen 350 anderen ausgemusterten und demolierten Karossen auf dem Schrottplatz der Wittlicher Autoverwertung Becker. Lopez späht in den Innenraum des Fahrzeugs. Er ist auf der Suche nach einem Ersatzteil, einem Bedienknopf für die elektronischen Fensterheber seines Wagens.

Doch die Unterbodenverkleidung aus Kunststoff, die auf den vorderen Sitzen lagert, verdeckt ihm die Sicht auf die Mittelkonsole. Um sich Einblicke zu verschaffen, muss der Fallschirmspringer von der Airbase Spangdahlem die Fahrertür öffnen und einige Teile aus dem Weg räumen.Glück bei der Suche


"Direkt beim ersten Versuch", ruft der Soldat nach kurzem Wühlen seinem Kameraden zu, der ihn bei seiner Jagd nach Ersatzteilen auf dem Wittlicher Schrottplatz begleitet. Es lagern zwar mehrere baugleiche Fahrzeuge auf dem Schrottplatz. Aber es gibt keine Garantie dafür, dass nicht schon jemand vor Lopez den Fensterheber ausgebaut hat. Mit wenigen Handgriffen hat er den Plastikknopf aus der Armatur gehebelt und die elektronische Leitung mit einer Spitzzange gekappt. Der Fallschirmspringer grinst und hebt das erbeutete Teil stolz in die Höhe. Lopez: "Im Vergleich zu einem Neuteil zahle ich hier auf dem Schrottplatz nicht mal den halben Preis."

Vom oberen Ende des Schrottplatzes dröhnen Maschinengeräusche, Metall knirscht, Kunststoff kracht. Patrick Schwass, Betriebsbeauftragter für Abfall, arbeitet mit seinem "Lieblingsspielzeug", dem Greifarm am 25 Tonnen schweren Bagger. Mit der gewaltigen Metallklaue am Baggerarm zerquetscht er den 1200 Kilo schweren Honda Acura samt seiner ledernen Innenausstattung wie ein Spielzeugauto. Schwass setzt den Wagen wieder auf den Boden ab und lässt den zusammengeballten Greifarm wie eine Abrissbirne auf das Wagendach krachen. Innerhalb weniger Minuten staucht er den Mittelklassewagen mit seinen runden Linien zu einem kantigen Rechteck zusammen. "Wenn du deine Ruhe hast, macht das am meisten Spaß", sagt Schwass. Die zusammengepressten Schrottwürfel werden als Altmetall verkauft und recycelt.8000 Ersatzteile


In der Werkstatt rattern die mit Druckluft betriebenen Schlagschrauber. "Bevor die Unfallwagen auf den Schrottplatz kommen, müssen sie trockengelegt werden", erklärt Geschäftsführer Jörg Kebschull (43), der seit 25 Jahren auf dem Schrottplatz seines Großvaters Rudolf Becker arbeitet. "Bremsflüssigkeit, Kühlmittel, Öl und Kraftstoff: Alles, was das Grundwasser gefährden könnte, wird abgepumpt und fachgerecht entsorgt", sagt Kebschull. Der gelernte Automechaniker musste zahlreiche Lehrgänge absolvieren, die ihn für die Arbeit auf dem Schrottplatz qualifizieren.

"Man lernt zum Beispiel den Umgang mit Sprengstoff, der die Airbags auslöst." Bevor ein Gabelstapler das Fahrzeug draußen auf den Platz karrt, bauen die Monteure noch wertvolle Ersatzteile aus, nach denen Kunden häufig fragen. "Die werden ausgeschlachtet", sagt Kebschull. Auspuff, Anlasser, Außenspiegel, Lichtmaschinen, Stoßstangen und viele weitere Teile, die beim klassischen Parkrempler zerstört werden, legen die Monteure ins Teilelager der Autoverwertung. Derzeit halten die Autoverwerter 8000 Ersatzteile vorrätig.Feierabendbier nach harter Arbeit


Erst am späten Nachmittag kommt Betrieb auf. Denn viele Kunden finden erst nach ihrem Feierabend die Muße, um gemütlich über den Platz zu schlendern. Gegen 16 Uhr bummelt Familie Rindsfüsser aus Zeltingen-Rachtig zwischen den Schrottkarossen. Wir brauchen einen Außenspiegel für unseren Opel", sagt Sascha Rindsfüsser. Seine Frau Sandra erklärt, warum: "Ich bin, rückwärts aus der Garage gefahren und habe den Seitenabstand zur Wand nicht richtig eingeschätzt." Die Familie hat Glück. Direkt in der Nähe des Eingangs finden sie einen baugleichen Wagen - sogar noch in der gesuchten Farbe.

Doch Rindsfüsser hat sein Werkzeug vergessen und bittet im Büro der Autoverwertung um einen Schraubenzieher. Da der Betrieb kein Werkzeug verleiht - Kunden müssen sich zur Demontage selbst welches mitbringen - hilft Schwass aus. In wenigen Sekunden hat er den Außenspiegel ausgebaut und überreicht ihn der Familie. Rindsfüsser: "Neu kostet der 450 Euro. Hier zahle ich 50 Euro." Kurz vor 18 Uhr - Kebschull hat den ganzen Tag Schrott verladen, Motoren und Achsen ausgebaut - gönnen sich die Männer in der Werkstatt ein Feierabendbier. Kebschull: "Mir tun die Knochen weh."

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