Der einfache Obstler reicht nicht mehr

Wittlich · Die kleinen ländlichen Schnapsbrennereien müssen sich umstellen. Ende 2017 läuft das Branntweinmonopol aus. Es garantiert den Kleinbrennern den Absatz des Obstalkohols zu einem festen Preis. Der Verband der Rheinischen und Saarländischen Klein- und Obstbrenner, der gestern in Wittlich tagte, will seine Mitglieder schulen, damit sie ihren Schnaps besser selbst vermarkten.

Wittlich. 550 Brenner vertritt der Verband Rheinischer und Saarländischer Klein- und Obstbrenner. Die meisten Mitglieder gibt es in der Eifel und an der Mosel. Rund 150 waren gestern zur Mitgliederversammlung nach Wittlich gekommen. Sie müssen sich auf gravierende Änderungen einstellen.
Landwirte und Winzer betreiben oft im Nebenerwerb eine sogenannte Abfindungsbrennerei. Sie verarbeiten Früchte von Streuobstwiesen und tragen damit zum Erhalt der Kulturlandschaft bei. Aufgrund der Vorgabe der EU läuft zum 31. Dezember 2017 das Branntweinmonopol aus. Die Kleinbrenner dürfen dann keinen Agraralkohol mehr, für den es einen vom Staat gesetzlich garantierten Preis gibt, an die Industrie abliefern. Sie müssen also sämtliche Destillate, die sie erzeugen, selbst vermarkten. Verbandsvorsitzender Bernhard Bares aus Trimport (Eifelkreis Bitburg-Prüm) sagt: "Der eine oder andere wird das nicht können und das Brennen aufgeben. Unser Verband wird aber auch Mitglieder schulen, um sie auf die neue Situation vorzubereiten."
Ein möglicher Weg: Die Brenner müssen noch stärker auf Qualität und Regionalität setzen.
Das rät auch der parlamentarische Staatssekretär aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium, Peter Bleser, der auf der Mitgliederversammlung sprach. Bleser: "Gute Marktchancen sehe ich für qualitativ hochwertige Brände." Bleser rät den Kleinbrennern in Marketing und Fortbildung zu investieren, und sie sollten sich an Prämierungswettbewerben beteiligen. Ferner könne es lohnend sein, in Form von Erzeugerzusammenschlüssen die Brände künftig bundesweit zu vermarkten.
Mehr Zusammenschlüsse


Bleser nannte als positives Beispiel die Gemeinschaft "Eifel Premium", in der sich engagierte Obstbrenner zusammengeschlossen haben. Ein Mitglied sagte am Rande der Versammlung zu den Perspektiven der Kleinbrenner: "Der einfache Obstler wird wohl nicht mehr reichen."
Beschlossen ist auch das Alkoholsteuergesetz. Dass dies im Bundestag einstimmig erfolgte, wertet Bares als breite Unterstützung der Klein- und Obstbrenner. Details müssen jetzt allerdings noch in einer Verordnung festgelegt werden. Dabei geht es unter anderem um die Frage, ob künftig auch Früchte in Abfindungsbrennereien verarbeitet werden dürfen, die, wie zum Beispiel Feigen oder Kiwis, heimisch geworden sind.
Staatssekretär Bleser ist davon überzeugt, dass Klein- und Obstbrennereien, die qualitativ hochwertige und besondere Spirituosen-Spezialitäten vermarkten, auch nach Auslaufen des Branntweinmonopols eine Zukunft haben werden. Bleser: "Die Kleinbrennereien gibt es in Deutschland seit Anfang des 18. Jahrhunderts. Und so wie es eine geschichtsträchtige Zeit der Brennereien vor dem Branntweinmonopol gab, wird es die Kleinbrennereien als Kulturgut auch nach dem Branntweinmonopol weitergeben."
Extra

In Deutschland - fast ausschließlich im südwestdeutschen Raum - gibt es derzeit rund 16 000 sogenannte Abfindungsbrennereien, davon 1550 in Rheinland-Pfalz. Abfindungsbrennereien sind zollamtlich nicht verschlossen. Das gewonnene Destillat muss im Unterschied zu den Verschlussbrennereien nicht mit Messinstrumenten erfasst werden. Vielmehr wird bei den Abfindungsbrennereien im Voraus anhand amtlicher Ausbeutesätze der Alkohol errechnet. In der Regel verbleibt den Abfindungsbrennereien, die über ein jährliches Brennkontingent von 300 Liter reinem Alkohol verfügen, eine steuerfreie Überausbeute. Auch nach Ende des Branntweinmonopols wird es Abfindungsbrennereien in der bisherigen Form weiter geben. Allerdings endet für sie ein Schutz- und Förderinstrument, das seit 1918 Bestand hat. Das Monopol garantierte den Kleinbrennern den Absatz des Obstalkohols zu einem gesetzlich garantierten Preis. Der Bund zahlte dafür zuletzt jährlich 80 Millionen Euro. sim

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