Der rote Teppich reicht jetzt bis nach Hause - Barbara Philipp aus Wittlich erhält den Kulturpreis

Wittlich/Berlin · Sie hat in "Die andere Heimat" mitgespielt, der in drei wichtigsten Kategorien den Deutschen Filmpreis bekommen hat, und dabei hat sie eine Laudatio auf Edgar Reitz gehalten. Ihr neuester Tatort gilt schon jetzt als außergewöhnlich und hat bei zwei Festivals überzeugt. Jetzt wird sie in ihrer Heimat für ihre schauspielerische Leistung geehrt: Barbara Philipp bekommt den Kulturpreis des Landkreises Bernkastel-Wittlich.

Roter Teppich beim Premierenfestival in München: Sie trägt Vintage Mode: Sie ist im umgenähten alten Seidenkleid dabei. An ihrem Kettchen baumelt eine Brezel, die hat sie wegen München extra bei einer Modedesignerin bestellt: All das passt zur unkomplizierten Eigenwilligkeit von Barbara Philipp. Dann roter Teppich beim Festival des Deutschen Films in Ludwigshafen: Barbara Philipp läuft auch über ihn. "Das Kleid ist da schon etwas zerknittert. Denn wir haben vorher das WM-Spiel Deutschland gegen Frankreich geguckt", sagt sie, als sie ihr Festivalfoto sieht. Jetzt trägt sie einen weißen Anorak mit Kapuze. Es regnet in der Heimat. Sie isst bedacht ein Eis im Hörnchen und erzählt dazu von einer "großen Rachegeschichte. 47 Menschen sterben. Ich habe den Tatort jetzt drei Mal gesehen und finde ihn jedes Mal besser."
Dieser Murot-Tatort, in dem sie wieder an Ulrich Tukurs Seite spielt, hat vor seiner Fernsehausstrahlung schon beim Münchner Premierenfestival überzeugt, den Bernd-Burgemeister-Preis und den Medienkulturpreis für eine besonders gelungene, vorbildhafte neue Fernsehfilm-Produktion bekommen. Zudem als i-Tüpfelchen den Publikumspreis beim Festival des deutschen Films in Ludwigshafen. Alles gerade passiert. Barbara Philipp freut sich: "Wenn man sagt, dieses Jahr ist das Jahr der Preise für die Filme, in denen ich mitgewirkt habe, ist das doch eine ganz gute Schleife, wenn ich dieses Jahr auch in der Heimat einen Preis bekomme. Und die anderen Preise bedeuten eher Ruhm und Ehre, auch wenn sie dotiert sind, habe ich finanziell nichts davon."
So freut sich die gebürtige Wittlicherin, die in Berlin lebt, auf den mit 3000 Euro dotierten Kulturpreis des Landkreises Bernkastel-Wittlich, der ihr am 23. November überreicht werden wird: "Das wird wohl im Moselkino sein." Einen Termin für die Tatort-Ausstrahlung gibt es naturgemäß auch schon: Er heißt "Im Schmerz geboren" und wird am 12. Oktober in der ARD gezeigt.
Das Münchner und Ludwigshafener Premierenpublikum hat er bereits begeistert. In einer Kritik vom Festival des Deutschen Films heißt es, er sei "der wohl untypischste Tatort-Krimi aller Zeiten und wird mit Sicherheit noch in Jahren mit Klassikern der Reihe wie ,Reifezeugnis\', ,Zahn um Zahn\' oder ,Weil sie böse sind\' in einem Atemzug genannt werden." Mehr Vorschusslorbeeren gehen wohl nicht. Immerhin gibt der Publikumspreis in Ludwigshafen dieser Sicht Recht. Barbara Philipp sagt: "Das Publikum hat uns bestätigt, dass es so was angucken will. Das war das größte Lob für Regie und Drehbuch vor allem aber für die mutige Redaktion. Das hätte sich sonst keiner getraut.
Der Redakteur Jörg Himstedt und die Spielfilmchefin Liane Jessen vom Hessischen Rundfunk, die trauen sich was. Es ist an der Zeit für innovatives, neues Fernsehen. Man muss sich trauen, etwas anderes zu zeigen, als immer den gleichen Krimi. Es ist wichtig, als Macher mitzukriegen, wie das Publikum wirklich denkt, das intelligenter ist, als mancher es uns erzählen will. Man kann ihm eine ganze Menge zutrauen, jedenfalls mehr als das, was um 20.15 Uhr im Fernsehen zwischen Pilcher und Pater Braun läuft."
Das Eis ist jetzt gegessen. Barbara Philipp sucht auf ihrem I-Pad den Trailer von "Im Schmerz geboren": Die Dichte und Vielschichtigkeit der Bilder sind wie ein Strudel. Filmzitate flackern auf, die Musik hat etwas Opernhaftes, Bilder im Bild öffnen Zusatzebenen. Man merkt: Diese Geschichte will groß sein, groß wie es die Mythen sind, existenziell wie Biblisches, aber auch ihre Künstlichkeit nicht verstecken sondern sie als Stilmittel einsetzen und damit die Bühne, die der Film der Geschichte gibt, als Bühne zeigen. Ein Film, der verfremdet und dem Betrachter das Betrachten in ironischer Distanz ermöglicht. So dass trotz der 47 Toten - ähnlich wie vielleicht in einer Oper - "es zwischendurch auch sehr lustig ist. Das Publikum bei der Premiere hat auch gelacht", sagt Barbara Philipp und: "Es ist großes Kino, großes episches Erzählen. Es ist eine große Rachegeschichte zwischen zwei großen Männern, alten Freunden, die zu Feinden geworden sind und wie Kriegsherren Strategien und Armeen suchen." Eine der wiederkehrenden dramatischen, tragischen Geschichten der Menschheit, die die klassischen Tragödien der großen Griechen und Shakespeare schon erzählt haben.
Nun macht das ein Tatort. "Im Schmerz geboren" wird schon vor der Kulturpreis-Verleihung gelaufen sein. Dann hat Barbara Philipps\' Laudator ganz aktuellen Stoff für seine Rede.
Was ist ihr aktueller Lieblingsfim? Barbara Philipp: ,La grande bellezza\' fand ich echt nen Hammer, verdienter Oscar, um bei den Preisen zu bleiben."

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