Der "schwarze Sonntag" von Platten

Platten · Der 28. Januar 1945 hat sich als "schwarzer Sonntag" in die Geschichte der Ortsgemeinde Platten eingebrannt. An diesem Tag löschten drei Bombenteppiche alliierter Flieger die Leben von 85 Menschen im Dorf aus. Unter den Toten befanden sich 46 Kinder und Jugendliche, von denen 14 mit dem Pastor in der eingestürzten Pfarrkirche umkamen. Durch das heftige Bombardement wurden mehr als 50 Prozent der Bausubstanz und Infrastruktur des Ortes zerstört.

Platten. Der Ehrenfriedhof der Gemeinde Platten und das Mahnmal der Pfarrkirche St. Martin erinnern an ein schreckliches Weltkriegsereignis, das sich heute vor 70 Jahren in dem kleinen Dorf an der Lieser zugetragen hat. Am Nachmittag des 28. Januars 1945 griffen alliierte Flieger den seinerzeit 450 Einwohner zählenden Ort mit drei schweren Bombenteppichen an und hinterließen Tod und Zerstörung.
Johanna Jüngling, eine Überlebende des Luftangriffes, erinnert sich detailliert an den sogenannten "schwarzen Sonntag" von Platten: "Es war ein diesiger Tag und es lag Schnee. Der Gottesdienst war beendet und die Kirchenbesucher gingen nach Hause. Die Kommunionkinder blieben nach der Christenlehre noch in der Kirche und versammelten sich beim Pfarrer zum Kommunionunterricht. Gegen 14.50 Uhr hörte man Flieger kommen. Plötzlich fielen Bomben und dann hat es geknallt. Alles war schwarz und das Dorf war eine große Staubwolke." Eine Gruppe von Bombern hatte mehrere Ziele im Dorf anvisiert und zahlreiche Bomben abgeworfen. "Der Luftangriff forderte das Leben von insgesamt 85 Menschen. Darüber hinaus gab es zahlreiche Verwundete. Unter den Toten befanden sich 46 Kinder und Jugendliche (davon 40 aus Platten/Wahlholz), 20 Erwachsene (davon 16 Plattener Bürger), zehn Angehörige der deutschen Wehrmacht, drei französische und zwei russische Kriegsgefangene sowie vier Durchreisende", bilanziert Ortsbürgermeister Alfons Kuhnen.
Die Bomben vernichteten mehr als 50 Prozent der Bausubstanz und Infrastruktur des Ortes. Ein Teil der Bombenlast zerstörte insbesondere die Pfarrkirche und tötete vierzehn Kommunionkinder und den Pastor Johann Peter Schmitt. Der achtjährige Alfred Herges überlebte das Bombardement in den Trümmern des einstürzenden Gotteshauses trotz einer schweren Verletzung.
"Als Ursache des Angriffes gelten drei Funkstationen der deutschen Wehrmacht, die sich seinerzeit im ehemaligen Gasthaus Losen, im Distrikt "Rahns" sowie im Bereich der Weinbergstraße befanden", berichtet Hans Neumann, der den Luftangriff als Siebenjähriger überlebte. Sein älterer Bruder Josef kam in der Kirche ums Leben.
Nach den Bombeneinschlägen suchten die Überlebenden in den Trümmern des Dorfes nach ihren Angehörigen. Doch die Suche war schwierig und gefährlich, denn es gab viele Blindgänger und Minen, die jederzeit explodieren konnten. Norbert Hower, dessen achtjährige Schwester im Bombenhagel umkam, erinnert sich an die schweren Stunden: "Es gab ein großes Chaos und Durcheinander und man befürchtete, dass die Flieger zurückkommen und wieder angreifen." Der seinerzeit achtjährige Waldemar Hower überlebte den verheerenden Bombenangriff, da sein Großvater ihm den Ratschlag gab, nicht in die Kirche zu gehen. Da bereits am Morgen des 28. Januar feindliche Flugzeuge zu hören waren, sagte sein Opa zu ihm: "Bleib hier, die Flieger fliegen zu viel."
"Die Verletzten kamen nach Wengerohr in das Lazarett St. Paul. Da auch Wengerohr am folgenden Tag angegriffen wurde, erfolgte eine Verlegung der Kriegsversehrten nach Bernkastel-Kues. Die in Platten aufgefundenen Toten wurden in den ehemaligen Bürgersaal gebracht und später auf dem Gemeindefriedhof beerdigt", berichtet Johanna Jüngling, die eine Schwester bei dem Angriff verlor. Nach dem Krieg stattete man die Grabstätte der Opfer mit einheitlich gestalteten Kreuzen aus. Kuhnen: "Die Gräber sollen für immer erhalten bleiben, und besitzen deshalb ein zeitlich uneingeschränktes Ruherecht." Somit halten der Ehrenfriedhof und die zum Mahnmal umgestaltete Apsis der zerstörten Kirche die Erinnerung an den "schwarzen Sonntag" auch für zukünftige Generationen wach.
Am heutigen 70. Jahrestag findet um 19 Uhr ein Gedenkgottesdienst mit einer Lesung von Zeitzeugenberichten in der Plattener Pfarrkirche St. Martin statt.Extra

 Noch Jahre nach der Bombardierung des Dorfes im Zweiten Weltkrieg waren die Schäden in Platten sichtbar. Foto: Norbert Hower

Noch Jahre nach der Bombardierung des Dorfes im Zweiten Weltkrieg waren die Schäden in Platten sichtbar. Foto: Norbert Hower

Die katholische Pfarrkirche St. Martin wurde im Jahre 1792 von Plattener Bürgern erbaut. In den Jahren 1922 bis 1924 errichtete man einen Kirchenneubau, der sich an den bereits vorhandenen Kirchturm anschloss. Die alte Kirche diente fortan als Jugendheim und wurde im Zweiten Weltkrieg als französisches Gefangenenlager genutzt. Drei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erfolgte der Wiederaufbau der Plattener Kirche. Da der Neubau aus den 1920er Jahren zu stark beschädigt war, erfolgte eine Wiederherstellung des älteren Kirchengebäudes aus dem Baujahr 1792. Dabei erweiterte man das Gebäude durch ein zusätzliches Seitenschiff. phi

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