Die Bahn kommt - mit zwei Jahren Verspätung

Trier · 2018 sollten auf der Westtrasse in Trier eigentlich wieder Züge rollen. Nun ist klar: Vor 2020 wird das nichts. Für die Trierer ist das eine schlechte und gute Nachricht zugleich.

 Ausgebremst: Statt 2018 fahren auf der Westtrasse frühestens 2020 wieder Personenzüge. TV-Foto: Friedemann Vetter

Ausgebremst: Statt 2018 fahren auf der Westtrasse frühestens 2020 wieder Personenzüge. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Besonders erfreut sei er nicht gewesen, gibt Wolfram Leibe zu. Wer den Trierer Oberbürgermeister kennt, der weiß: Das ist bei ihm eine vornehme Umschreibung für "ziemlich sauer". Vergangene Woche erkundigte er sich bei der Bahn nach dem Stand der Planungen für die Inbetriebnahme der Westtrasse.
Daraufhin teilte ihm Gisbert Brauner, Leiter Vertrieb und Fahrplan bei der DB Netz AG, mit, dass Züge dort nicht wie vorgesehen wieder Ende 2018 rollen würden, sondern erst mehrere Jahre später.
Zur Erinnerung: Geplant ist, dass zunächst fünf Haltepunkte wieder in Betrieb genommen oder neu errichtet werden sollen. 19 Millionen Euro stellt das Land dafür zur Verfügung. Der ab 2018 dann besser ausgebaute Bahntakt soll mehr Menschen zur Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs motivieren und so die Verkehrslage in der Stadt entschärfen (siehe Extra).
Der Grund für die deutliche Verschiebung des Projekts liegt beim Eisenbahnbundesamt. Bisher gingen alle Akteure davon aus, man könne die frühere Bahnstrecke - die heute zeitweise als Ausweichroute für Güterzüge genutzt wird - einfach so wieder befahren. Nun verlangt das Eisenbahnbundesamt aber ein Planfeststellungsverfahren.
Das bedeutet: An der Planung müssen auch die sogenannten Träger öffentlicher Belange beteiligt werden. Das sind diverse Behörden, jede Menge Verbände und auch die Anwohner. Alle dürfen ihre Anregungen und Kritik an der Planung einbringen. Die Westtrasse wird nicht wie eine Reaktivierung einer Bahnstrecke behandelt, sondern so wie ein Neubau - auch wenn die Schienen längst liegen. So ein Beteiligungsverfahren kann Jahre dauern. Und ehe es nicht abgeschlossen ist, darf nicht gebaut werden, darf auch kein erweiterter Zugverkehr rollen.
Bis Spätsommer 2016 soll der nötige Genehmigungsplan für die Strecke fertig sein, bis 2018 soll dann das Beteiligungsverfahren dauern. Nach zwei Jahren Bauzeit könnten Ende 2020 die Züge rollen. Falls niemand im Rahmen der Beteiligung klagt - denn das könnte den Prozess erheblich verzögern.Wie ein Neubau


Die gute Nachricht aber ist: Vielleicht sind Klagen nicht nötig. Denn weil die Strecke nun wie ein Neubau behandelt wird, muss die Bahn auch für Lärmschutz sorgen, je nach Belastung an der Strecke Schutzwände bauen oder Anwohnern Lärmschutzmaßnahmen finanzieren. Damit wird eine Forderung vieler Menschen aus den westlichen Stadtteilen unerwartet doch noch Realität. Wegen Gleisbauarbeiten in Ehrang war der Güterverkehr jüngst stark angewachsen, was entlang der Strecke für großen Unmut gesorgt hatte.
Wolfram Leibe kann der eigentlich schlechten Nachricht deshalb mittlerweile sogar Positives abgewinnen: "Es gibt Schallschutz, und die Bürger können sich beteiligen - das ist in unserem Interesse." Die neue Zeitschiene bedauere er zwar, habe aber auch Verständnis für die Bahn: "Wenn wir es machen, machen wir es richtig, und zwar gemeinsam mit dem Land, der Bahn und den Bürgern."
Gemeinsam agieren müssen Land, Bahn und Stadt angesichts der veränderten Ausgangssituation nun auch beim Neubau und der Reaktivierung der Haltepunkte. Auch in deren Umfeld ist nun möglicherweise Lärmschutz nötig, die bisherigen Pläne müssen also möglicherweise angepasst werden.
Folgen hat die Bahnverspätung womöglich auch für die schnellere Anbindung von Wittlich über Schweich nach Luxemburg, die eigentlich über die Westtrasse laufen sollte.
Welche Folgen die Verschiebung des Ausbaus für den Rheinland-Pfalz-Takt hat, in den die neuen Verbindungen integriert werden sollten, war am Freitag noch nicht zu erfahren. Thomas Geyer vom Zweckverband Schienenpersonennahverkehr war nicht zu erreichen.Meinung

Das wird dauern
Mehr Fahrgäste bei Bussen und Bahn = weniger Autos auf der Straße. Das ist die Gleichung, mit der die rot-grüne Landesregierung die Verkehrsprobleme der Stadt Trier angehen will. Viele Menschen in Trier bezweifeln ohnehin schon, dass das allein reicht. Die jüngsten Entwicklungen bei der Bahn werden sie in ihrer Skepsis bestärken. Statt besser wurden die Verbindungen eher schlechter, die Stadt Trier wurde vom Fernverkehr abgekoppelt. Das Gebäude des Hauptbahnhofs ist marode. Und nun verzögert sich das Vorzeigeprojekt Reaktivierung der Westtrasse auch noch um zwei Jahre. Man darf getrost hinzusetzen: mindestens. Es ist schon einigermaßen befremdlich, dass Bahn und Eisenbahnbundesamt erst jetzt einfällt, dass man doch ein Planfeststellungsverfahren braucht - obwohl schon jahrelang an der Reaktivierung der Westtrasse gearbeitet wird. Für den innerstädtischen Frieden ist das Planfeststellungsverfahren allerdings möglicherweise ein Segen: Die Anwohner in den westlichen Stadtteilen dürfen nun mitreden und haben ein Recht auf Lärmschutz. Das dürfte die Lebensqualität direkt am Gleis deutlich erhöhen und die Akzeptanz der Bahnstrecke steigern. Zu hoffen, dass so ein Verfahren ohne Klagen auskommt, ist aber dennoch vermutlich ein frommer Wunsch. Wer darauf setzt, dass der Bahnverkehr die Verkehrsprobleme in Trier nennenswert verbessert, der braucht jedenfalls noch viel Geduld. m.schmitz@volksfreund.de

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