Die Kirche soll im Dorf bleiben

Wittlich-Wengerohr · Emotional und engagiert haben die Gemeindemitglieder in Wengerohr über ihr Pfarrheim, das Pfarrhaus und die Kirche gesprochen. Anlass dafür waren dringend notwendige Renovierungsarbeiten an der Pfarrkirche. 165 000 Euro soll das kosten. Die Gemeinde müsste 88 000 Euro beisteuern. Davon fehlen ihr 48 000 Euro. Es gibt allerdings Ideen, wie man das Minus ausgleichen könnte.

Wittlich-Wengerohr. Pfarrer Bruno Comes hatte Bauchschmerzen. Und das nicht ohne Grund: Die Kosten für die Renovierung der Pfarrkirche in Wengerohr schlagen ihm auf den Magen. Er muss gemeinsam mit den Gläubigen überlegen, ob es sich noch lohnt, sie aufwendig renovieren zu lassen.
"Ich will ganz sicher nicht als der Pfarrer in die Geschichte eingehen, der hier die Kirche schließt", erklärt er bei einer Pfarrgemeindeversammlung in Wengerohr. Trotzdem hält er es für seine Pflicht, auch diese Möglichkeit zu benennen und Zahlen und Fakten offen zu diskutieren. Hinzu kommt nach seinen Angaben, dass es in Wengerohr 1367 Gemeindemitglieder gibt und sich die Zahl der sonntäglichen Gottesdienstbesucher in den vergangenen 20 Jahren von durchschnittlich 163 auf 76 mehr als halbiert hat, aber seit 2013 nicht weiter gesunken ist.
Viele der 45 Anwesenden im Pfarrheim gehören zu den regelmäßigen Gottesdienstbesuchern, und auch ihnen war vor der Versammlung nicht klar, wie die Diskussion ausgehen würde. Paul Hüttges meinte: "Wir müssen halt überlegen, ob sich die Investitionen lohnen, denn es werden noch weitere kommen, und wir haben noch die alte Dorfkapelle als Alternative." Weiter ergänzt er: "Dort haben 100 Personen Platz. Für die Sonntagsmessen würde das ausreichen." Dann legten Philipp Kampfmann vom Verwaltungsrat, Hermann Condne von der Rendantur und Pfarrer Comes die Zahlen offen. Insgesamt kostet die Renovierung der Pfarrkirche 165 000 Euro. Den größten Posten machen dabei die Arbeiten am Dach und am Glockenturm aus. Das Bistum würde rund 77 000 Euro dazu geben, die Pfarrei müsste 88 000 Euro bezahlen.
Die Gemeinde hat aber noch Rücklagen, die sie zum Teil nutzen darf, so dass ein Minus von 48 000 Euro bei der Gemeinde Wengerohr bleiben würde. Aufschieben kann die Kirchengemeinde die Arbeiten aber nicht mehr, wie Küsterin Christiane Kiewel eindrucksvoll beschreibt: "Wenn es regnet, laufe ich schnell los und stelle Eimer auf, um das Wasser aufzufangen, das durchs Dach kommt."Keine Alternative


Kaum abwarten konnten viele Diskussionsteilnehmer ihre Redebeiträge. Dabei wurde schnell klar, dass die Gemeinde die Kirche, die 1951/1952 von den Wengerohrern selbst gebaut worden ist, renovieren und erhalten möchte. Otto Follmann, der den Bau der Kirche als 15-jähriger hautnah erlebt und fotografiert hat, sagt nachdrücklich: "Die Kirche ist die Visitenkarte eines Ortes. Wenn ich in ein Dorf komme, schaue ich wie die Kirche gepflegt ist, dann habe ich schon einen Eindruck von dem Ort. Die Kirche muss erhalten bleiben." Er fügt hinzu: "Was in 30 Jahren ist, darüber brauchen wir uns jetzt noch nicht den Kopf zu zerbrechen, und 48 000 Euro sind zu stemmen." Ein weiteres Argument für die Kirche war, dass es keine Alternative zu ihr gibt, wie Christiane Kiewel erklärt: "Die alte Dorfkapelle hat keine Heizung, keine Sakristei und keine Orgel. Wenn man dort regelmäßig Sonntaggottesdienste feiern wollte, müsste man auch hier kräftig investieren."Kritik an Bistumspolitik


Auf Unverständnis und Kritik stießen die Bezuschussungsregeln des Bistums. Zum Beispiel, dass Malerarbeiten nicht zuschussfähig sind oder nur bestimmte Teile des Glockenturms. Um an Geld für die Renovierung zu kommen, können sich die Gemeindemitglieder vorstellen, das Pfarrhaus und die beiden Baugrundstücke, die dazu gehören, zu verkaufen oder zu vermieten. Auch von einer Kooperation mit der Grundschule für die Nutzung des Pfarrheims für die Nachmittagsbetreuung der Kinder erhofft man sich weitere Einnahmen. Dazu sollen Kuchenbasare, Feste und Spenden helfen, die Arbeiten an der Kirche zu finanzieren. Für die Gäste hatte der Pfarrgemeinderat gefüllte Klöße vorbereitet, von denen Pastor Comes dann auch entspannt nach der positiv verlaufenen Diskussion essen konnte.Extra

In den vergangenen zehn Jahren sind im Visitationsbezirk Trier vier Kirchen entweiht und einer anderen Nutzung zugeführt worden. Das waren: Echternacherbrück St. Pius X., Profanierung 2008; Filialkirche Mariä Himmelfahrt, Trier-Quint, Profanierung 2009; Bernkastel-Kues St. Briktius, Marienkirche Kues, Profanierung 2011; Trierweiler (Sirzenich), Filialkirche St. Johannes in Sirzenich, Profanierung 2012. Zum Visitationsbezirk Trier gehören neun Dekanate: Die Dekanate Bernkastel, Bitburg, Hermeskeil-Waldrach, Konz-Saarburg, St. Willibrord Westeifel, Schweich-Welschbillig, Trier, Vulkaneifel, Wittlich. chbExtra

Jochen Platz, Ortsvorsteher: Ich bin zu 100 Prozent überzeugt, dass Wengerohr die Kirche braucht. Zudem haben die Wengerohrer ihre Kirche selbst gebaut und identifizieren sich sehr mit ihr. Es ist aber eine große Summe, die hier von der Kirchengemeinde gestemmt werden muss. Dass das Bistum den kleinen Gemeinden, diese finanzielle Last aufbürdet, ist mir unverständlich. Christiane Kiewel, Küsterin: Wir wollen den Kopf nicht in den Sand stecken. Für mich wäre es schrecklich, wenn man einen Bauzaun um eine verfallene Kirche hätte. Die Kirche ist ein sozialer Mittelpunkt, aus dem heraus viele Projekte, wie der Jugendraum und der Mütterkaffee entstanden sind. Philipp Kampfmann, Pfarrverwaltungsrat: Ich bin klar für die Renovierung, denn ein Dorf ohne Kirche macht für mich keinen Sinn. Ich fühle mich in der Kirche mit ihren klaren Strukturen sehr wohl. Ich hoffe, dass wir, wenn wir mit verschiedenen Aktionen in Fahrt kommen, auch die eine oder andere größere Spende bekommen. Andrea Kien, Pfarrgemeinderat: Es sind gravierende Schäden da, und es lohnt sich, die Kirche zu erhalten. Ich finde es gut, dass hier heute darüber informiert wird, wie der Stand der Dinge ist. Denn wir können nur gemeinsam das Ziel, die Kirche zu erhalten, erreichen. Alleingänge sind an dieser Stelle nicht angebracht. chb

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