Die Spur führt ins Prager Getto

Hottenbach/Zeltingen-Rachtig · Das neue Theaterstück "Unser aller Räuberhauptmann" wird am Freitag, 4. September, und am Samstag, 5. September, in Hottenbach an Originalschauplätzen aufgeführt. Die Autoren sind Armin Peter Faust und Jörg Staiber.

 Ein neuer Blick auf die Figur des Schinderhannes: Das Theaterstück „Unser aller Räuberhauptmann schildert die Geschichte eines Opfers. Foto: privat

Ein neuer Blick auf die Figur des Schinderhannes: Das Theaterstück „Unser aller Räuberhauptmann schildert die Geschichte eines Opfers. Foto: privat

Hottenbach/Zeltingen-Rachtig. Eine Gruppe finsterer Gesellen schlich am 13. August 1800 durch die nächtlichen Gassen des kleinen Hunsrückdorfes. Eben schickte sich der Hottenbacher Nachtwächter an, die zwölfte Stunde zu blasen, da traten die Diebe auf ihn zu. Sie zwangen ihn auszublasen und führten ihn zur Judenschule. Die Schinderhannesbande drang mit Gewalt in das angrenzende Haus des jüdischen Kaufmanns Wolf Wiener ein und raubte Bargeld und andere Wertgegenstände. Niemand kam den Opfern zu Hilfe.
Der Überfall auf Wolf Wiener steht im Mittelpunkt des Stationentheaters, das am Freitag, 4. September, und am Samstag, 5. September, jeweils 20 Uhr an den Originalschauplätzen in Hottenbach, Kreis Birkenfeld, aufgeführt wird. Das von Armin Peter Faust und Jörg Staiber verfasste Stück "Unser aller Räuberhauptmann" zeigt erstmals nicht nur die Täter-, sondern auch die Opferperspektive. Mit den Vorarbeiten für die Aufführung wuchs auch das Interesse an der Person Wieners.
Häufig gelingt es nicht, die Lebenswege von Juden auf dem Land bis ins 18. Jahrhundert zurückzuverfolgen. Der Grund ist die traditionelle jüdische Namensgebung, bei der die Söhne den Rufnamen des Vaters als Zunamen erhielten. Erst 1808 mussten sich die Juden für einen festen Familiennamen entscheiden. Bei Wiener liegt der Fall anders: Er besaß bereits einen bleibenden Namen. Außerdem handelte es sich um einen Herkunftsnamen. Das war vor allem in rabbinischen Dynastien der Fall. Somit lag die Vermutung nahe, dass Wieners Urahn aus einer Rabbinerfamilie stammte, die einst in Wien zu Hause war. Von dort hatte man die Juden 1670 vertrieben.
Ein Hinweis aus dem Bad Kreuznacher Stadtarchiv bestätigte das: Wolf Wiener wurde 1761 als Sohn von Löb und Caroline Wiener in Prag, im Königreich Böhmen, geboren. Die Familie gehörte seit dem 17. Jahrhundert zu den maßgeblichen Familien der Stadt. Um die Zahl der Juden in der Stadt zu verringern, erschwerte die Regierung 1790 ihre Heirat. Aussicht auf eine Heiratserlaubnis besaßen nur die erstgeborenen Söhne. Die mussten wie Wolf Wiener in der Fremde ihr Glück suchen. Vielleicht führte sein Weg zuerst an die Mosel, wo ein Simon Wiener in Ürzig nachweisbar ist. In Hottenbach wird Wolf Wiener erstmals am 17. Februar 1799 als Trauzeuge erwähnt. Das fand der Familienforscher Josef Schmieden aus Bundenbach heraus. Zu diesem Zeitpunkt war Wiener bereits mit Hewe Marx verheiratet, der Witwe von Abraham Herz, die vier Kinder mit in die Ehe brachte. Warum Wiener nach Hottenbach zog, ist nicht bekannt. Wiener war Kaufmann und besaß ein größeres Warenlager. Bald nach dem Überfall des Schinderhannes verließ Wiener Hottenbach. Sein zweites Kind Judle kam bereits 1801 im damaligen Zeltingen zur Welt. Offenbar rentierte sich das Geschäft in der kleinen Weinbaugemeinde aber nicht. 1812 lebte Wiener erneut in Hottenbach. Später zog er nach Bad Kreuznach. Wieners Nachfahren leben heute in den USA. ez

Karten für das Stück "Unser aller Räuberhauptmann" gibt's bei der Volksbank Hunsrück-Nahe in Hottenbach, der Kreissparkasse in Rhaunen, der Buchhandlung Schulz-Ebrecht in Idar-Oberstein oder per E-Mail an kontakt@kaff-hottenbach.de.

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