Drei Jahre in britischer Gefangenschaft

Bernkastel-Kues · Vor 100 Jahren begann der Erste Weltkrieg. Peter Hoffmann aus Kues hat seinen Kindern Josefa, Alice und Leo ein lebendiges Andenken an seine Kriegsgefangenschaft in England hinterlassen. Zusammengeheftet in einer Mappe sind auf 28 Seiten seine Erlebnisse in den Gefangenenlagern dokumentiert.

Bernkastel-Kues. Die Reise in die Vergangenheit beginnt am 12. August 1916 in Frankreich und endet mit der Heimkehr an die Mosel am 4. November 1919. "Unser Vater hat früher oft vom Krieg erzählt", erinnern sich Leo und Josefa Hoffmann. Und eines habe er immer wieder betont: dass es ihm in der britischen Kriegsgefangenschaft relativ gut ging. "Er war nie verbittert, wenn er aus dieser Zeit erzählte", weiß Tochter Josefa. Seine Erlebnisse hat Peter Hoffmann (1890 bis 1965) anhand von Notizen festgehalten.
Sein Freund Willibrord Thiesen hat die Geschichte dann erst später (1932) mit der Schreibmaschine niedergeschrieben. So befinden sich die Aufzeichnungen noch heute im Familienbesitz seiner Kinder und werden sorgsam aufbewahrt. Es war großes Glück, dass ihr Vater als Soldat während der Schlacht an der Somme in Frankreich das englische Artilleriefeuer im Schützengraben überlebte. Ein Kamerad hatte sich schützend gegen ihn gelehnt und wurde dabei selbst von einem Granatsplitter tödlich getroffen. Auch Peter Hoffmanns Bruder, der in derselben Kompanie war, wurde tödlich verwundet. Vorm Tod bewahrt durch einen Australier kam Hoffmann mit den wenigen Überlebenden in ein englisches Feldlazarett. Weiter ging dann die "Reise" nach Le Havre und von dort mit dem Lazarettschiff "Panama" nach England. "Von London sahen wir nur den starken Eisenbahnbetrieb und das Häusermeer", schreibt Hoffmann.
Endstation war das Kriegsgefangenenlager "Camp Handforth" in der Nähe von Manchester. Auch wenn die Unterkunft für die 2500 Gefangenen sehr beengt war, berichtet Hoffmann, "dass das Leben dort recht schön war". Neben der täglichen Arbeit organisierten die deutschen Soldaten ein vielfältiges Unterhaltungsprogramm. Dazu gehörten Sport, Musik, Singen, Theaterspielen oder auch das Erstellen einer eigenen Lagerzeitung. "In der Bastelstube fertigte unser Vater diese Holzbilderrahmen", zeigen Leo und Josefa Hoffmann zwei Rahmen, verziert mit Eichenlaub und Kaiserkrone.
In jenem Lager traf der Kueser nach 14-tägigem Aufenthalt zufällig den ersten Moselaner, einen Zeltinger. Mit Felix Kappes hielt Hoffmann eng zusammen und teilte alles redlich. Bei der täglichen Abnahme der Räume legte der Kommandant höchsten Wert auf Ordnung und Sauberkeit, denn die kenne er aus deutschen Kasernen und das verlange er auch hier, ist weiter zu lesen.
Mit dem Inkrafttreten des unbeschränkten U-Boot-Krieges am 1. März 1917 fing dann das "richtige Gefangenenleben" an, wie Hoffmann die Verschlechterung bei Kost und Behandlung ausdrückte. Ein deutscher Kamerad verfasste dazu Gedichte, die Hoffmann aufschrieb: "wenn morgens früh die Hähne kräh\'n, am Lagertor fleissige Prissner (Gefangene) steh\'n ...".
"Mit dem Einsetzen der deutschen Offensive an der Westfront wurden die Engländer geradezu wild auf uns", schildert der Kriegsgefangene die weiteren Erfahrungen.
Von der Zeit des Waffenstillstands ab November 1918 merkten die Gefangenen zunächst nicht viel. Doch endlich, am 15. Oktober 1919 war es soweit - "mit Sang und Klang" ging es aus dem Lager hinaus. Das deutsche Schiff "Martha" sollte die Gefangenen zurück in die Heimat bringen: "Der Kapitän zählte uns, wir waren 850 Mann - und wir waren frei". Die große Erleichterung darüber ist zwischen den Zeilen zu lesen. Am 3. November erreichte der 29-Jährige die Moselregion. Vor Platten trennte er sich von seinem Zeltinger Freund Felix, der drei Jahre lang in der Fremde Freud und Leid mit ihm geteilt hatte. "Ein eigentümliches Gefühl beschlich mich, als ich im Cueser Weisenstein den Boden meines Heimatortes wieder betrat", so Hoffmann. Im Dunkel stellte er fest, dass die Trauben noch am Stock hingen. "Gegen zwei Uhr nachts langte ich an meinem Elternhause an, die Tür war unverschlossen und ich eilte sofort ins Schlafzimmer meiner lieben Eltern ...", so enden die Erlebnisse des Peter Hoffmann aus Kues.
"Wir fuhren als Kinder mit unseren Eltern noch häufig mit der Kleinbahn nach Zeltingen zu Vaters Kriegsfreund Felix Kappes", erzählt Sohn Leo. Und die alten Fotos vom Lagerleben halten bis heute die Kriegserlebnisse des Vaters lebendig.
Fotostrecken, Hintergründe und eine Chronik zum 1. Weltkrieg finden Sie im Internetportal des Trierischen Volksfreunds. <%LINK auto="true" href="http://www.volksfreund.de/wk1" class="more" text="www.volksfreund.de/wk1"%>

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