Eine-Welt-Laden in Wittlich feiert 25-jähriges Bestehen - Ziel: Bewusstsein der Leute für fairen Handel schärfen

Wittlich · Seit 1991 bietet der Weltladen Wittlich fair gehandelte Produkte. Aus dem Verkauf sind 125 000 Euro für Entwicklungsprojekte in Afrika und Lateinamerika zusammengekommen. Aktuell hat er 67 ehrenamtliche Mitarbeiter.

 Die Mitarbeiterinnen Elisabeth Müller (rechts) und Beate Laux (links) erfüllen Kundenwünsche, in der Bildmitte ist Kundin Katrin Müller zu sehen.

Die Mitarbeiterinnen Elisabeth Müller (rechts) und Beate Laux (links) erfüllen Kundenwünsche, in der Bildmitte ist Kundin Katrin Müller zu sehen.

Foto: Klaus Kimmling/Andreas Sall

Rechts ticken Eulen, Kanarienvögel und Katzen aus farbenfroh bepinseltem Metall. Von der Decke hängen mit Federn verzierte Traumfänger aus Bali und Windspiele aus Bambus. Mitten im Eine-Welt-Laden in der Wittlicher Neustraße scheint die Zeit langsamer zu vergehen. Hohe Regale bestückt mit Kerzenkunst aus Indien und nepalesischen Klangschalen machen neugierig. Wenige Schritte hinter der großen Ladentheke finden sich allerlei fair gehandelte Lebensmittel: Kaffee und Tee, exotische Gewürze, kolumbianischer Honig. Kein Allerweltsangebot also im Eine-Welt-Laden. Stattdessen eine breite und bunte Produktpalette, die sich in 25 Jahren stark vergrößert hat.Die Produzenten unterstützen

"Anfangs waren wir skeptisch, ob das hier in Wittlich überhaupt geht", erinnert sich Werner Bühler, Gründer des Fachgeschäfts für fairen Handel und Vorstandsmitglied im Arbeitskreis "Eine Welt Wittlich". Er lächelt: "Damals dachten wir, wir lassen den Kaffee kommen und verkaufen den." Kartons - bis an den Rand gefüllt mit dem braunen Gold - stapelten sich mangels Lagerraum zu hohen Türmen bis an die Decke, erzählt Bühler und fügt hinzu: "Im Bewusstsein der Leute waren wir ein bisschen in der linken Ecke, vor allem, da wir mit so viel Begeisterung dabei waren." Heute ist fairer Handel in Wittlich längst salonfähig und der Weltladen in der Neustraße ein etabliertes Fachgeschäft. Seine Produkte beziehen die Betreiber von Organisationen wie der Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt (Gepa) und El Puente.

Kundentransparenz ist ein wichtiges Thema. Alle Verkaufsartikel stammen zu mindestens 50 Prozent aus fairem Handel und enthalten klare Hinweise auf Herkunft und Zusammensetzung. Die starke Konkurrenz durch Online- und spezialisierten Einzelhandel sieht man im Eine-Welt-Laden gelassen. Es gehe darum, den Wittlichern die Möglichkeit zu geben, sich mit fairem Handel zu beschäftigen, sagt Peter Binzen, ebenfalls Vorstandsmitglied im Arbeitskreis "Eine Welt Wittlich" und zuständig für die Buchführung.

"Ein langfristiges Ziel unseres Weltladens ist es, sich selbst überflüssig zu machen. Wenn anderswo fairer Handel blüht, dann ist das doch schön", fügt Bühler hinzu. In jedem Fall einzigartig in Wittlich sind die in Handarbeit in Bogotá, Kolumbien, gefertigten Uhren mit zahlreichen bunten Motiven. Der Arbeitskreis "Eine Welt Wittlich", Träger des Ladens, fördert mit den aus dem Verkauf erzielten Gewinnen jährlich Projekte der Entwicklungszusammenarbeit. Insgesamt wurden so bereits 125 000 Euro für Projekte gespendet. "Wir unterstützen Projekte kontinuierlich über mehrere Jahre. Den betroffenen Menschen zu zeigen, dass sie sich langfristig auf Hilfe verlassen können - das ist uns wichtig", sagt Bühler. Aktuell unterstützt der Arbeitskreis Projekte der Vereine "Kindern Zukunft geben, Ghana" und "Solidaritätskreis Westafrika" Dennoch sei die finanzielle Unterstützung der Projekte ein Nebenprodukt.

"Das erste Ziel ist es, den Produzenten Absatzmöglichkeiten zu verschaffen", erklärt Bühler. Nach seiner Motivation befragt, reagiert der ehemalige Leiter der katholischen Erwachsenenbildung in der Region Mosel-Eifel-Hunsrück nachdenklich. "Zu wissen, dass es mit fairem Handel hier in Wittlich und auf größerer Ebene in ganz Deutschland den Produzenten und ihren Familien in den unterstützten Ländern besser geht", sagt er schließlich. Gefragt, warum es damals Wittlich sein sollte, als eine Hand voll engagierter Menschen zusammenkam, um den Eine-Welt-Laden am 50. Breitengrad zu gründen, lacht Bühler und antwortet mit großer Selbstverständlichkeit: "Weil wir Wittlicher sind. Da ist das Bewusstsein: Jeder kann an seinem Ort wirklich etwas tun. Wir wollten etwas tun und zwar dort, wo wir herkommen."

In 25 Jahren erlebte der Eine-Welt-Laden weit über 100 ehrenamtliche Mitarbeiter, die meisten davon heute 65 Jahre und älter. Über mehr junge Leute hinter der Ladentheke würde sich Bühler dennoch freuen. Als Mitmachprojekt lebt das Fairhandelsfachgeschäft von seinen freiwilligen Helfern. "Das Herzstück jedoch sind die Kunden", so der Gründer des Eine-Welt-Ladens, dessen Kaffeekisten sich nun im ladeneigenen Lagerraum stapeln.Extra

 Beliebt bei den Kunden sind die Spielzeugautos aus Madagaskar, gefertigt aus recyceltem Blech

Beliebt bei den Kunden sind die Spielzeugautos aus Madagaskar, gefertigt aus recyceltem Blech

Foto: Klaus Kimmling (m_wil )
 Standuhren aus Bogotá, Kolumbien.

Standuhren aus Bogotá, Kolumbien.

Foto: Klaus Kimmling (m_wil )
 Werner Bühler ist der Gründer des Eine-Welt-Ladens.

Werner Bühler ist der Gründer des Eine-Welt-Ladens.

Foto: Sall (m_wil )

Im Geschäftsjahr 2015 erreichte der Faire Handel in Deutschland mit 1,139 Milliarden Euro eine Rekordhöhe. Gegenüber 2010 verdreifachte sich der Umsatz. In der Region werden neben dem Eine-Welt-Laden Wittlich auch weitere Weltläden und Fairhandelsinitiativen betrieben. Zu ihnen zählen die Weltläden Bitburg, Daun, Erden, Föhren, Kastellaun, Prüm, Traben-Trarbach, Trier, sowie das Fair-Handelszentrum Südwest in Saarbrücken. sll

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort