Erotische Phantasien um das gefährliche Weib

Wittlich · Die Idee vom gefährlichen Weib gehört zu den männlichen Obsessionen in der Kunst um 1900. Parallel zur Emanzipationsbewegung der Frauen entwickelten sich die Abwehrhaltungen des starken Geschlechts. Daraus resultierende Männerphantasien stehen im Mittelpunkt der nächsten Ausstellung in der Städtischen Galerie im Alten Rathaus.

 Zentrales Werk der Ausstellung: „Der Teufel zeigt das Weib dem Volk – die Feilbietung“ von Otto Greiner. Foto: privat

Zentrales Werk der Ausstellung: „Der Teufel zeigt das Weib dem Volk – die Feilbietung“ von Otto Greiner. Foto: privat

Foto: Bertram Kober/ Punctum (m_wil )

Wittlich. Da wollten die Frauen plötzlich wählen und studieren, schnitten sich die Haare ab und warfen ihre Korsetts fort. Diese "wilden" Weiber irritierten. Sie waren faszinierend, aufregend und erotisch, aber auch gefährlich, denn dieser geballten Weiblichkeit fühlten sich die Männer hilflos ausgeliefert.
In der Ausstellung "Das gefährliche Weib", die ab dem 12. Juni in der Städtischen Galerie im Alten Rathaus in Wittlich präsentiert wird, sollen eine Reihe von Künstlern vorgestellt werden, die von der so genannten "Männlichkeitskrise" der Jahrhundertwende erfasst wurden. Max Klinger, Otto Greiner, Richard Müller, Paul Hermann, Alfred Frank und Alois Kolb waren von der weiblichen Erotik so fasziniert wie beunruhigt. In ihren Werken spiegeln sich die Männerphantasien um 1900 - eine Gedankenwelt, die den Schluss ermöglichte, die Frau als Verführerin verlocke den hilflosen Mann. Die Ausstellung zeigt mehr als fünfzig große Graphiken aus der Sammlung Pientka. Bodo Pientka ist Gründer und Vorsitzender des Arbeitskreises Jugendstil in Leipzig und Buchautor, Kunstkenner und -sammler.

Max Klinger (1857-1920) ist noch heute ein sehr prominenter Künstler. Sein Freund und Künstlerkollege Otto Greiner (1869-1916) hingegen gilt als vergessen. Ähnlich in der Vergangenheit verschwunden sind Richard Müller (1874-1954), Otto Weigel (1890-1945), Walter Tiemann (1876-1954) und andere Künstler, deren Arbeiten in Wittlich zu sehen sein werden. Vor mehr als 100 Jahren waren sie in aller Munde, doch die Kunstgeschichte vernachlässigt seit Beginn des 20. Jahrhunderts die gegenständliche Kunst in einem Maße, dass die Ausstellung "Das gefährliche Weib" für viele Besucher eine Entdeckung auch unbekannter Meister sein kann.
Viele Szenen sind bekannt, da sie der Bibel oder der griechischen Mythologie entlehnt wurden. Ein ästhetischer Schleiertanz der Salome, der alles verbirgt, um alles zu zeigen (Paul Herrmann, 1864-1946) fasziniert ebenso wie eine Darstellung der Leda mit Zeus in der Gestalt des Schwans (Martin Erich Philipp, 1887-1978). Als trotteliger Bär oder unersättlicher Marabu dargestellt, ist er den "gefährlichen Weibern" hilflos verfallen. Das Leitmotiv der Ausstellung ist das Bild "Der Teufel zeigt das Weib dem Volk - Feilbietung" von Otto Greiner. Die Frau wird vom Bösen, vom Teufel persönlich, in die Welt gebracht und in ihrer Schönheit höchst verführerisch den Männern präsentiert. red
Die Ausstellung "Das gefährliche Weib - Erotische Phantasien in der Kunst um 1900" ist vom 12. Juni bis zum 14. August in der Städtischen Galerie im Alten Rathaus in Wittlich dienstags bis freitags von 11 bis 17, sonn- und feiertags von 14 bis 17 Uhr zu sehen. Weitere Informationen unter 06571/171355.Extra

Vernissage: Sonntag, 12. Juni, 11 Uhr; Kuratorenführung mit Dr. Richard Hüttel, Donnerstag, 16. Juni, 18 Uhr, Altes Rathaus (weitere Führungen werden noch bekanntgegeben); Vortrag von Richard Hüttel: Das gefährliche Weib. Erotische Phantasien in der Kunst um 1900, Freitag, 24. Juni, 18 Uhr, Altes Rathaus; Konzert unter dem Motto "Es liegt was in der Luft ..." mit dem Duo Dasch/Raue am Sonntag, 26. Juni, 19 Uhr; Vortrag von Prof. Dr. Matthias Bormuth: "Erotisches Leben zwischen Sublimation und Realität. Max Weber und die Frauen, Donnerstag, 7. Juli, 18 Uhr, Altes Rathaus. red

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