Fernbeziehung statt Traumhochzeit

Wenn schon nicht aus Liebe, dann wenigstens aus Vernunft: Die Stadt Cochem will sich freiwillig mit der Verbandsgemeinde (VG) Cochem-Land zusammenschließen (TV vom 7. Mai). Der TV hat bei Stadt und VG nachgefragt, ob dieses Modell für Wittlich und Umgebung Vorbildcharakter hat.

Wittlich. Eine Stadt, zwei Rathäuser: Weil Wittlich eine verbandsfreie Stadt ist, hat sie zwei Verwaltungen: eine für die Stadt, eine für die VG Wittlich-Land. Neben Bitburg ist Wittlich damit die einzige Stadt in der Region, die sich diesen Luxus leistet. Geht es nach dem Bürgermeister der VG Wittlich-Land, Christoph Holkenbrink, wird sich das in Zukunft auch nicht ändern. Denn Cochem mit Wittlich zu vergleichen, das ist für Holkenbrink und Ralf Bußmer, Bürgermeister der Stadt Wittlich, wie ein Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen: "Cochem ist eine ganz andere Dimension." Denn während in Cochem und der VG Cochem-Land insgesamt rund 17 000 Menschen leben, sind es in Wittlich und der umliegenden VG rund 41 000. Holkenbrink: "Wir haben ja jetzt schon bei Stadt und VG genau die Größe, die durch Zusammenlegungen von kleinen Kommunen erreicht werden soll."Beide Bürgermeister betonen, dass es eine Zusammenarbeit zwischen Stadt und VG in Wittlich ja bereits gebe. "Beim Fremdenverkehr und bei der Wirtschaftsförderung arbeiten wir zusammen." Ein gemeinsames Projekt ist auch die "Volkshochschule Wittlich - Stadt und Land". Ganz aktuell werde auch der Wald auf der Gemarkung Plein (gehört zur VG Wittlich-Land) vom städtischen Forstrevier mitbewirtschaftet. Dies sei "eine freiwillige Vereinbarung zwischen der Gemeinde Plein und der Stadt, welche beiden Seiten finanzielle Vorteile bringt", sagt Bußmer.Eine weitere Möglichkeit sehen beide auch bei einem gemeinsamen Bürgerbüro. Die Chancen dafür sind aber gering. Holkenbrink: "Ein gemeinsames Bürgerbüro ist durch die Entscheidung, das neue Rathaus nicht in unmittelbarer Nähe der VG-Verwaltung zu bauen, natürlich schwierig zu realisieren."Die Vorteile des freiwilligen Zusammenschlusses in Cochem liegen für die Befürworter klar auf der Hand: In erster Linie geht es um Kostenersparnis durch Synergieeffekte. Für Bußmer könnte eine Zusammenlegung auch mehr Bürgernähe mit sich bringen, "welche durch eine räumliche Verteilung von ,Bürgerservicebüros' in der Fläche erreicht werden könnte, bei denen die Bürger fast alle Anliegen erledigen könnten". Möglich ist seiner Meinung nach auch ein Einsparpotenzial, was das Personal angeht: "Letztendlich könnte schätzungsweise ein Drittel des Personals nach einer Übergangsphase eingespart werden." Zu viel Arbeit für einen Bürgermeister

Laut Holkenbrink ist die derzeitige Anzahl der Verwaltungsmitarbeiter aufgrund der Größe der VG Wittlich aber nötig und Einsparpotenzial somit kaum vorhanden - auch was den Posten des Bürgermeisters betrifft. "Selbst wenn es bei einem Zusammenschluss nur noch einen Bürgermeister gäbe, könnte der die ganze Arbeit nicht alleine bewältigen. Dann müsste eben einer als hauptamtlicher Beigeordneter bezahlt werden. Da sehe ich keinen Spareffekt."Was passiert nun, wenn sich Stadt und VG nicht freiwillig zu einer Einheit zusammenschließen? Denkbar wäre eine "Zwangsheirat" durch das Land. Bußmer: "Die zentralistische Ausrichtung der derzeitigen Landesregierung wird im Landesentwicklungsplan IV deutlich. Ich gehe davon aus, dass auch die Zusammenschlüsse der Kommunen letztlich durch zentrale Entscheidungen erfolgen werden." Meinung Vergleich zwecklos Wittlich ist nicht Cochem. Auch wenn beide Städte (noch) verbandsfrei sind: Was für die eine Stadt purer Luxus ist, ist für die andere eine Notwendigkeit. Für eine kleine Stadt wie Cochem ist es sinnvoll, sich mit der VG Cochem-Land zusammenzuschließen. Bei einer so geringen Einwohnerzahl kann auch eine Verwaltung die bisherigen Aufgaben wahrnehmen. Anders sieht das im Fall Wittlich aus. Die Formel ist einfach: Je dezentraler die Verwaltung, desto größer die Bürgernähe. Das gilt vor allem für so große Einheiten, wie es die Stadt Wittlich und die VG Wittlich-Land sind. Deshalb sollten sie eigenständig bleiben. Ob das das Land im Zuge der kommunalen Gebietsreform genauso sieht, wird sich zeigen. Stadt und VG sollten ihre Zusammenarbeit gerade in diesem Hinblick verstärken, um auf mögliche Reformen vorbereitet zu sein. r.schaal@volksfreund.de

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