Gestern Zebrastreifen, heute Querungshilfe

Wittlich · Komplett umgestaltet sind seit August der Kurfürstenplatz und Teile der Kurfürstenstraße. Mit dem Wegfall des Zebrastreifens an der Schlossgalerie ist aber nicht jeder einverstanden. Der TV hat Meinungen über die neue Querungshilfe eingeholt.

 Optisch klar gegliedert: Hell sind Bürgersteig und Querungshilfe, dunkel die Fahrbahn. TV-Foto: Julia Schneider

Optisch klar gegliedert: Hell sind Bürgersteig und Querungshilfe, dunkel die Fahrbahn. TV-Foto: Julia Schneider

Wittlich. Der Zebrastreifen zwischen Schlossgalerie und Parkplatz ist weg. Dort erstreckt sich nun eine Querungshilfe für Fußgänger über eine Länge von 40 Metern: Sie ist Teil der kompletten Umgestaltung des Oberstadtgeländes (der TV berichtete mehrfach).
Deshalb ist manchmal Geduld gefragt: Ein Auto rast vorbei, dann noch eins, ein drittes hält ebenfalls nicht an. Eine Frau steht am Straßenrand vor dem Eingang der Schlossgalerie und möchte die Kurfürstenstraße überqueren. Ungeduldig zieht ihr großer Hund an seiner kurzen Leine. Endlich - ein Autofahrer lässt sie passieren. "Die brettern da manchmal richtig vorbei", beschwert sich die 58-jährige Wittlicherin. "Mein Vater sitzt im Rollstuhl, und trotzdem hält keiner an, wenn wir über die Straße wollen."
Eine 70-jährige Bengelerin vermisst ebenfalls den Zebrastreifen, sagt aber auch: "Sonst ist hier alles sehr schön geworden."

Derweil hat es die 18-jährige Carolin Schwaab recht schnell geschafft, die Straßenseite zu wechseln. Sie ist geteilter Meinung über den neu angelegten Überweg für die Fußgänger: "Als Autofahrer finde ich es gut, wenn ich schnell durchkomme, aber als Fußgänger möchte ich auch nicht ewig da stehen."
Kritisch betrachtet Hans Floter, Leiter des Hauses der Jugend, die neue Verkehrsregelung. Der 60-Jährige bemängelt die Raserei vieler Autofahrer, die mit ihrer Rücksichtslosigkeit vor allem Kinder gefährdeten. "Für die meisten ist die Situation ungeklärt. Keiner weiß, wer Vorrang hat." Um die Unsicherheit zu beseitigen, müsse deutlicher darauf aufmerksam gemacht werden. Zwar gelte im Bereich der Übergangszone Tempo 30 doch: "Schritttempo wäre angemessener, um die Sicherheit der Fußgänger zu gewährleisten."
Beschwerden zum Wegfall des Zebrastreifens seien noch keine bei der Stadt eingegangen, sagt Pressesprecher Jan Mußweiler: "Im Gegenteil: Die Querungshilfe fand bislang sowohl von Autofahrern als auch von Passanten Zustimmung." Und: "Es ist gegenwärtig nicht beabsichtigt, dass die Höchstgeschwindigkeit heruntergesetzt wird. Der Autofahrer erkennt durch die Gestaltung der Querungshilfe die besondere Situation und passt sich dieser an."
Generell gilt: Die Fußgänger haben mehr Platz, um die Straße zu überqueren, jedoch haben Autofahrer ab jetzt Vorrang. Ziel der Übergangshilfe ist, größere Menschenmengen sicher über die Straße zu bringen, ohne den Verkehrsfluss durch einen Knotenpunkt stärker zu belasten.
"Da ist ein gegenseitiges Miteinander erforderlich", sagt Hans-Jürgen Riemann, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Wittlich. Bisher seien keine Unfälle oder Beschwerden gemeldet worden. "Die Fußgänger queren ja immer nur eine Hälfte der Fahrbahn", erklärt er. Gegenüber der von Passanten befürchteten Gefahr zeigt er sich verständnislos: "Die meisten Fußgänger werden an Zebrastreifen überfahren."
Eine gute Aussicht über den Kurfürstenplatz und die dazugehörige Straße hat Heinz-Werner Steffen. Der Geschäftsführer des DRK-Kreisverbandes, der sein Büro im Fürstenhof hat, beobachtet den Verkehr vor der Schlossgalerie schon länger. "Je mehr Autos fahren, desto größer ist die Gefahr für Ältere, insbesondere Rollstuhlfahrer", sagt der 60-Jährige. Über die Renovierung des einstigen "Matschplatzes" sei er aber froh. "Der ständige Dreck hat das ganze Treppenhaus versaut!" Da der Kurfürstenplatz nun vollständig bepflastert ist, ist wenigstens dies kein Grund zur Ärgernis mehr.
Was ist Ihre Meinung zur Querungshilfe und der Umgestaltung des Oberstadtgeländes? Mailen Sie an mosel@volksfreund.de. Namen und Wohnort nicht vergessen!Meinung

Nur ein wenig Rücksicht
Es gibt Fachleute, die nennen Zebrastreifen Todesstreifen. Und tatsächlich ist es eine Tatsache, dass das Gefühl von Sicherheit auf den weißen Linien trügt. Die neue Lösung ist durchaus komfortabeler, insbesondere durch die großzügige Fläche für Fußgänger zwischen den Fahrbahnen. Natürlich muss man ab und an mal warten, aber keineswegs Ewigkeiten. Man kann nur einfach nicht erwarten, dass ein Autofahrer freiwillig hält, um einen Fußgänger vorzulassen. Darauf sollte man sich auch beim Zebrastreifen nie verlassen. Ein Fußgängerstau ist bislang nicht zu beobachten. Einziges Manko: Die Fahrer, die viel zu schnell unterwegs sind. Die gab es genau an dieser Stelle auch zu Zebrastreifen-Zeiten. Generell ist der Bereich weitaus übersichtlicher geworden: Auch das dient der Sicherheit. s.suennen@volksfreund.deExtra

Die 40 Meter lange Verkehrsinsel in der Kurfürstenstraße dient als Überquerungshilfe für Fußgänger. Autofahrer haben Vorrang, dürfen aber dort höchstens 30 Stundenkilometer fahren. Der Umbau des Gesamtareals zwischen Fürstenhof und Schlossplatz kostete die Stadt Wittlich rund zwei Millionen Euro. Neu entstand dabei auch der Ottensteinplatz am ZOB mit der großen Freitreppe nebst Bänken. jas

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