Getränke Boor schließt nach 46 Jahren

Ein Traditionsbetrieb schließt Silvester seine Tore. Getränke Boor in der Himmeroderstraße an der Lieserbrücke hat seit 1963 in dritter Generation die Wittlicher mit Getränken beliefert.

 Familie Boor schließt ihr Geschäft zum Jahresende: Walburga Boor mit Sohn Axel, Enkelin Elisabeth und Schwiegertochter Birgit (von links). TV-Foto: Erich Gerten

Familie Boor schließt ihr Geschäft zum Jahresende: Walburga Boor mit Sohn Axel, Enkelin Elisabeth und Schwiegertochter Birgit (von links). TV-Foto: Erich Gerten

Wittlich. (ger) "Bei uns wird Service großgeschrieben", heißt es auf der Internetseite von Getränke Boor. Dieser Service und das Getränke-Lieferauto stehen in Wittlich für ein Stück Stadtgeschichte.

Das mit der Geschichte ist wörtlich zu nehmen. Denn ab dem 1. Januar 2010 ist es mit dem Service vorbei. Die Familie Boor gibt das Traditionsunternehmen auf. Der Grund wird den Kunden an der Eingangstür per Aushang mitgeteilt: "Nach nunmehr 46 Jahren, in der dritten Generation, ist uns diese Entscheidung nicht leicht gefallen. Aber in Zeiten, wo Geiz geil ist, wird es für uns, die Kleinen, immer schwerer gegen die Angebote der Großen anzukommen."

Birgit Boor sitzt bis zum letzten Tag an der Kasse. Sie sagt: "Kau fen war oft Nebensache. Unsere Oma Walburga Boor kennt noch die Kinderkrankheiten von manchen Wittlichern, die heute im besten Alter oder schon fast Rentner sind."

Es war ein harmonisches Miteinander von Kunden und Familie, erläutert Tochter Elisabeth Günter. 240 Privatkunden in Wittlich bedauern, dass es mit dem Lieferservice bald vorbei ist. Am Telefon reichten wenige Worte: "Ich hätte gern meine Getränke", noch nicht mal der Name musste fallen, und schon wussten Boors, was der Kunde wünschte. Wer Getränke in den Markt an der Lieserbrücke in der Himmeroderstraße abholen kam, der konnte sich auf eine angenehme Einkaufssituation mit viel Parkplatz und ohne lästige Leergutbons einstellen.

Und wer knapp bei der Kasse war, ließ anschreiben. "Wir sind selten enttäuscht worden und hatten in den letzten Jahren nur zwei faule Kunden", erläutert Birgit Boor.

Die 76jährige Walburga Boor berichtet aus den Anfängen in ihrem 1910 gebauten Elternhaus, das nach und nach zum Getränkemarkt erweitert wurde: "Mein Mann Franz Boor, gelernter Müller aus Pelm/Kyll, war Auslieferungsfahrer bei der Karlsberg Brauerei. Aber das reichte nicht zum Leben. Daher haben wir 1963 mit dem Verkauf von Getränken begonnen.

"Daraus wurde ein Vollerwerb." Zunächst waren es einzelne Flaschen, die Walburga Boor an die Haustür gebracht hat, wenn ein Kunde klingelte. Das Geschäft florierte, die Räume wurden 1983 erweitert. Mitte der 80er Jahre hatte Boor vier bis fünf Mitarbeiter. Die "Boormänner" wurden in ganz Wittlich bekannt. Mit den Boormännern waren jedoch nicht die Mitarbeiter gemeint, sondern eine besondere geformte Karlsberg-Bierflasche.

"Mit denen sind ganze Generationen großgeworden", sagt Axel Boor. Manche Fans der Boormänner treffen sich bis heute täglich am Getränkemarkt und genießen ihr Bier oder schauen den Wanderern am Lieserpfad zu. Denn der läuft direkt an Getränke Boor entlang. Allerdings haben die Touristen kaum Umsatz gebracht. Der Umsatz ging insgesamt zurück, als das Einwegpfand eingeführt wurde. "Im Prinzip ist es eigentlich nur das veränderte Kaufverhalten. Alles strömt zu Aldi, Lidl und Co. Oft sind unsere Einkaufspreise höher als deren Abgabepreise", sagt Axel Boor.

Getränke Boor in der Himmeroderstraße schließt am heutigen Silvester 2009.

Aber die Boors sind dennoch guter Hoffnung: Tochter Elisabeth Günter erwartet bald ihr erstes Baby.

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