"Gott sei Dank ist die Brücke im Bau"

ALTRICH. "Das ist eine einzige Geldverschwendung" zitierten wir die Ansicht zweier pensionierter Fachleute zur Wildbrücke beim Autobahnkreuz Wittlich. Der TV-Artikel ließ Heinrich Benz aus Altrich keine Ruhe: "Das ist so nicht haltbar." Nach Ansicht des Freizeitjägers ist die zwei Millionen Euro teure Projekt an dieser Stelle alles andere als unsinnig, sondern dringend notwendig.

Lange bevor A 1, A 60 und B 50 neu im Gespräch waren, gab es so genannte Fernwechsel, auf denen Wildtiere seit Jahrhunderten kilometerweit wanderten, um neue Nahrungsplätze und Artgenossen zur Fortpflanzung zu finden. Für Rotwild ist das sogar überlebenswichtig, da sonst der genetische Austausch zwischen verschiedenen Tierpopulationen fehlt. Die Folge: genetische Degeneration.Früher sagten sich Dachs und Hirsch gute Nacht

Viel befahrene Straßen wirken in diesem Ökosystem wie ein unpassierbarer Riegel. Deshalb werden bei Projekten wie der B 50 neu Ausgleichsmaßnahmen geplant, die die Schäden für Fauna und Flora in Grenzen halten sollen. Die zwei Millionen Euro teure Wildbrücke über die A 1 ist eine solche Ausgleichsmaßnahme. Und sie war von Beginn an umstritten (der TV berichtete mehrfach). Seit die ersten Konturen der 33 Meter langen, 32,5 Meter breiten und etwa sechs Meter hohen Brücke am Rande der Autobahn sichtbar werden, kommt auch die Diskussion über Sinn und Nutzen des Projekts, das der Bund aus Steuergeldern finanziert, wieder in Fahrt.

Der Landesbetrieb Straßen und Verkehr (LSV) Trier, der vor mehr als zwei Wochen angeschrieben wurde, war bisher zu einer Stellungnahme nicht bereit. Dennoch blieb unser jüngster Artikel, in dem der pensionierte Forstamtsleiter Hermann Bornmüller und der pensionierte Revierleiter Bernd Krewer die Wildbrücke an der geplanten Stelle als "eine einzige Geldverschwendung" bezeichneten, nicht ohne Resonanz.

"Gott sei Dank wird die Brücke genau dort gebaut", sagt Heinrich Benz, Freizeitjäger aus Altrich. Die Argumente der beiden Pensionäre gegen eine Wildbrücke beim Autobahnkreuz (siehe Hintergrund) haben Benz so richtig auf die Palme gebracht. "Das ist so nicht haltbar", sagt der Naturfreund, der vor seiner Rente als Landwirt Gut Hardt bewirtschaftet hat. Er ist ein "Altricher Jung" und kennt die 600 Hektar Wald auf der Gemarkung seines Heimatorts wie seine Westentasche.

"Früher", sagt Benz und meint die Zeit, bevor A 1 und A 60 den Wald zweiteilten, "gab es hier Rotwild, Rehwild, Dachse, Füchse - alles, was man sich vorstellen kann." Den letzten Hirsch hat er 1997 in seinem gepachteten Revier gesehen. Tot gefahren auf der Autobahn.

Ein Hauptfernwechsel sei früher etwa auf Höhe des Autobahnkreuzes verlaufen, erklärt Benz. Deshalb findet er die Wildbrücke an der geplanten Stelle auf jeden Fall richtig. Die Brücke liegt nach Einschätzung des Altrichers nur etwa 500 Meter Luftlinie vom alten Fernwechsel entfernt. Benz: "Direkt am Autobahnkreuz hätte die Brücke keinen Sinn ergeben. Da ist es einfach zu laut. Und nachts auch zu hell."

Ähnlich wie Bornmüller und Krewer hält auch der Altricher eine Wildbrücke bei Greimerath für nötig, da damit Kondelwald, Grünewald und Kyllwald verbunden werden könnten. "Aber deshalb darf man nicht die Brücke beim Autobahnkreuz in Frage stellen", sagt Benz. Er sieht das Straßenbau-Projekt keineswegs nur rosa-rot.

Im Gegenteil: Für die B 50 neu wird direkt bei der Anschluss-Stelle zur Autobahn ein Wiesental verfüllt.

"Das war früher ein ruhiger Einstand (Tagesrastplatz) für das Wild. Der geht damit für immer verloren", klagt Benz. Zudem wird ein Waldbach verrohrt, und Benz befürchtet weiter, dass wegen der Tiefendränage, die unter der B 50 neu verlegt wird, einige Bäume vertrocknen werden. "Straßen sind nicht mehr wegzudenken. Das ist ein Wirtschaftsfaktor. Aber dann müssen auch Ausgleichsmaßnahmen her. Und zwar an Ort und Stelle", findet Benz.

Ende kommenden Jahres sollen laut Plan die Bauarbeiten für die Wildbrücke abgeschlossen sein. Benz betont: "Mir geht es nicht um mein Jagdrevier. Bis das Wild die Brücke annimmt, wird Zeit vergehen. Vielleicht kommt das Rotwild wieder, wenn die Brücke begrünt ist. Aber ich werde davon bestimmt nicht mehr profitieren."

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