Gute-Laune-Pflicht mit Maßkrug und Lederhose

Wittlich · Das große Vorbild in München ist in diesem Jahr bereits vorbei, doch in Wittlich wird noch gefeiert. Unser Reporter war einen Abend lang dabei auf dem größten Oktoberfest in Rheinland-Pfalz - zwischen Lederhosen und Jeans, Weißbier und Sprudel, der Spider Murphy Gang und den Höhnern.

Wittlich. Die Lichter werden herunter gedimmt, der letzte Akkord verklingt. Links auf den orangen Bierbänken fährt sich ein junger Kerl einmal mit der Hand durch die braunen Haare, trinkt einen Schluck aus seinem Maßkrug und öffnet den obersten Knopf seines Hemdes.
Am Nebentisch prostet sich eine Gruppe von Menschen in Dirndln und Lederhosen zu. Vor der Bühne warten sie alle gemeinsam auf das nächste Lied. Kurzes Durchschnaufen.
Dann blitzen die Strahler wieder auf und die Stimme von Sänger Markus schallt aus den Boxen: "In München steht ein Hofbräuhaus…" "…Doch Freudenhäuser müssen raus, damit in dieser schönen Stadt…" Mehrere hundert Besucher greifen die Zeilen auf, singen lauthals und tanzen und klatschen direkt wieder mit.
Das Bungert Oktoberfest ist das größte in ganz Rheinland-Pfalz. Für die ersten drei Oktoberfest-Wochenenden schätzt Winfried Bungert bereits zwischen 25 000 und 30 000 Besucher, die zu Bier und Live-Musik im 5000 Quadratmeter großen Zelt gefeiert haben.
Heute zählt der Spaß


Und egal, wer dort vorne auf der Bühne steht, ob die prominenten Vertreter wie Jürgen Drews oder Mickie Krause, oder wie an diesem Freitagabend die oberfränkische Band Tollhaus - das Publikum in Wittlich ist gekommen, um Spaß zu haben.
"Wir kommen jedes Jahr wieder und genießen die Stimmung", erzählt Simone Höfig aus Hetzerath. Sie ist mit ihrer zehnköpfigen Mädels-Clique, den "Hühnern", hier. "Diesen Abend gönnen wir uns", fügt Verena Monzel hinzu.
Neben den "Hühnern" gehört auch für viele weitere Gruppen der Abend auf dem Oktoberfest zum Pflichtprogramm: So stehen auch die Fußballer Tom, Lukas und David mit ihrer SG Irrel auf den Bänken und feiern mit Anna, Laura und Sabrina von der Clique der "Eifler Bauern".
Wer einfach ruhig mit einem Sprudel auf seiner Bank sitzen bleiben will, wird an diesem Abend so lange bearbeitet, bis er ebenfalls auf den Bänken tanzt oder sich beim Nachbarn eingehakt hat und mitschunkelt. Da ist es auch egal, dass man einen langen Tag hatte und eigentlich hundemüde ist, dass Musik von den Höhnern eigentlich wirklich nicht auf ein Oktoberfest passt oder dass die Freundin vor wenigen Wochen Schluss gemacht hat - das wird heute ausgeblendet, heute zählt der Spaß.
Den hat an diesem Freitag jedes Alter. Auch Hans und Ute tanzen. Sie im Dirndl, er in dunkelgrauem Hemd und Jeans. Die beiden haben eine Abo-Karte und kommen jedes Wochenende. In einer Frage sind sie sich aber doch uneinig: "Ja, ein Dirndl gehört dazu", sagt die 49-Jährige. "Nein, Lederhose braucht man nicht", meint der 57-Jährige.
Spaß haben übrigens auch diejenigen, die an diesem Abend auf dem Oktoberfest arbeiten: "Wir sind regelmäßig auf dem Oktoberfest dabei", erzählt Elke Berhard. "Wir machen das schon gerne. Und wir sind da, wenn es Probleme geben sollte", sagt Thomas Groeger. Die beiden sind zusammen mit weiteren ehrenamtlichen Maltesern für die Gesundheit der Gäste unterwegs.
"Und wenn ich im November an den Wochenenden dann nicht mehr in einem Festzelt stehe und bediene, fehlt schon etwas", erklärt auch Yelenah Hürter, die im VIP-Bereich die Maßkrüge zu den blau-weiß-karierten Tischdecken bringt.
Aber bis dahin werden noch viele Gruppen feiern, tanzen, singen und klatschen. Und es wird noch einiges an Bier fließen, denn vorne an der Bühne recken sie alle ihre Krüge schon wieder nach oben. Jetzt singen alle zusammen: "Ein Prosit, ein Prosit, der Gemütlichkeit …!"

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