Händler wollen Autos in der Stadt

Seit dem verkaufsoffenen Sonntag liegen in Geschäften der Innenstadt Unterschriften-Listen aus. Darin wird eine Umwandlung der Fußgängerzone in einen verkehrsberuhigten Bereich mit Fahrtrichtung zum Marktplatz gefordert.

 Menschenleer und kein Verkehr: Die Neustraße sorgt wieder für Diskussionsstoff. TV-Foto: Sonja Sünnen

Menschenleer und kein Verkehr: Die Neustraße sorgt wieder für Diskussionsstoff. TV-Foto: Sonja Sünnen

Wittlich. "Räumungsverkauf", "Laden ab sofort zu vermieten": Diese Slogans plus Leerstand-Fotos bebildern die Unterschriftenliste. Wer sie unterschreibt, wünscht eine Öffnung der Straße für den Verkehr von oben in Richtung Marktplatz. "Man hofft, dass es für die ganze Stadt was bringt", sagt eine Verkäuferin in einem Traditionsgeschäft am Pariser Platz. Dort haben in zwei Tagen 26 Unterstützer unterschrieben. Sie kommen aus Dreis, Bergweiler, Minderlittgen, fünf aus Wittlich. "Viele sagen, es wird Zeit. Andere fragen: ,Bringt das denn noch was?´", heißt es zu den Kunden-Reaktionen.Zuletzt im Juli 2005 im Stadtrat debattiert

Die Meinungen sind unterschiedlich. Peter Meyenschein hat sein Geschäft am Markt und beteiligt sich nicht. "Ich bin nicht prinzipiell gegen die Öffnung", sagt er, "sondern gegen die Art und Weise in Form einer Unterschriftenaktion. Darüber zu sprechen, wäre die Bürgerversammlung zum Masterplan eine Gelegenheit."Zuletzt stand das Thema Neustraße im Juli 2005 öffentlichkeitswirksam zur Debatte. Damals demonstrierten Geschäftsleute pro Öffnung der Straße für den Verkehr. Zu der damaligen Sitzung, die auf Antrag der FWG das Thema auf der Tagesordnung führte, hatte sich die Verwaltung für eine probeweise Öffnung, allerdings in Fahrtrichtung vom Markt gen Post, ausgesprochen. Die Mehrheit des Stadtrats lehnte die Öffnung ab. Es hieß damals, die Sicherheit der Fußgänger und "immer zahlreicher werdender Radfahrer" sei wichtig, auch brächten Radfahrer Kaufkraft und man wolle die "künftige Innenstadtentwicklung nicht durch unnötigen Durchgangsverkehr" beeinträchtigen. Auch den Stadtmarketingverein betrifft die Fragestellung pro oder contra Fußgängerzone. Immerhin gibt es eine Initiativgruppe, die "Innenstadtkonzept und Verkehrssituation" zu ihren Aufgaben zählt. Von der Unterschriftenaktion hat Karsten Mathar erst aus der Zeitung erfahren. Er sagt: "Der Verein würde sich über eine probeweise Öffnung freuen. Kurzzeitparkplätze sollten das Angebot ergänzen."Hans Gelz und Michael Scheid sind beide kein Mitglied mehr im Verein. Sie haben die Aktion initiiert und zusammen selbst jetzt über 200 Unterschriften gesammelt. In 26 Geschäften liegen die Listen, man hofft auf eine Unterschriftenzahl im "mindestens vierstelligen Bereich". "Das ist kein Allheilmittel. Das ist ein erster Schritt", sagt Michael Scheid. Hans Gelz sagt zu den erhofften Folgen der Aktion: "Eine Fortführung der Diskussion in Verwaltung und im Rat mit dem Ziel, dass endlich die Augen geöffnet werden und die Erkenntnis kommt, dass es zwingend notwendig ist, die Straße von oben nach unten zu öffnen." Meinung Mehr Leben im Laden Das Engagement der Initiatoren der neuerlichen Unterschriften-Aktion ist begrüßenswert. Denn das Anliegen zeigt, dass sich Kaufleute Gedanken um den Standort Wittlich machen. Gleichwohl ist das Ansinnen der Autofreunde wenig zielführend. Die paar durch die Öffnung der Neustraße entstehenden zusätzlichen Parkplätze reißen es auch nicht heraus. Und ob der Autoverkehr das Einkaufsvergnügen hebt, ist ebenfalls fraglich. Die Herausforderung für die Gestalter einer zukunftsfähigen Innenstadt liegt tiefer: Aufgrund wachsender Mobilität verschwindet die althergebrachte feste Bindung der Menschen zum Fachhandel im nahe liegenden Mittelpunktsort. Pessimistisch betrachtet wird deshalb die Zahl der Fachhändler weiter zurückgehen. Dieses Ladensterben birgt jedoch auch den Ansatz für die Wiederbelebung der Innenstadt. Wie wäre es mit ganz neuen Ideen, wie der Schaffung attraktiven, modernen und zeitgemäßen Wohnraums in der Stadtmitte? Das bringt Hausbesitzern zwar weniger Miete ein, ist jedoch allemal besser und einträglicher, als mit Plakaten oder Ausstellungsgegenständen den Leerstand zu kaschieren. h.jansen@volksfreund.de

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