Im Wohnzimmer ist es "grailisch schien"

Drei Engel für Wittlich, famose Altstadtsänger, ein unvergleichlicher Kranker, eine quengelige Quiesel, bekloppte Vitrinscha und bezaubernde Flugbegleiterinnen reißen Wittlichs Narren von den Sitzen.

Wittlich. Als "Krebse Pitta" auf der Bühne tanzt, war Juppa Kaspari längst vom Ex-Doktor und jetzt geduldigem Patienten Willi Oberholz zum Giganten des Frohsinns geadelt: Mit "Juppa und Pitta" im Publikum statt auf der Rentnerbank: Nach Mitternacht jubelten die ersten 250 von 1000 Besuchern der Narrenzunft-Sitzungen: Die Premiere 120 Aktive im "Wohnzimmaschie", dem St. Bernhard-Saal, war über die Bühne und Günna Eller konnte nur noch allen "Merci" sagen. Es war "greilisch schien". Stimmung in Moll war ja beim Motto "Kuldur" tabu. Wittlichs oberster Kulturchef durfte da nicht fehlen. Wenn auch nicht leibhaftig war "dat Justinschie Calleen" allgegenwärtig. Nicht nur, weil sein "Großpapa eine große Kinstla" war, wie die eleganten Altstadtsänger intonierten. Beim Besuch der alten Dame, alias Quiesel, ging es auch um anderer Leuts Gebrechen. "War denn der ganze Rat erkrankt?" sorgte sie sich ob der "Täfellein" in der Stadt. Und zwei davon, die "Vitrinscha", die sonst als "suh ähn Schwachsinn loah" die Stadt bevölkern, zelebrierten die hohe Kunst der Selbstironie mit viel "Fiderallala". Halleluja hieß es dagegen bei drei Engeln, die trotz Fluudten (Flügeln) noch vom Einkaufen bei Freckmann träumen. Das Publikum johlte. Das tat es auch zu den tollen Tanzeinlagen, ließ sich von wilden Mongolen erobern, von sexy Flugbegleiterinnen von den Sitzen reißen, süßen Piraten, Vierwidznoohsen und Peppels begeistern. Einen Fan-Club mit Rosenkavalieren ("Ursula, wir lieben dich!") gab es für die Lerche des Liesertals, die Grande Madame des Medley-Singens. Ein Metier, in dem auch die Bibpailen brillieren. Conferencier Klaus Ley spricht zwar immer noch kein Platt, scheut sich aber nicht, bewährt kalauernd zu kommentieren, wer da vor den Augen des Elferrates, ob als stolzer Adonis, Stammtischbruder, pubertätsgeplagter Teenager oder Weihnachtsmann-Paar ans Rednerpult tritt. Dahin hätte es ein Patient nach seiner aberwitzigen Prothesen-Odyssee fast nicht geschafft. Doch weil sein Doktor stets erkannte, was mit seinem bedauernswerten Patienten Willi Oberholz los war, und der seine Rollator-Tour unfallfrei mit Beinverkürzung links überlebt hat, wurde auch das Publikum gründlich behandelt: Wenn Lachen gesund ist, wird das Patientenleiden des Doktors im Ruhestand 1000 Menschen kurieren. Wenn es auch zwei Rentnern wieder rauf auf die Bank hilft, umso besser. Extra Die Mitwirkenden: Vierwidznoohsen, Än Stammdischbrooda (Heiner Kaspari), Pepples, Dä Vorruheständler (Wolfgang Metzen), Die zwei Vitrinscha (Adi Kaspari und Elfriede Ambrosius), Ach wenn ich denn schon 18 wär (Susanne Denkert), Männerballett, Tratschweiber (Rita Neukirch, Jutta Weisenfeld, Resi Schwab), Die Lerche vom Liesertal (Ursula Komes), Die Altstadtsänger, Zwei Weihnachtsmädels (Clara Boor und Hermann Barzen), Hippeldärscha, Än äla Quiesel (Ulrike Möhn), Bumblebees, Än oarm Sau (Willi Oberholz), Bibpailen und die Herren des Elferrates plus Tutti Colori.

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