"I'm the Piechtamähnch!"

Konkurrenz für die Sage von der Sau: Das legendäre Piechtermännchen zeigte sich zur Säubrennerkirmes. Der Bürgermeister nutzte diese historische Stunde, um das Männchen für die Feiernden zu gewinnen: Der grüne Hautz vom Tempelkopf hatte die Ehre, die Kirmes zu eröffnen.

Wittlich. Das hat selbst der Stadtheilige noch nicht erlebt: Dem puren Aberglaube wurde zu seinen Füßen in der Nacht Eins der Wittlicher Säubrennerkirmes gehuldigt! Als gebe es die aufgeklärte Neuzeit nicht, jubelte das Volk einem wunderlichen Gnom mit allerlei grünem Gestrüpp auf dem Buckel zuUnd noch kurioser: Ohne die sagenhafte Erscheinung hätte die diesjährige Kirmes gar nicht starten können. Denn als zu Füßen von St. Rochus der ehrwürdige Marktplatz von einer Flut von Körpern überschwappte, rief die heidnische Gestalt die entscheidende Formel, wenn auch mit merkwürdigem Dialekt: "The Säubrännakims 2007 is 'öffnäht!" Das freute nicht nur die Feiernden der Freitagnacht, sondern auch Bürgermeister Ralf Bußmer. Er hatte die Gunst der Stunde erkannt, und erwies dem Männchen sogleich eine große Ehre: "Da wir nur einmal alle 20 Jahre das Piechtermännchen hier präsent haben, soll es die Kirmes eröffnen!" Die Sagengestalt hatte schon zum Schluss des Festschauspiels für Furore gesorgt, als sie plötzlich in der Eroberungsszene auftauchte und rief: "Majusebätta. I'm the Piechtamähnch!" Der letzte Kelte vom Tempelkopf sei er. Da klatschte schon im Stadtpark das Publikum, die Warnungen der Kräuterliesel vergessend, die angesichts des Gnoms schrie: "Looh, is ett! Oh, Majusebätta!"Motto: "Muss I denn - ins Städtele hinein"

Da hatte die Sau zum Glockenschlag zehn Uhr schon die Rübe im Stadttor verputzt. Und die Idee der Maßens, dort, noch ein paar Verkehrskreisel zu bauen, um die Eroberer zu verwirren, konnte nicht mehr umgesetzt werden. Der Stechermattes hatte im Festschauspiel keine Verteidigungsstrategie für die Stadt parat. Lieber beschäftigte er sich mit den schönen Künsten, um einen Wittlicher zu verteidigen. Da habe doch so ein "Unkel aus Hannover des Freiherrn Justinus Maria von Calleen" gewagt, sich einzumischen und zu sagen, "unser Bildhauer Scherl sei nicht würdig für eine Ausstellung". Solch kleine Spitzen zur Lokalpolitik gehören ebenso zum Schauspiel wie die kleinen "Schweincha", die Waschweiber oder der Gesang der Kinder mit der Lerche vom LiesertalDie weit mehr als 100 Aktiven, die die Sage im Dialekt aufführen, wurden mit großem Publikum belohnt, das später in einem Zug von mehr als 1000 Menschen zum Marktplatz zog um in diesem Jahr die Kirmeseröffnung der besonderen Art zu erleben. Dazu trommelten und trompeteten wieder die Gerolsteiner Stadtsoldaten, die auch den Auftakt des Festspiels gestaltet hatten. Ihr Abschiedlied "Muss I denn zum Städtele hinaus", hieße zur Kirmeszeit besser "ins Städtele hinein". So kamen auch die Neuerburger zum 21. Mal ins Städtchen hinein mit ihren Böllerschützen. Sie sorgten dafür, dass es richtig kracht, knallt, wummst und dampft, bevor der Ritter von Ehrenberg mit einem Belagerungstrunk gnädig gestimmt wird. Ob ihr "Schnellschuss" zu Beginn oder der große Kanonenböller Grund waren, dass die Regenwolken über der Wittlicher Senke das Weite suchten? Wer weiß, vielleicht war das Piechtermännchen der Grund. Denn wie man weiß, ist die Kirmes so oder so eine sagenhafte Angelegenheit, und das macht sie so "grailisch schien".

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