Joints statt Bonbons

WITTLICH. Weil sie in ihrer Wohnung Haschisch und Marihuana an Jugendliche weitergegeben hat und auch einiges an Drogen besaß, wurde eine drogenabhängige Frau aus Wittlich zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilt.

In seiner Urteilsbegründung wurde der Vorsitzende des Schöffengerichts, Josef Thul, sehr plastisch: "Die Angeklagte hatte ein offenes Haus für junge Leute, in dem es keinerlei Schamgrenzen im Umgang mit Drogen gab. Jede Form von Droge war dort zugänglich. Wie andere ihren Kindern Bonbons und Eis geben, stellte sie Joints zur Verfügung." Dies hatten zuvor die Aussagen zweier 16-Jähriger - die eine kam in Handschellen direkt aus dem Gefängnis zum Gericht - in Ansätzen belegt. Richter Thul: "Ein mildes Urteil"

"Fast jeder hat da Drogen konsumiert", hieß es und: "Sie (die Angeklagte) saß in den Runden dabei, wenn wir Joints geraucht haben... Etwa fünf Mal hat sie Haschisch zur Verfügung gestellt." Auch die ebenfalls 16-jährige Tochter der Angeklagten hatte demnach mitgeraucht. Zudem waren Haschisch und Marihuana hart an der Grenze zum Eigenbedarf bei der 41-jährigen Wittlicherin, die seit Jahren heroinabhängig ist, gefunden worden. Für Thul ein Zeichen dafür, dass diese Drogen der finanziellen Absicherung dienten. Die Gesamtstrafe von zwei Jahren und neun Monaten, in die eine Verurteilung wegen Beleidigung mit eingeflossen war, nannte Thul ein mildes Urteil. Er habe die leise Hoffnung, dass die Angeklagte doch noch eine Therapie mache. Die Beteuerung der 41-Jährigen, eine Therapie liege ihr schon länger sehr am Herzen, konnte den Juristen offensichtlich nicht wirklich überzeugen. Die Angeklagte habe nie eine Therapie geschafft und sei vom Drogenkonsum sichtbar geistig und körperlich angegriffen, sagte er. Auch das "Ich liebe dich" und der Kuss dazu, den die Angeklagte ihrer Tochter beim Eintritt in den Gerichtssaal gegeben hatte, standen im Kontrast zu Thuls Darstellung. Laut Richter hatte sich die Angeklagte um ihre Tochter, die bei Oma und Tante aufwuchs, nicht gekümmert bis diese zwölf Jahre alt war. Mit Hinblick auf die Treffen in ihrer Wohnung sagte Thul zur Angeklagten: "Sie haben einen aktiven Beitrag dazu geleistet, dass diese Kinder, die haltlos waren, weiter in ihr Unglück rutschten." Dem Urteil war eine Einigung von Richter, Staatsanwalt und Verteidiger vorausgegangen. Ein Geständnis der Angeklagten, die trotz mehrfacher Mahnung, die Wahrheit zu sagen, zunächst die Vorwürfe bestritt, wirkte sich demnach strafmildernd aus. Zudem sollte so weiteren Jugendlichen die Strapaze einer Aussage erspart bleiben. Bei der Vernehmung der bereits inhaftierten 16-Jährigen hatten sich zuvor dramatische Szenen abgespielt. Richter Thul hatte das Mädchen, das für einige Monate bei der Angeklagten gewohnt hatte und ebenfalls vom Heroin abhängig geworden war, mehrfach besonders eindringlich ermahnt, nicht zu lügen. Sechs Monate Beugehaft für eine 16-Jährige

Dennoch ließ sie sich - trotz der Zusicherung, dass aus diesem Verfahren nichts gegen sie verwendet werde - Angaben zu Drogenkonsum und -weitergabe der Angeklagten regelrecht aus der Nase ziehen. Sie widersprach früheren Aussagen, die sie gemacht hatte und wurde pampig. Thul fackelte nicht lange und ordnete lautstark sechs Monate Beugehaft an. Die Jugendliche wurde sofort abgeführt. Ihre Aussage, ihr erstes Heroin nicht von der Angeklagten bekommen zu haben, glaubte das Gericht ihr allerdings. Die vorbestrafte Angeklagte nahm das Urteil von zwei Jahren und neun Monaten an. Damit ist es rechtskräftig.

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