Jung ja, aber keineswegs eigensüchtig

Sie sind jung, egoistisch und trinkfreudig. So besagt es eine in der vergangenen Woche veröffentlichte Studie der Bertelsmannstiftung (der TV berichtete). Gemeint sind Jugendliche. Gefragt wurden Erwachsene. Ein Schlag ins Gesicht vieler Heranwachsender, die sich in der Freizeit freiwillig engagieren.

 Jugendliche, die sich engagieren: In Gladbach unterstützt Judith Wingender (linkes Bild, Mitte) ältere Mitbürger. Und in Heckenmünster organisierte ein von jungen Menschen gegründeter Hilfsverein Benefizkonzerte zu Gunsten Bedürftiger (rechts, mit der Band „Mad for Mess“). TV-Fotos: Archiv/Petra Geisbüsch, Archiv/Erich Gerten

Jugendliche, die sich engagieren: In Gladbach unterstützt Judith Wingender (linkes Bild, Mitte) ältere Mitbürger. Und in Heckenmünster organisierte ein von jungen Menschen gegründeter Hilfsverein Benefizkonzerte zu Gunsten Bedürftiger (rechts, mit der Band „Mad for Mess“). TV-Fotos: Archiv/Petra Geisbüsch, Archiv/Erich Gerten

Wittlich. Die Erwachsenen haben ein skeptisches Bild von den Jugendlichen, so das Fazit einer repräsentativen Studie der Bertelsmannstiftung. "Konsumorientiert", "auf den eigenen Vorteil aus" und "zu wenig gesellschaftlich engagiert" lautet das Urteil der Mehrheit der befragten über 34-Jährigen."Diese Studie ist gemein", findet Judith Wingender, "vielleicht sind ein paar so, aber nicht alle. Das ist typisch, da wird von einigen auf alle geschlossen." Die 17-Jährige aus Gladbach hat mit zwei Freundinnen im vergangenen Jahr einen Preis für ihr bürgerschaftliches Engagement von der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich erhalten. Als "stille Stars" sind die drei Mädchen ausgezeichnet worden, weil sie in ihrer Freizeit regelmäßig einer alten Dame vorlesen, ihr im Alltag helfen und sie so nicht alleine lassen.

Auch anderen älteren Menschen in ihrem 400-Seelen-Dorf schreiben sie zu Weihnachten Briefe oder malen etwas für sie. "Leider nicht mehr ganz so oft, weil viele inzwischen verstorben sind", bedauert Judith. "Für uns ist das selbstverständlich - und obendrein macht es uns auch Spaß."

"Schön, was zusammen zu machen"

Spaß - den hat auch Benedikt Stoffel. Der 19-Jährige aus Heckenmünster ist Schriftführer im Verein "Wir wollen helfen", der von sieben Freunden angesichts der Tsunami-Katastrophe Ende 2004 gegründet wurde. Die Jugendlichen organisierten ein Benefizkonzert, 8500 Euro konnten sie in die von der Flutkatastrophe gebeutelte Region schicken. Anschließend setzten sich die jungen Leute zusammen und entschieden, dass sie weitermachen.

Aus den sieben Mitgliedern sind inzwischen 76 geworden, zwischen 15 bis 80 Jahren ist jedes Alter vertreten, der Vorstand hat ein Durchschnittsalter von etwa 20. "Es ist schön, was zusammen zu machen", erklärt Benedikt seine Motivation, "und es ist schön, wenn man weiß, dass man was getan hat, das andere glücklich macht." Er ist davon überzeugt, dass er und seine Vereinsmitglieder keineswegs Ausnahmen sind: "Als ich den Leuten in meiner Schule erzählt habe, was wir machen, wollten zwar nicht alle sofort bei uns Mitglied werden, aber sie fanden es schon gut, und viele unterstützen uns, zum Beispiel beim Flyerverteilen."

Einsatz beim Jugendrotkreuz

Auch die 17-jährige Janina Jung kennt viele, die sich engagieren. Allerdings kann sie sich vorstellen, wie die Ergebnisse der Studie der Bertelsmannstiftung entstanden sind: "Ich glaube, dass es in größeren Städten anders aussieht, da sind viele aufs Partymachen aus." Sie selbst macht - schon seit sie sechs ist - bei den Jugendrotkreuzlern mit, inzwischen ist sie Gruppenleiterin. Dort erklärt Janina den Kindern Erste Hilfe, beschäftigt sie und fährt mit ihnen auf Freizeiten. "Ich finde es wichtig, dass die Kinder nicht auf der Straße stehen."

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Judith, Benedikt und Janina - nur Einzelfälle, die die Regel der wenig gesellschaftlich engagierten Jugendlichen bestätigen? Keineswegs, sagt Anita Wirtz, in der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich zuständig für die Servicestelle "Freiwilliges Engagement": "Es gibt im Kreis sehr vielfältiges Engagement von Jugendlichen und zwar in allen Bereichen - sei es im politischen, im sozialen, im kirchlichen oder im ökologischen Bereich, in Rettungdiensten, Feuerwehren, in Sport-, Musik- oder Kulturvereinen."

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