Kein Nachfolger für Netto im Wittlicher Stadthaus in Sicht

Wittlich · Die einen freuen sich, wenn Netto aus dem Stadthaus in den Vitelliuspark umzieht, andere beklagen einen Verlust innenstadtnaher Versorgung mit preiswerten Lebensmitteln. Laut Stadtverwaltung steht fest, dass kein Discounter Nachfolgemieter wird.

Wittlich. Rings um die Innenstadt haben sich die bekannten großen Discounter angesiedelt: Aldi gibt es zwei Mal sowie Lidl, Edeka, Norma. Und Bungert plus Real gelten ebenfalls als Lebensmittler mit Zusatzartikeln vom Gartengrün bis zum Kleinmöbel. Weiterhin gibt es die beiden Schnäppchenmärkte, die ebenfalls auch begrenzt ungekühlte Lebensmittel wie auch Drogerie Müller oder der DM-Markt anbieten. Und der Discounter Netto hat in der Friedrichstraße und im Stadthaus Standorte in Wittlich. Damit ist er der Altstadt am nächsten. Doch der Mietvertrag über die 600-Quadratmeter-Fläche im Stadthaus läuft im Oktober aus und Netto zieht um. Im Neubauprojekt im Vitelliuspark in etwa gegenüber des Globus Baumarktes wird seine neue Adresse mit 800 Quadratmetern Verkaufsfläche sein.Schwierig: Anlieferverkehr

Für das bisherige innenstadtnahe Geschäft hat die Stadtverwaltung als Eigentümer des Stadthauses noch keinen Nachmieter gefunden.
Bisheriger Sachstand ist, so Jan Mußweiler: "Gegenwärtig wird geprüft, wie die zum 1. November 2016 frei werdende Fläche des Netto-Marktes konzeptionell überplant werden kann, da hierfür trotz intensiver Bemühungen kein Nachmieter gefunden werden konnte."
In der Ratssitzung hat Adelheid Wax, Bündnis 90/Die Grünen, nach dem Sachstand gefragt. Anlass: Eine Bürgerin habe einige der Stadträte angeschrieben und gebeten, sich für einen Lebensmitteldiscounter in der Stadt einzusetzen, sie mache sich Sorgen, wenn eine zentrumsnahe Versorgung wegfalle.
Ob die Stadt Interessenten nicht vielleicht mit einer Mietreduzierung entgegen kommen könne.
Bürgermeister Joachim Rodenkirch sagte: "Wir haben mit allen Partnern, die es im Lebensmittelgewerbe gibt, gesprochen. Die haben an dieser Immobilie oder anderen in der Innenstadt kein Interesse."
Ein Problem sei zum Beispiel der Anlieferverkehr: "Sie merken ja, dass das schon bei der Schlossgalerie zu Problemen führt. Es sind ja keine Kleinbusse, das sind LKW, wenn die anliefern. Und Supermärkte werden nachts angefahren und denken in ihren Strukturen in größeren Dimensionen als wir anbieten können. Nur in einen Neubau würden die alle gerne."Umzug in den Vitelliuspark


Und einen Neubau wird es für Netto auch im Vitelliuspark geben. Die künftigen Flächen sind Teil einer Acht-Millionen-Euro-Investition. Grundstein für das neue Fachmarktzentrum wurde vor einem Monat gelegt (der TV berichtete). Im November soll bereits Netto eröffnen.
Hinzu kommen Burger King, Dunkin' Donuts und Matratzen Concord.
Im Hinblick auf die verbleibenden Angebote zur Direktversorgung mit Lebensmitteln in der Innenstadt sagte im Stadtrat Erika Werner, SPD: "Es ist ja doch so: Wir haben noch den kleinen Laden und auch Biogate. Es wäre fatal, wenn da noch ein Discounter hinkäme. Dann wären die auch noch geschlossen. Und mit dem neuen Rufbus kann man ja künftig zum Supermarkt am Stadtrand fahren, wenn man will."Schlechtere Versorgungslage

Weiterhin decken Drogerie Müller in der Schlossgalerie und der DM-Markt in der Schlossstraße auch Spezial-Teile des Lebensmittelsegments von der Süßigkeit bis zum Tee ab, ein türkisches Geschäft kommt hinzu und nicht zu vergessen der Wittlicher Wochenmarkt plus Fachgeschäfte vom Bäcker bis zur Fleischerei.
Auf TV-Nachfrage hatte die Pressestelle der Industrie- und Handelskammer zu der Netto-Umsiedlung wie folgt Stellung genommen. "Der bisherige Standort des Netto Marken Discount im Stadthaus war von der Innenstadt fußläufig zu erreichen und bewegt sich damit nun leider weiter an den Stadtrand. Das verschlechtert die Versorgungslage in der Innenstadt."Meinung

Halb so schlimmDer Wegzug von Netto hat auch gute Seiten. Direkt neben dem Discounter liegt die Wittlicher Skaterbahn, eine kleine Sportanlage für Jugendliche, die dort mit Skateboards und Fahrrädern Sprünge üben. Die Anlage ist immer wieder mit Scherben verschmutzt und stinkt: Insbesondere die sogenannte Halfpipe wird von Männern als Toilette genutzt, weil man sich da so schön unterstellen kann. Viele der Männer sind alkoholkrank, kaufen bei Netto ein und hängen dann an der Halfpipe rum. Das an sich ist nicht schlimm, die meisten trinken ruhig vor sich hin, das Pinkeln allerdings ist ziemlich ekelhaft. Das wird sich ändern. Mit dem Wegzug ihres Alkoholhändlers werden die Abhängigen vermutlich auch umziehen. Besondere Nettokunden sind sicher auch die Kinder und Jugendlichen der benachbarten Schulen, die werden das Geschäft vermissen, aber auch im Einkaufszentrum fündig werden. Was bleibt? Auf jeden Fall andere Möglichkeiten, in der Stadt einzukaufen. Die Massen, die es jetzt schon an den Stadtrand zieht, um Schnäppchen zu machen oder mit dem Auto bis vor die Ladentür zu fahren, haben sich eh schon längst anders entschieden. Das ist sogenannte freie Marktwirtschaft, oder? s.suennen@volksfreund.de

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