Keine Spur von Sentimentalität

WITTLICH. (red) Alle Jahre wieder, aber diesmal ganz anders - die traditionelle "Musik bei Kerzenschein" in der Wittlicher Synagoge weckte in diesem Jahr vor allen anderen Geistern die Lebenslust. Anhaltender Beifall für das "Kölner Klassik Ensemble" gab es bereits nach dem ersten Stück.

Die "Musik bei Kerzenschein" in der Wittlicher Synagoge war diesmal im herkömmlichen Sinn nicht besinnlich, aber sie war beseelt von der Freude am Leben, wie es sich an einem Geburtstagsfest auch gehört. Der Musikkreis Stadt Wittlich hatte das "Kölner Klassik Ensemble" eingeladen, ein ebenso junges wie kraftvolles und musikalisch hoch differenziertes Kammerensemble von acht Musikern, die den Raum zuweilen mit der Klangfülle eines Orchesters zu erfüllen schienen. Ein Grund dafür war die Entscheidung, bei einigen Kompositionen in der Streichquartettbesetzung die erste Violine zu doppeln und dem Cello einen Kontrabass zur Seite zu stellen. Mehr noch lag es an dem kraftvoll gestrichenen Ton und der präzis eingesetzten Energie. Die offensichtliche Begeisterung der Musiker über das, was sie gerade spielen, und ihre Freude über die für Kammermusik ideale Akustik der ehemaligen Synagoge sprangen schnell auf das Publikum über. Kluge Dramaturgie des Programms

Das lag zu einem guten Teil auch an der, wie sich zeigte, klugen Dramaturgie des Programms, für die der musikalische Leiter des Ensembles, der Gitarrist Tobias Kassung, verantwortlich zeichnet. Luigi Boccherini hatte 1798/99 einige seiner Kompositionen für die damals überaus beliebte Gitarre arrangiert. Vor allem im letzten Satz, dem ein spanischer Fandango-Tanz zugrunde liegt, sprang der Funke der Musik über, so dass es das Publikum kaum auf den Stühlen hielt. Mit seiner geradezu körperlichen Tongebung näherte sich das Kölner Klassik Ensembles auch Mozarts Klavierkonzert Nr. 14 in Es-Dur (Köchel-Verzeichnis 449), durchaus selbstbewusst und klar strukturiert. Die Solistin Natasa Majer zeigte sich als eine souveräne Mitspielerin, die den Klavierpart mit vergnügter Leichtigkeit gestaltete. Mit der "Holberg-Suite" Opus 40 von Edvard Grieg (1843-1907) sprangen die Musiker nach der Pause beherzt in die Klangwelt der Spätromantik. Die Holberg-Suite gehört zu den sehr beliebten Musiken für Streicher, um so erfreulicher, dass das Kölner Klassik Ensemble sorgfältig auf die von Grieg komponierte Balance zwischen den barocken Tanzvorlagen und der romantischen Tonfärbung achtete und nicht den Effekten hinterher rannte. Dieser Gefahr erlagen die Musiker dann auch nicht bei der populären Komposition "Introduction et Rondo capriccioso" in a-moll von Camille Saint-Saëns (1835-1921) für Violine und Orchester. Es ist ein virtuoses Glanzstück für Geiger, das Irakli Tskhadaia als Solist mit großer Sicherheit und wie selbstverständlich gestaltete, ohne jede Attitüde.

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