Klausen: Das Dorf darf seinen Laden nicht besitzen

Nach nur zwei Monaten trägt sich der Klausener Dorfladen bereits. Für die Bürger ist er nicht nur Geschäft, sondern ein Ort zum Treffen und Reden. Probleme gibt es jedoch von juristischer Seite. Die Kreisverwaltung hat Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Ladens.

Klausen/Osann-Monzel. „Morjen Hedwig, bist du auch schon mit deinem Auto unterwegs?“ Wie fast jeden Tag schiebt Hedwig Hoffmann ihren Rollator zwischen den Regalen des Klausener Dorfladens hindurch und freut sich über das sich anbahnende Schwätzchen. Hoffmann will den Dorfladen, in dem es von Brötchen über Gemüse bis Joghurt und Putzmittel alles zu handelsüblichen Preisen gibt, nicht mehr missen. „Ich bin froh, dass wir den Laden haben. Da habe ich Bewegung und Gesellschaft und kann ein bisschen reden.“ Wichtige soziale Komponente Gerade für Menschen wie Hedwig Hoffmann ist der Dorfladen gedacht. Zwar ging es dem Gemeinderat zunächst darum, wieder eine Einkaufsmöglichkeit vor Ort zu bieten, doch das ist nicht alles. Ortsbürgermeister Alois Meyer: „Ein zentraler Aspekt ist die soziale Komponente. Man kann immer in den Laden kommen, um jemand zu treffen. Ältere Menschen haben so wieder eine Aufgabe. Als Ortsbürgermeister bekomme ich doch mit, dass das soziale Gefüge oft nicht mehr in Ordnung ist.“ Meyer wird ganz ernst, als er von isolierten Menschen berichtet, die nur noch auf den Bestatter warten. Und dann erzählt der Ortsbürgermeister die Geschichte, die ihm die allerletzten Zweifel an dem nicht ganz risikofreien Projekt genommen hat. Als der Laden gerade zwei Tage alt war, sagte eine Frau zu ihm: „Hätte ich das gewusst, dann hätte ich mich nicht in Wittlich zum betreuten Wohnen angemeldet.“ Nicht nur der Bürgermeister ist von dem gemeindeeigenen Laden, der sich nach den ersten zwei Monaten bereits trägt, überzeugt. Karl-Heinz Barzen, Klausens erster Beigeordneter, ergänzt: „Die Dorfgemeinschaft steht dahinter und wegen der 100000 Pilger pro Jahr auch die Kirchengemeinde.“ Die Kreisverwaltung befürwortet den Laden ebenfalls, dennoch prüft sie seine Rechtmäßigkeit. Die Verwaltung beruft sich auf die Gemeindeordnung, die die wirtschaftliche Betätigung einer Gemeinde nur in sehr engen Grenzen zulässt. Eine Voraussetzung muss sein, dass der öffentliche Zweck des Projekts nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt werden kann. Pressesprecher Mike-D. Winter verweist auf die Betriebe in Klausen und der näheren Umgebung sowie die mobilen Shops, die möglicherweise die im Laden angebotenen Produkte führten. Auch die geplante Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Beteiligung der Gemeinde, die demnächst ins Leben gerufen werden soll, lehnt die Kreisverwaltung ab. Kosten decken statt Haushalt sanieren Meyer schüttelt angesichts der Argumentation der Behörde den Kopf. Zunächst stellt er klar: „Wir betreiben den Laden mit dem Ziel, die Kosten zu decken, nicht den Haushalt zu sanieren.“ Würden je Gewinne anfallen, würden diese sozialen Zwecken zugute kommen. Meyer erinnert an die Vorgeschichte. Die Gemeinde hatte einen privaten Betreiber für den Laden gesucht, doch der einzige Interessent, der Bürgerservice Trier, hatte sich gegen das Projekt entschieden. Außerdem sei der einzige Laden in Klausen ein Backshop, die nächsten Geschäfte befänden sich in Salmtal. Die mobilen Shops sind für Meyer keine Alternative. „Die sind nicht da, wenn die Pilger hier sind.“ Das Fazit des Bürgermeisters: „Unser Dorfladen schließt eine Lücke, die kein privater Investor füllen kann. Wir werden vorerst nicht vom Konzept eines von der Dorfgemeinschaft getragenen Ladens abrücken.“ Der Laden laufe gerade deshalb so gut, weil er nicht mit Gewinnabsichten geführt werde. Angesichts der demografischen Entwicklung meint Meyer: „Für mich geht es hier um die Frage: Stirbt Klausen oder bleibt der Ort bestehen, weil er noch eine gewisse Infrastruktur hat? Wenn es nicht Aufgabe der Ortsgemeinde ist, sich darum zu kümmern, dann weiß ich es auch nicht!“

MEINUNG

Klausen macht, was alle wollen

Alle wollen das Veröden der Dörfer, das angesichts der demografischen und wirtschaftlichen Entwicklung droht, verhindern. Die Kreisverwaltung ruft die Gemeinden für die nächste Orstbürgermeister-Besprechung in diesem Zusammenhang sogar explizit dazu auf, dafür zu sorgen, dass der Bedarf des täglichen Lebens ortsnah gedeckt wird. Klausen kommt dieser Aufforderung mit seinem Dorfladen akkurat nach — und überschreitet damit aber möglicherweise seine Kompetenzen! Wo leben wir? Was der Dorfladen leistet, nämlich ein breites Warensortiment im Ort anzubieten, können weder der Backshop in Klausen noch der Supermarkt im Nachbarort bieten. Fahrende Händler, die einmal pro Woche kommen, können die Bürger nicht ausreichend versorgen. Wo also sind die Privaten, die die Aufgabe ebenso gut erfüllen? Hinzu kommt das dicke Plus für das soziale Miteinander im Ort, das sich im Laden im Nu entwickelt hat. Das Geschäft wird von 50 Anteilseignern mitgetragen. Als Laie lässt sich nicht nachvollziehen, dass die Verwaltung die Gesetze so auslegt, dass sich die Gemeinde an dem Laden nicht beteiligen darf. So viel Spielraum muss sein. Oder die Vorschriften müssen sich ändern.

m.maier@volksfreund.de

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