Kulturgut in der eigenen Stadt

WITTLICH. Eine Buchvorstellung im festlichen Ambiente mit Anklängen an einen moselländischen Heimatabend: Gerd Bayer und Peter Kickartz machen Kunst schmackhaft.

Überraschend viel Andrang herrscht bei der Vorstellung der Publikation "Die Bildhauer Josef und Bernward Kickartz aus Wittlich" im Kreishaus. Schnell werden zusätzliche Stühle in das festliche Ambiente des alten Sitzungssaales gebracht. Knapp zwei Stunden später bezeichnet Landrätin Beate Läsch-Weber den Abend als kurzweilig und erhält bestätigenden Applaus. Wen Diavorträge langweilen, der hat noch nicht bei Gerd Bayer hineingehört. Beim rührigen und durch vielerlei Veröffentlichungen bekannten Realschullehrer aus Bausendorf stimmt die Mischung zwischen sachlicher Präsentation und rhetorischem Glanz. Die Buchvorstellung entwickelt sich phasenweise zum moselländischen Heimatabend mit Schwerpunkt auf dem Wittlicher Tal. Dort sind die Bildhauer und Schnitzer Kickartz, Vater und Sohn, beheimatet. Besser gesagt, sie zogen 1925 vom Hunsrückort Morbach dorthin. Fast jedem Bewohner sind Altäre und Heiligenfiguren in den Kirchen, Kreuzwegstationen, Friedhofskreuze, Krippenfiguren, aber auch Grabmäler oder Kriegerehrentafeln ebenso wie Schnitzereien an Treppengeländern und Möbelstücken bekannt. Zusammen mit dem Wittlicher Peter Kickartz hat sich Gerd Bayer auf die Spuren der Bildhauer gemacht. 8000 Kilometer legte Peter Kickartz seit Herbst 2004 zurück, um die Exponate seines Vaters Bernward und seines Großvaters Josef in mehr als 140 Orten der Region zu fotografieren, beziehungsweise überhaupt erst einmal zu finden. Als Grundlagen dienten vor allem die Kassabücher der ehemaligen Werkstatt, die bis in die sechziger Jahre in der Oberen Kordel in Wittlich bestand; außerdem halfen Hinweise seiner Mutter Barbara Kickartz. Das Ergebnis der Recherchen ist nun zu sehen: eine 72-seitige, farbig illustrierte Publikation mit dem Untertitel "Leben für die Kunst". Büsten von Wittlicher Originalen

Denn Leben bedeutete für die Kickartz-Bildhauer auch das Aufspüren von Privataufträgen, besonders in Wittlich. In etlichen Privathäusern sind daher Büsten mit Wittlicher Originalen zu sehen, wie dem 1934 gestorbenen legendären Kranzen Hilgert. Der hat Kickartz schriftlich die Einwilligung zur Porträtierung gegeben. Eine weitere profane Darstellung ist das Hotelschild Fischer-Heid in Manderscheid. In der Publikation wird neben einer Auflistung der Werke auch die künstlerische Intention beschrieben, verbunden mit biografischen Anmerkungen. "Dieses Buch soll anregen, das Kulturgut in der eigenen Stadt, im Wohnort zu sehen", appellieren Bayer und Kickartz. Es sei in den Straßen der Stadt, wie überhaupt links und rechts des Weges in vielen Eifel-, Mosel- und Hunsrückorten weit mehr an Kulturgütern zu sehen, als das im bloßen Vorbeigehen erkennbar werde.

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