Letzter Halt Hetzerath

Hetzerath/Trier · Statt in Trier endet die Zugfahrt für rund 100 Reisende am späten Sonntagabend in Hetzerath. Fast 40 von ihnen passen nicht in den Ersatzbus. Ein Trierer kritisiert, das sei schlechte Organisation. Der Bahnpressestelle sind keine Reklamationen bekannt.

Hetzerath/Trier. Zugverbindung Nummer eins um 20.22 Uhr von Koblenz nach Trier fällt aus. Der 20 Minuten später fahrende Regionalzug ist deshalb gut gefüllt. In Hetzerath, gegen 22 Uhr, fasst er noch rund 100 Reisende, die weiter in Richtung Trier wollen. Schon in Koblenz und dann noch einmal im Abteil erfahren sie per Durchsage, dass in Hetzerath Endstation ist. Grund: Weichenarbeiten in Ehrang.
Die Weiterreise soll per Bus ermöglicht werden. "Da stand auch einer, und viele sind quer über die Gleise gelaufen, um in diesen Bus zu kommen. Es war klar, dass nicht alle reinpassen", sagt der Trierer Rainer Düro, der selbst mit seiner Frau in Hetzerath gestrandet ist.
"Ich habe 38 Passagiere gezählt, die deswegen nach 22 Uhr auf dem zugigen Bahnhof in Hetzerath beziehungsweise ohne Sitzgelegenheiten dort an der Straße zurückgeblieben sind, darunter viele ältere Leute und Reisende, die noch ins Saarland weiterfahren mussten." Rainer Düro wird sich später von seinem Sohn abholen lassen, vorher macht er dem Schaffner Druck, als dieser meint, die Bahnleitstelle werde sicher einen Weitertransport organisieren.
Eine Bahnpressesprecherin aus Frankfurt erklärt dazu: "Nach Erfahrungswerten werden entsprechend Busse zur Verfügung gestellt. Wenn einer nicht ausreicht, wendet sich das Zugbegleitpersonal an die Leitstelle, damit entsprechende Maßnahmen ergriffen werden." Später ergänzt sie: Der erste Busfahrer habe schon erkannt, dass ein zweiter Bus kommen müsse und einen solchen sofort organisiert. Er sei dann nach ihren Informationen 13 Minuten später eingetroffen. "Das ist definitiv falsch. Geschätzt war es mindestens 22.45 Uhr. Bis dahin hieß es nur, es werde was passieren, aber nicht wann und wie. So kann man sich nicht abspeisen lassen," sagt der betroffene Trierer.
Unter anderem sei eine zuckerkranke Seniorin unter den Wartenden gewesen. Ihr habe ein Student eine Banane gegeben, der Schaffner habe noch aus dem Zug ein Brot aufgetrieben, damit sie nicht unterzuckere, so Düro. Als der Schaffner erklärt habe, er habe mit der Leitstelle telefoniert, mehr könne er nicht machen, hat Rainer Düro ihm gesagt: "Sie machen mehr. Sonst rufe ich das DRK oder die Polizei. Ich kann auch ein Foto machen, damit man sieht, wie die Leute hier sonntags nachts auf dem flachen Land rumstehen. Dann hat der Schaffner alles versucht. Ihm kann ich keinen Vorwurf machen."
Schließlich, noch vor 23 Uhr, kurz bevor sein Sohn ihn persönlich abgeholt habe, seien ein zweiter Bus und noch sieben Taxen aus Trier gekommen. "Das war wohl eine Reaktion auf unsere Intervention. Das muss ich der Bahn positiv anrechnen. Die haben das gelöst, damit war ich dann zufrieden. Es war meiner Meinung nach einfach nicht mitbedacht, dass der vorherige Zug ersatzlos ausgefallen ist und damit der nächste überfüllt war. Das hat die Leitstelle aus meiner Sicht schlecht geplant. So kann man sich aber als Kunde nicht abspeisen lassen."
Der Bahnpressestelle in Frankfurt war am Montagmorgen "nicht bekannt, dass nicht alles optimal gelaufen ist. Wir haben keinerlei Beschwerden. Wir bräuchten dann schon konkrete Hinweise, dass ein älteres Ehepaar so und so lange da gestanden hätte." Man lasse keinen Reisenden einfach so am Bahnhof stehen. Im Übrigen hätten alle noch ihre Anschlusszüge in Trier bekommen.
Wer unzufrieden ist und Beschwerden hat, wählt die Servicenummer 0180/6996633.Meinung

Information ist nicht ihre Stärke
Wer Bahn fährt, will in der Regel stressfrei von A nach B kommen. Wer viel Bahn fährt, weiß: Das ist möglich. Wer viel Bahn fährt, weiß auch: Verlass ist darauf nicht. Bei unkalkulierbaren Katastrophen wie unlängst der Erdrutsch bei Kattenes an der Moselstrecke hat dafür jeder ein gewisses Verständnis. Kein Verständnis hat der Bahnkunde bei ungewissem Weiterkommen angesichts planbarer Störungen wie Weichen- oder Gleisarbeiten. Das ist verständlich. Hauptsache einmal durch Lautsprecher angesagt und aufs Zugpersonal verwiesen, scheint manchmal die Devise zu sein. Wem erst ein Zug ausfällt, dann der zweite Zug auf der Strecke hält und der erste Bus vor der Nase wegfährt, dem wäre eine verlässliche Aussage, wie und wann er tatsächlich von A nach B kommt, wichtig. Die Haltung der Bahn: "Es liegen uns ja keine Beschwerden vor, also ist alles soweit in Butter", ist typisch. Wer bei der Bahn einen kompetenten Ansprechpartner sucht, muss schon Lust haben, sich konsequent durchzufragen. Wer macht das schon am nächsten Tag, wenn er nach einer nächtlichen Bahnirrfahrt doch irgendwie sein Ziel erreicht hat? Vielleicht zu wenige … s.suennen@volksfreund.de

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