"Marionetten-Theater" oder lebendiger Stadtrat?

WITTLICH. (sos) Ein Nachspiel hat die Stadtratssitzung. Sowohl die Fraktion der Grünen als auch deren Stadtverband will die Kommunalaufsicht einschalten. Ihr Vorwurf: Aus Ihrer Sicht habe der Bürgermeister "in Absprache mit den anderen Fraktionen im Stadtrat von Beginn an das Ziel verfolgt, die Fraktion mundtot zu machen."

Die Grünen wünschten eine öffentliche Aussprache im Stadtrat zum Thema "Stadtentwicklungskonzept für die Kernstadt". Sie stellten dazu einen Antrag als Erweiterung der Tagesordnung. Die Aussprache befürwortete der Ältestenrat. Als das Thema im Stadtrat am Donnerstag aufgerufen wird, hält Michael Wagner, Grüne eine Rede. Er skizziert den Wunsch, über den Lebensraum Kernstadt zu sprechen und dabei Wohnen und Arbeiten nicht außer acht zu lassen, Steuerungsmöglichkeiten der Stadt auszuloten und eine Arbeitsgruppe ins Leben zu rufen (der TV berichtete). Danach bittet der Bürgermeister das Gremium um Abstimmung, wer für eine Debatte sei. Für die Diskussion sind die drei Grünen Antragssteller, zwei SPD-Politiker enthalten sich, der Rest ist dagegen. Michael Wagner, Fraktionssprecher der Grünen, ist empört. Er kündigt in der Sitzung an, die Kommunalaufsicht einzuschalten. Dem Weihnachtsessen des Rates nach der Sitzung bleiben er, Fraktionskollege Hans-Jörg Krames und der Dritte Beigeordnete Rudolf Bollonia aus Protest fern (der TV berichtete)."Versuch, den Rat mundtot zu machen"

Michael Wagner erklärt nach der Sitzung, dass es schon im Vorfeld eine Panne gegeben habe. Der Bürgermeister habe die Unterlagen "wider besseres Wissen" erst am Abend der Ältestenratssitzung ausgeteilt. Deshalb hätten sich die anderen Fraktionen nicht vorbereiten können. Dafür habe sich der Bürgermeister entschuldigt. "Ich bestand darauf, das Thema dennoch im Rat zu diskutieren. Dem wurde nach langer Diskussion stattgegeben", teilt Michael Wagner mit. Der Ältestenrat empfahl laut Sitzungsunterlage die Aussprache im Rat. Was dort passierte, kritisiert der Fraktionssprecher der Grünen: "Der Bürgermeister hat nach meiner Ausführung sofort abstimmen lassen über etwas, was er nach meiner Einschätzung nicht hätte tun dürfen. Hier wurde der deutliche Versuch von seiner Seite unternommen, eine Ratsfraktion und letztlich den gesamten Rat mundtot zu machen. Dies war ein abgesprochenes Verhalten, wie ich mittlerweile weiß." Er fügt an: "Bedauerlich ist, dass sich die Fraktionen des Rates selbst ihres wichtigsten Rechtes berauben lassen, nämlich im wahrsten Sinne des Wortes zu beraten." Das Vorgehen sei "Machtpolitik von der reinsten Sorte". "Das, was sich Bürgermeister Bußmer sowie die Fraktionen CDU, SPD, FDP und FWG während der letzten Sitzung des Wittlicher Stadtrates geleistet haben, war schlechter politischer Stil und hat mit Demokratie und Transparenz nichts mehr zu tun", melden sich auch die Stadtverbandssprecher von Bündnis90/Die Grünen, Ute Hahn und Hans Jörg Krames, zu Wort. Sie schreiben: "Anstatt gegen die Vorgehensweise des Bürgermeisters zu protestieren, hat sich die Mehrheit im Stadtrat durch ihr Abstimmungsverhalten letztendlich zu Marionetten gemacht". Außerdem formulieren sie, "das Stadtoberhaupt halte das Wort Transparenz bei öffentlichen Reden zwar gerne wie eine Mon-stranz hoch, im praktischen Poli-tikalltag sei davon allerdings nur wenig zu erkennen." Das Verhalten der Stadtratsmehrheit sei den Bürgern gegenüber, "die extra wegen der genannten Thematik" zur Ratssitzung gekommen seien, mehr als arrogant gewesen.

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