Mehr Lesefutter für Jung und Alt

Gold für München, Silber für Wittlich: Die zweitplatzierte "Bibliothek des Jahres" bundesweit ist die Stadtbücherei Wittlich. Um weiterhin erfolgreich Bildungsarbeit zu leisten und auch als Freizeiteinrichtung besucht zu werden, hat die Stadtbücherei ein Konzept "Bibliothek 2010 plus", das bis 2020 reicht, vorgelegt.

 Rückfront der Stadtbücherei Wittlich, eine Perspektive, die ansonsten nicht möglich ist. Foto: Stadtverwaltung/Thomas Steinmetz

Rückfront der Stadtbücherei Wittlich, eine Perspektive, die ansonsten nicht möglich ist. Foto: Stadtverwaltung/Thomas Steinmetz

Wittlich. In einem deutschlandweit einmaligen Verbundsystem arbeiten die Stadtbücherei, die Kreisergänzungsbücherei und die Bibliothek des Emil-Frank-Instituts. Bundesweiter Vorreiter ist die Stadtbücherei unter Leitung von Elke Scheid mit ihren Aktionen zur Sprach- und Leseförderung, den "Bücherminis" und dem Folgeprojekt "Büchermaxis". Damit werden vom Neugeborenen bis zum Grundschulkind Kunden der Zukunft erreicht. Sie können, bis sie 18 Jahre alt sind, das Angebot der Einrichtung sogar kostenlos nutzen.

Messbarer Erfolg und neue Wege für die Zukunft



Und Jugendliche, die das Angebot vielleicht noch nicht kennen, hat man mit dem Lesesommer Rheinland-Pfalz begeistern können: 700 Teilnehmer 2008 sprechen für sich. Das Engagement hat messbare Erfolge: "Die Stadtbücherei Wittlich ist eine der wenigen Bibliotheken Deutschlands, in der Jugendliche die stärkste Benutzergruppe darstellen", steht im 27-seitigen Konzept, das Wege für eine weiterhin erfolgreiche Zukunft definiert.

Ein Weg wird die Arbeit an attraktiven Angeboten für ältere Menschen sein. Das ist ein Ergebnis der detaillierten Analyse der Bevölkerungsstruktur vor Ort jetzt und in Zukunft, die Elke Scheid vorlegt. Diesen allgemeinen Hintergrund ergänzt eine Sichtung der Zielgruppen. Wie setzen sich die aktiven Bibliotheksbenutzer nicht nur altersmäßig sondern auch hinsichtlich ihrer verschiedenen sozialen Hintergründe (Milieus) zusammen? Ein Fazit ist: "Investiert werden muss in die Bevölkerungsgruppe der Migranten und älteren Menschen. Dies entspricht der zu erwartenden Veränderung der Bevölkerungszusammensetzung."

Für diese Gruppen sind Extra-Projekte geplant: Neue fremdsprachliche Medien sollen erworben, die Kooperation etwa mit der Volkshochschule Wittlich Stadt und Land intensiviert werden. So will man langfristig die Stadtbücherei als "Lernzentrum für Erwachsene" etablieren. Denn eine Erkenntnis ist: "Zukünftig werden Öffentliche Bibliotheken weniger ,Bibliotheken für alle' sein, sondern sich auf Zielgruppen festlegen, um effizient die Nachfrage der Benutzer befriedigen zu können."

Ein Anliegen sind längere Öffnungszeiten, zunächst samstags um zwei Stunden. Mittelfristig sollen ein Renovierungsplan für das Gebäude erstellt und Plätze für ruhiges Arbeiten geschaffen werden.

Zum Schluss noch eine bemerkenswerte Tatsache: "Die Bibliothek leistet circa 20 bis 25 Prozent ihres Budgets durch Einnahmen. Der Bundesdurchschnitt ist zehn Prozent."

Meinung

Stiller Star mit vielen Fans

Die erstklassige Arbeit der Wittlicher Stadtbücherei wird mit schöner Regelmäßigkeit bei der Verleihung von Bibliothekspreisen öffentlich, wo Wittlich auf dem Siegertreppchen eine feste Größe ist. Und neben dieser hochoffiziellen Anerkennung zählt besonders die alltägliche: Hinter der Bibliothekstür ist "immer was los". Ganze Familien stehen etwa samstags Schlage, um Buch, DVD oder ein Spiel ins Wochenende zu entführen. Die Reaktion des Stadtbüchereiteams? Sie heißt: Ausweitung der Öffnungszeiten am Samstag. Allein das Beispiel zeigt, wie nah man am Kunden agiert. Dem wird auch das professionelle Konzept gerecht, das im Gegensatz zum kurzen Kulturleitbild für Wittlich, ein Kulturkonzept für die Stadt existiert ja immer noch nicht, durch messbare Ziele präzisiert ist. Das Konzept der in ihrer heutigen Form jungen Institution belegt die Ernsthaftigkeit und das Engagement der Beteiligten, die sich auch ausruhen und selbst auf die Schulter klopfen könnten. Dass 60 Prozent der Nutzer nicht aus Wittlich stammen, spricht ebenfalls für sich. Und für auch zukünftige Anziehungskraft steht das Konzept "Bibliothek 2010 plus". s.suennen@volksfreund.deEXTRA Die Stadtbücherei Wittlich wird jährlich von 120 000 Menschen besucht. Dabei steht nicht nur die Ausleihe bestimmter Medien im Vordergrund. Mancher sucht schnelle Information (Internet, Zeitungen, Zeitschriften, Nachschlagewerke) oder nutzt die Bibliothek als Arbeits- und Verweilort, wie etwa Fahrschüler während der Wartezeit bis zur Busabfahrt. "Aktive Benutzer" sind 5500 Menschen, die mindestens einmal im Jahr etwas entleihen. 60 Prozent davon stammen nicht aus Wittlich sondern dem Umland. Die Leser sind von zwei bis 91 Jahre alt. Für den Standort (seit 1993) im Haus Schloßstraße 10, das dem Landkreis gehört, müssen lediglich Nebenkosten gezahlt werden. Die Stadt Wittlich hatte 3,5 Millionen Mark zu den Baukosten beigetragen und so "lebenslanges mietfreies Wohnrecht" erhalten. (sos)

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