Mensch unter Menschen

Es gibt sie in 60 Ländern der Erde. Auf internationaler Ebene kommunizieren sie in Englisch und Spanisch und leben keineswegs hinter verschlossenen Klostermauern: die Steyler Missionare haben ihr Domizil auch in Wittlich-Wengerohr.

 Präses Franz-Josef Janicki (links) mit Pater Jakob Weigl (rechts), der seit 47 Jahren im Missionshaus St. Paul lebt, vor dem Eingangsportal. TV-Foto: Lydia Vasiliou

Präses Franz-Josef Janicki (links) mit Pater Jakob Weigl (rechts), der seit 47 Jahren im Missionshaus St. Paul lebt, vor dem Eingangsportal. TV-Foto: Lydia Vasiliou

Wengerohr. Wer sich einen Pater oder Bruder mit Mönchskutte vorstellt, irrt sich, zumindest beim Orden der Steyler Missionare. Pater und gleichzeitig Präses der Kommunität Wengerohr, Franz-Josef Janicki, in legerem Jeanshemd, und seinen Mitbrüdern ist diese Art der Identität fremd. Obwohl die Tendenz zur Konservativität bei Neuankömmlingen sehr stark sei, möchte Janicki kein "typischer Kleriker sein". "Ich möchte Mensch unter Menschen sein", sagt der 73-Jährige.Societas verbi divini (SVD), Gesellschaft des göttlichen Wortes, wie sich der Orden der Steyler Missionare auch bezeichnet, ist gleichzeitig Programm: die Verkündigung des Wort Gottes. Mehr als 6000 Patres und Brüder weltweit haben darauf das Gelübde abgelegt. Die Namensgebung richtete sich nach dem Gründungsort Steyl in den Niederlanden, wo der deutsche Gründervater Arnold Janssen 1875 den Orden ins Leben rief. Insgesamt zehn Ordensmitglieder wirken in der Region Wittlich. Während fünf Ordensangehörige als Priester in verschiedenen Gemeinden eingesetzt sind, leben und arbeiten derweil zwei Patres und drei Brüder im Missionshaus St. Paul im Wittlicher Stadtteil Wengerohr. Missionshaus wurde 1922 erbaut

Der prächtige Bau, auf einer leichten Anhöhe gelegen, abseits der Straße, jedoch keineswegs abseits von allem Weltlichen, wurde 1922 vom Orden der Steyler Missionare erbaut. Künftige Ordensmissionare sollten im Progymnasium mit Internat eine Ausbildung erhalten. Seit 1980 fungierte das Haus als Noviziat. Inzwischen hat diese Aufgabe ein Berliner Ordenshaus übernommen. Noch bis vor kurzem diente St. Paul als Bildungs- und Tagungszentrum. "Aber da die Zuschüsse seitens des Ordens immer weniger wurden und dadurch finanzielle Schwierigkeiten entstanden, wurde die Tagungsstätte geschlossen und 2004 der Entschluss gefasst, das Gebäude zu verkaufen", sagt Präses Franz-Josef Janicki. Seit 1998 ist er der Chef der Kommunität Wengerohr und kümmert sich um das Wohl der Gemeinschaft im Haus. Zum Tagesablauf des Ordens gehört das gemeinsame Morgengebet um 6.30 Uhr mit anschließender Messe um 7 Uhr. Dann wird gefrühstückt. Mittags trifft man sich wieder zur Besinnung, wie auch am Abend zur Vesper oder zum Abendlob. In der übrigen Zeit ist Pater Janicki journalistisch tätig und schreibt Artikel für die "Stadt Gottes", bei der er zu einer Art "Dr. Sommer" in Lebens- und Familienfragen avancierte. Weiterhin gehört zu seiner Aufgabe die Vorbereitung des Sonntagsgottesdienstes in der hauseigenen Kirche und, wenn Menschen an der Tür klingeln und um seelischen Beistand bitten, hat er dafür immer Zeit.Die Steyler Missionare dürfen, wie die meisten aller Ordensgemeinschaften, keinen eigenen Besitz haben und erhalten deshalb auch kein Gehalt. "50 Euro haben wir allerdings immer in der Tasche", sagt Janicki. Waschen und Bügeln lassen die Herren im Wittlicher Gefängnis. Allerdings nimmt sich der Präses seine Hemden immer noch einmal persönlich vor und bügelt sie noch einmal. "Darin bin ich sehr pingelig", gesteht er. Für Frühstück und Mittagessen sowie fürs Reinemachen und zur Vorbereitung des Abendessens, stehen zwei Helferinnen zur Verfügung. "Nur unsere Zimmer machen wir selbst sauber", erklärt der Chef.

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