Milch frei Haus

Hetzerath · Allein von dem Verkauf von Rohmilch können viele Bauern wegen der niedrigen Preise kaum noch leben. Mit einer eigenen Molkerei und einem Heimlieferservice beschreitet nun der Engelshof in Hetzerath einen neuen Weg der Vermarktung.

Hetzerath. Nur ein Schild lässt bisher erahnen, dass es in Hetzerath schon bald eine Molkerei geben soll. Noch wird in der Bahnhofstraße kräftig gebaut. In dem ehemaligen Kuhstall soll bereits im Herbst Milch abgefüllt und Joghurt hergestellt werden.
Eine eigene Marke schaffen


Eine unternehmerische Entscheidung, die Landwirt David Engel vom Engelshof bewusst getroffen hat. "Meine Schwester möchte gerne in den Betrieb einsteigen. Da allerdings unsere 125 Milchkühe nicht ausreichen, um dann die ganze Familie zu ernähren, mussten wir investieren."
Zur Wahl habe unter anderem der Bau eines weiteren Kuhstalls gestanden, doch die Anschaffung weiterer Kühe hat Engel verworfen: "Es wäre unlogisch in einen Betriebszweig zu investieren, der gerade so null auf null aufgeht." Der Milchpreis sei im Keller, deswegen möchte Familie Engel einen Teil der Milch selbst vermarkten. Die Entscheidung sei vergangenes Jahr im Mai gefallen. Der Engelshof liefert seine Milch an die Hochwald Foods GmbH. 1,1 Millionen Liter sind das im Jahr. Künftig möchte David Engel zehn Prozent davon selbst vermarkten: In der hofeigenen Molkerei, die nur 600 Meter vom eigentlichen Bauernhof mit Kuhstall entfernt liegt, soll ab Herbst ein Teil der Milch pasteurisiert, homogenisiert und in Giebelkartons abgefüllt werden. Das Sortiment soll selbst hergestellter Natur- und Fruchtjoghurt ergänzen. "Es war gar nicht so leicht eine Fruchtzubereitung zu finden, die nicht zu süß schmeckt und keine Geschmacksverstärker enthält." Den passenden Anbieter hat Engel nun in Belgien gefunden: "Nur Frucht und Zucker sind in der Zubereitung drin - das schmeckt dann wie man es von Oma kennt." Mit den Milchprodukten möchte er eine eigene Marke schaffen. "Wir verkaufen dann unter unserem Namen Engelshof. Da steht die ganze Familie dahinter", sagt Engel. Die Milch und der Joghurt sollen frei Haus geliefert werden. Auf der Internetseite können die Kunden auswählen, wie viel Milch sie bis zu zweimal pro Woche geliefert haben möchten.
"In der Testphase werden wir zunächst Hetzerath und die umliegenden Dörfer beliefern." Je nach Nachfrage werde das Liefergebiet dann ausgeweitet. "Natürlich würde ich mich auch freuen, wenn der Einzelhandel unsere Produkte abnimmt." Engel ist optimistisch, dass sein Geschäftsmodell aufgeht. Die Nachfrage nach regionalen Produkten sei da. Oft würden ihn Leute direkt am Hof fragen, ob sie bei ihm Milch kaufen könnten. Allerdings dürfe die Milch nicht roh ab Hof verkauft werden. Mit der neuen Molkerei könnte Milch direkt vom Erzeuger frei Haus bald Realität in Hetzerath und Umgebung sein. Da es bisher in der Region noch keine weiteren Hofmolkereien mit Lieferservice gebe, schätzt Engel die Chancen gut ein, dass das Geschäftsmodell aufgeht. "Unser Ziel ist es, dass wir uns selbst einen Milchpreis von 40 Cent pro Liter auszahlen können." Wie viel genau Engel in die Hofmolkerei investiert, möchte er nicht sagen. 20 Prozent der Investitionssumme würden jedoch von der EU gefördert.
Trotz der schwierigen Bedingungen in der Milchwirtschaft ist Engel gerne Landwirt: "Der Job macht mir Spaß." In einem eigenen Youtube-Kanal Agrikultur (der TV berichtete) stellt er zusammen mit Kollegen die Arbeit in der Landwirtschaft vor. Auch die Entstehung der Molkerei möchte er in Bild und Ton festhalten. Auf der Facebookseite des Engelshofs können Interessierte den Baufortschritt bis zur Eröffnung im Herbst verfolgen.Extra

Den Engelshof übernahm der Vater von David Engel, Stefan Engel, 1982 von seinen Eltern. Damals war der Hof noch mitten im Dorf. Um mehr Platz zu haben, siedelte er den Betrieb 1995 an den Ortsrand von Hetzerath aus. Auf der ursprünglichen Hoffläche entsteht nun die Hofmolkerei. David Engel hat Landmaschinentechnik studiert und eine Ausbildung zum Landwirt absolviert. jwa

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