Mit Sekt, Socken und Schweinchen durch die Stadt

WITTLICH. Der Himmel ist grau, doch die Stadt ist bunt. Am Wochenende wurde Wittlich zu einem Extra-Einkaufszentrum unter einem großen Kleinstadtdach. Ob Herbstmarktstände oder offene Türen der Geschäfte: Viele Neugierige kamen, um sich zu amüsieren, zu informieren und zu kaufen.

Punkt 13 Uhr, ist der erste Kunde da: Peter Meyenschein hat sein Optikfachgeschäft vor 14 Tagen direkt am Marktplatz eröffnet. Am verkaufsoffenen Sonntag wurde zunächst seine Erwartung gedämpft, weil der Wagen eines Marktbeschickers den Blick auf sein Schaufenster verstellt. Die Kunden besuchten ihn trotzdem. "Mit der Öffnung war der Erste schon da", sagt der "neue" Geschäftsmann: "Ich hoffe, dass noch viele Neugierige kommen. Bislang bin ich sehr zufrieden. Das Interesse ist riesig." Schon will der nächste Brillen-Fan beraten werden. Draußen vor der Tür präsentieren sich seit Samstag die Herbstmarkt-Beschicker: 40 am Sonntag, 21 am Samstag. Zum zweiten Mal ist Anneliese Gerhardt dabei. Sie sagt: "Obwohl vergangenes Jahr Wahlen waren, ist heute schon früh mehr los. In der Regel kommen alle ja erst nachmittags, aber die Cafés sind alle voll." Mit dem Samstagsgeschäft ist sie zufrieden, und sie fühlt sich gut betreut und findet die Standmiete in Ordnung. Mit der Organisation nicht zufrieden ist Erwin Teusch, weil er mit seinem Stand vom Marktplatz in die Neustraße umziehen musste: "Ich habe sonntags einen anderen Platz zugewiesen bekommen. Normal habe ich auch Wolle im Angebot, auf die habe ich verzichtet, sonst hätten wir hier drei Woll- und Sockenstände nebeneinander." Letzteres und schöne Herbstkränze bieten auch engagierte Frauen aus Lüxem an, wie immer für einen guten Zweck. "Das ist unser Ghana-Herbst-Basar. Wir sammeln für ein eingestürztes Lehmhaus und einen Jungen, der seit einem Sturz vom Kirchdach gelähmt ist", erklärt Leni Stolz, die mit Elly Hayer und Gertrud Arns glücklich mit der Laufkundschaft ist: "Die Kränze sind prima gelaufen, auch Marmelade verkauft sich richtig gut." Derweil rotiert auf dem Kettenkarussell ein Mädchen stolz solo durch die Luft. "Einmal, da wirst Du siebzig sein", dudelt die Musik dazu. Ob das auch für den Rosmarin-Stock gilt, den eine Gartenliebhaberin gerade erstanden hat? Image-Pflege in netter Atmosphäre

Da schlendert der nächste Schwung Menschen vom Rommelsbach-Parkplatz in die Stadt. Und "gegenüber", aus Richtung Oberstadt, geht es ebenfalls stetig hinein ins Zentrum. Dort warten die ersten "Säubrenner-Schweinchen" darauf, entdeckt zu werden. Mit den Tierchen schmückt in der Burgstraße Gregor Fischer sein Geschäft. "Ich bin zuversichtlich. Wenn das Wetter hält, ist der Sonntag zum Kaufen ideal", sagt er. Die Kaufleute jedenfalls geben ihr Bestes. Viele engagieren sich mit Extra-Ständen vor der Tür, bieten Aufmerksamkeiten wie Ballons, Waffeln für den guten Zweck oder locken mit dem ersten Federweißen. Den kann bei den Wittlicher Weingütern probieren und alternativ mit Sekt anprosten. Judith Lütticken hat Spaß beim Sonntags-Dienst: "Es ist eine nette, positive Atmosphäre, und ich finde es klasse, dass so viele Leute in der Stadt sind. Die wollen rundum Vielfalt erleben, nicht nur das Normale geboten bekommen." Deshalb öffnet auch Susanne Dietsch-Porco ihr Geschäft "Ambiente". Sie sagt: "Wenn mal etwas los ist und hier in der Neustraße mehr Frequenz ist, dann ist es wichtig, dabei zu sein, damit die Kunden auch die neuen Läden entdecken." Ob die Entdeckungsreise zu gut gefüllten Einkaufstüten führt, spielt für die Image-Pflege nicht die Hauptrolle. Erfahrene Teilnehmer am verkaufsoffenen Sonntag meinen am Nachmittag, die Stadt sei nicht so "krachvoll", dafür sei die Atmosphäre entspannter. Und manchmal trügt der Schein. Im St. Markushaus in der Karrstraße, wo man keine Menschenmassen sichtet, sind jedenfalls die Ehrenamtlichen von "Panuves" zufrieden, die einen Flohmarkt für ein Kinderheim in Bolivien organisiert haben. Und das gilt auch für die Besucher. Udo Dingels ist mit seiner Familie aus Bitburg angereist: "Wir wollten mal was anderes sehen." Gekauft haben sie noch nichts, aber er weiß: "Meine Frau sucht noch eine Hose." Wer weiß, vielleicht findet sie ja auch noch passende Schuhe dazu?

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