Mit dem "Himmel" unterwegs

Ich kann mich noch an meine erste Fronleichnamsprozession erinnern, bei der ich Bekanntschaft mit dem Himmel machte. So nannte man den Baldachin, unter dem der Pastor mit der Monstranz in der Hand durchs Dorf zog.

 Paul Plehacz,Foto: privat

Paul Plehacz,Foto: privat

Foto: (m_kreis )

Getragen wurde der Riesenschirm von vier Männern, die zuletzt geheiratet hatten, wahrscheinlich deswegen, weil sie dem "siebten Himmel" nahe gekommen waren.
Aber mir konnte dieser düstere Himmelsbaldachin nicht imponieren; denn so hatte ich ihn mir nicht vorgestellt. Seither treibt mich immer noch die Frage um, wie man sich den Himmel auf Erden vorstellen oder gar erleben kann. Zunächst denken wir wohl an den Himmel über uns mit seinen Blautönen und der Wolkengalerie. Er liegt über uns, so nah und doch so fern von dem, was menschlich vor- und herstellbar ist. Wenn Jesus vom Himmelreich spricht, erscheint dieses als ein Reich, das im Hier und Jetzt erfahren werden kann. So in der Freude, wenn etwas verloren Geglaubtes wiedergefunden wird oder wenn Versöhnung nach Streit möglich wird. Dann werden die Wolken, also die Verdunkelungen und Bedrohlichkeiten, zerrissen und eine neue Perspektive und ein offener Blick für vorher nicht sichtbare Möglichkeiten kann sich einstellen. Dies kann folgende jüdische Geschichte anschaulich darstellen: Von einem Rabbi ging die Sage, dass er jeden Morgen zum Himmel aufsteige. Einer seiner Gegner wollte es genau wissen und legte sich auf die Lauer. Da sah er: Der Rabbi verließ sein Haus und ging mit einer Axt in den Wald. Sein Kritiker folgte ihm und sah ihn Holz fällen und in Stücke hacken. Diese lud er sich auf und schleppte es ins Haus einer alten kranken Frau, wo er den Ofen anzündete. Als die Leute den Gegner fragten, was es nun auf sich habe mit der täglichen Himmelfahrt des Rabbi, sagte er: "Er steigt noch höher als bis zum Himmel." Himmel heißt hier aufgehoben in einem größeren Ganzen zu sein und die Hoffnung auf eine menschlichere Welt zu spüren, wenn wir über uns hinauswachsen. Schön, wenn wir dies bei Prozessionen neu entdecken könnten.
Paul Plehacz ist Lehrer im Ruhestand.

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