Neuzeitlich bedachter Ursprung der Stadt

Welche Bedeutung hat die römische Villa für die Entwicklung Wittlichs gehabt, und wie ging die Teilkonstruktion der Anlage vor mehr als 20 Jahren vonstatten? Antworten darauf gaben zwei Vorträge in der Alten Synagoge.

Wittlich. Lubens Simon konnte es immer noch nicht fassen. Der Architekt hatte in den Jahren 1982/83 die Teilrekonstruktion der römischen Villa in Wittlich geleitet. In der Alten Synagoge sprach er nun vor rund 100 Interessierten auch über die Zerstörung eines Gebäudeteils durch den Bau der Autobahn. "Das hätte nie passieren dürfen", sagt Simon. Mit Hacke und Schaufel rückten seine Helfer damals der verschütteten römischen Anlage zu Leibe. Nahezu ausnahmslos Arbeitslose einer sogenannten Arbeitsbeschaffungs-Maßnahme hatte er für seine Aufgabe zur Verfügung. "Die Römer waren beim Bau der Villa sicher besser organisiert als ich auf der Villa-Baustelle", sagte Simon. Größere Rekonstruktion ursprünglich geplant

Ursprünglich war vorgesehen, größere Bereiche des herrschaftlichen Anwesens auszugraben und so herzurichten, dass sie für die Bevölkerung zugänglich sind. Es habe wohl am Geld gefehlt, sagte Simon. Und so blieb es beim Bau eines Schutzdachs und der Rekonstruktion eines kleinen Teils der Anlage, die früher 144 Meter breit gewesen sein muss. Andere Bereiche wurden nach der Freilegung wieder zugeschüttet. Anhand alter Pläne zeigte der Architekt zudem auf, dass die noch vorhandenen Teile der Villa geschützt werden müssen. Denn von Jahr zu Jahr verschiebt sich das Bett der Lieser immer weiter Richtung Villa. Ein Teil der im 19. Jahrhundert noch sichtbaren Mauern ist deshalb bereits fortgespült worden. Historiker Klaus Petry vertrat in seinem Vortrag über mögliche Zusammenhänge zwischen der Villa und der Stadt Wittlich die Auffassung, dass ursprünglich die Lieser mehr als 200 Meter entfernt in der Nähe des heutigen Aldi-Lagers geflossen sei. Drei Faktoren nannte Petry, die dafür sprechen, dass die Villa die Entwicklung Wittlichs beeinflusst hat. So ging er davon aus, dass die Bewohner der Villa Weinbau betrieben haben. Zehn römische Weinmesser seien in Wittlich gefunden worden. Der Weinanbau und mit ihm Lagen wie der "Pichterberg" seien auch nach der Zerstörung der Villa im Jahr 350 nach Christus weitergeführt worden. Dies werde daran deutlich, dass Namen wie "Pichterberg" romanischen Ursprungs seien. Zudem zeigte der Historiker auf, dass Wittlich seit jeher an einer wichtigen Verbindung von Trier Richtung Koblenz gelegen habe: "Die Autobahn 1 ist so etwas wie die Nachfolgerin der römischen Heerstraße." Auch die Lage der Villa sei positiv für die Ansiedlung eines Dorfs, aus dem später Wittlich wurde, sagte Petry.

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