Niedrige Erzeugerpreise: Für viele Bauern wird es richtig eng

Manderscheid · Die Landwirtschaft ist in der Krise. Gesunkene Preise sorgen für schrumpfende Einkommen. Und manche Bauern können ihre Kredite kaum noch bedienen. Es mangelt an Liquidität. Bei der Aschermittwochstagung des Bauern- und Winzerverbandes Bernkastel-Wittlich stand dieses Thema im Mittelpunkt.



Niedrige Erzeugerpreise bringen Betriebe in Existenznöte - Aschermittwochstagung
Christian Müller ist seit wenigen Wochen der neue Referent für Finanzfragen beim Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau. Zurzeit ist er wohl der am meisten beschäftigte Mann beim Verband. Denn viele Landwirte stecken in der Liquiditätskrise. Sie haben viel investiert, können aber wegen der gesunkenen Erzeugerpreise kaum noch ihre Kredite abbezahlen. Bei der Aschermittwochstagung des Kreisbauernverbandes am Mittwochmittag in Manderscheid konnte der gelernte Banker zwar kein Patenrezept verraten, aber so manchen Tipp hatte er doch parat. Die Ratschläge reichen von der Möglichkeit, Tilgungsleistungen auszusetzen, beim Viehfutter zu sparen, unrentable Betriebszweige aufzugeben bis zur Beleihung von Lebensversicherungen und der Kündigung von Bausparverträgen.

Frühzeitig mit der Bank sprechen

Doch einige Landwirte, die im Manderscheider Kurhaus dem Referenten zuhörten, zweifelten. Jeder Betrieb sei anders strukturiert, die Voraussetzungen seien halt äußerst unterschiedlich, hieß es.

Müller machte aber auch deutlich: "Ein guter Unternehmer kennt seine finanzielle Situation genau und spricht frühzeitig mit der Bank." Der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes, Manfred Zelder, sieht ein Problem in den oftmals falschen Prognosen sogenannter Experten. So habe vor einem Jahr eine renommierte Bank noch steigende Milchpreise vorhergesagt. Aber genau das Gegenteil sei eingetreten.

Im Jahr 2015 betrug der Milch-Erzeugerpreis im Durchschnitt in Deutschland 28,0 Cent - genauso wenig wie 1997. Allerdings waren die Preise im Jahr 2002 auf 35,2 Cent und 2008 sogar auf 42 Cent gestiegen. Müller: "Die Milchpreise sind extremen Schwankungen unterworfen." Manfred Zelder kritisierte ferner die Marktmacht der großen Discounter und Lebensmittelhandelskonzerne. In Deutschland seien im vergangenen Jahr die Durchschnittseinkommen der Landwirte um 38 Prozent gesunken, in Frankreich um 28 Prozent und in anderen europäischen Ländern um fünf bis zehn Prozent.

Gespräch mit VG-Bürgermeistern

Dass der Einkommensverlust in Deutschland so überdurchschnittlich hoch sei, habe auch mit der Struktur des Lebensmitteleinzelhandels zu tun.

Gastredner Dennis Junk, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Wittlich-Land, sagte: "Die Landwirtschaft ist für mich eine Herzensangelegenheit. Mein Großvater und mein Patenonkel waren Bauern. Ich kann die Sorgen sehr gut verstehen." Für viele Bauern sei ihr Beruf eine Herzensangelegenheit. Einen Betrieb einfach aufzugeben, sei nicht nur aus finanziellen Überlegungen für viele sehr schwierig.

Manfred Zelder kündigte an, dass der Kreisbauernverband bald ein Gespräch mit den Verbandsgemeindebürgermeistern im Kreis führen werde. Dabei werde man viele Themen ansprechen - vom Problem Hundekot auf Weideflächen bis zur Landverpachtung.

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